Rudolph Carl Slatin Pascha (1906 Freiherr von), * 7. Juni 1857 Ober-St.-Veit, † 4. Oktober 1932 Wien, Offizier, Afrikaforscher, ägyptischer Gouverneur im Türkisch-Ägyptischen Sudan.
Biografie
Der Kaufmannssohn Rudolph Carl Slatin nahm 1874 eine Stellung als Buchhändler in Ägypten an und bereiste von dort aus den Sudan. 1877 wurde er zur k. u. k. Armee einberufen. 1878 folgte er einem Ruf des englischen Generals Charles Gordon und wurde von diesem zum Gouverneur der Provinz Darfur im Sudan gemacht. Hier konvertierte Rudolph Slatin zum Islam. Im Mahdi-Aufstand, der 1881 gegen die ägyptische Herrschaft im Sudan ausgebrochen war, wurde Rudolf Slatin 1883 gefangen genommen und lebte dann als Sklave am Hof des Mahdi Muhammad Ahmad bis ihm 1895 mit der Hilfe des britischen Geheimdienstes die Flucht gelang. In Kairo wurde er zum Pascha ernannt. Schon im darauffolgenden Jahr erschien in Leipzig seine Autobiografie "Feuer und Schwert im Sudan" und in London die englischsprachige Ausgabe. Slatin Pascha wurde persönlicher Berater von Königin Victoria, nahm als Leiter des militärischen Nachrichtendiensts am Feldzug des britischen Generals Kitcheners gegen den Sudan teil und war nach dem Sieg von 1900 bis 1914 Generalinspekteur des Anglo-Ägyptischen Sudan. Im Ersten Weltkrieg stand er an der Spitze der österreichischen Kriegsgefangenenhilfe; unter Karl I. führte er geheime Friedensverhandlungen mit England; nach dem Zusammenbruch der Monarchie war er auf Ersuchen Otto Bauers Mitglied der österreichischen Friedensdelegation in St.-Germain. Er verstarb 1932 im Cottage-Sanatorium in Wien.
Im Auftrag der Stadt Wien hat eine HistorikerInnen-Kommission 2021 die historische Bedeutung weiterer Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind, untersucht sowie eine zeithistorische Kontextualisierung vorgenommen. Aufgrund der daraus gewonnenen Erkenntnisse zur historischen Einordnung von Rudolph Carl Slatin Pascha wurde der Straßenname als Fall mit Diskussionsbedarf eingeordnet.
Quellen
- Wienbibliothek Digital: Vertrauliche Sitzung vom 17. Juni 1932. In: Amtsblatt der Stadt Wien. Band 1932, Nummer 53, 02.07.1932, S. 532
- Meldezettel von Rudolf Carl von Slatin (WStLA, BPD Wien: Historische Meldeunterlagen, K11)
- Verlassenschaftsabhandlung nach Rudolf Carl von Slatin (WStLA, BG Döbling, A4/8: 8A 737/1932)
Literatur
- Peter Autengruber / Oliver Rathkolb / Lisa Rettl / Walter Sauer: Umstrittene Wiener Straßennamen. Ein kritisches Lesebuch. 1. Ergänzungsband. Wien 2021, S. 52–59
- Walter Sauer: K. u. k. kolonial. Habsburgermonarchie und europäische Herrschaft in Afrika. Wien [u. a.]: Böhlau ²2007
- Robert-Tarek Fischer: Österreich im Nahen Osten. Wien [u. a.]: Böhlau 2006
- Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begr. von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearb. von Karl Bosl [u.a.]. Band 3: S-Z. Register. München: A. Francke 1975
- Gordon Brook-Shepherd: Slatin Pascha. Ein abenteuerliches Leben. Wien [u.a.]: Molden 1972
- Rudolph Slatin: Feuer und Schwert im Sudan. Meine Kämpfe mit den Derwischen, meine Gefangenschaft und Flucht 1879-1895. Leipzig: Brockhaus 1896
- Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Hietzing. Ein Bezirk im Grünen. Wien: Mohl 1977, S. 121 ff.
- Christine Klusacek: 11 Jahre in den Ketten des Mahdi. In: Wien aktuell, 29.10.1992, S. 16
- Rudolf Slatin (Pascha) zum Gedenken. In: Amtsblatt der Stadt Wien, 15.06.1957, S. 5