Salomon Mayer Rothschild
Salomon Mayer Freiherr von Rothschild, * 9. September 1774 Frankfurt/Main, † 27. Juli 1855 Paris, Bankier.
Biografie
Salomon Mayer Rothschild kam als drittes Kind des jüdischen Kaufmanns und Bankiers Mayer Amschel Rothschild und der Gütle Rothschild, geborene Schnapper, in Frankfurt am Main zur Welt. Zusammen mit seinen vier Brüdern arbeitete er zunächst im Unternehmen des Vaters, das finanziell stark in die Wirren der napoleonischen Kriege verstrickt war. Im Jahr 1800 heiratete er Karoline Stein, Tochter eines Frankfurter Weinhändlers, mit der er zwei Kinder haben sollte: den Sohn Anselm Salomon und die Tochter Betty.
1801 wurde Salomon Mayer Rothschild im Rahmen der Aktivitäten seines Vaters hessischer Kriegszahlamtsagent. Aufgrund der Unterstützung des Aufstandes in Westfalen durch das Bankhaus kam es 1809 zu einer Hausdurchsuchung in der Frankfurter Firmenzentrale durch die französischen Behörden, in deren Folge Salomon Mayer Rotschild beinahe verhaftet worden wäre.
Als der bereits greise Vater Mayer Amschel Rothschild 1810 mit seinen Söhnen einen Gesellschaftsvertrag abschloss, erhielt Salomon Mayer Rothschild von den 800.000 Gulden Geschäftskapital einen Anteil von 185.000 Gulden. Die fünf Söhne ließen sich daraufhin in verschiedenen Hauptstädten Europas nieder und legten so den Grundstein für das international erfolgreiche Familienunternehmen der Rothschilds. Der zweitälteste Sohn Salomon Mayer Rothschild gilt dabei als Begründer der Wiener Linie des Hauses, die von seinem Sohn Anselm Salomon fortgeführt wurde.
Von Juli bis Dezember 1812 war Salomon Mayer Rothschild in Paris und besuchte auch seinen Bruder Nathan in London, was aufgrund der Kontinentalsperre nicht ungefährlich war. An den Subsidiengeschäften der Befreiungskriege beteiligt, knüpfte er gute Verbindungen mit Preußen. Besonders bedeutsam waren aber die ersten wirtschaftlichen Erfolge mit Österreich im Jahre 1815: Salomon Mayer Rothschilds Leben blieb von nun an untrennbar mit dem Schicksal des Staatskanzlers Metternich verbunden. Schon 1817 wurde er auf Betreiben Metternichs in den Adelsstand erhoben, nach der Finanzierung der österreichischen Intervention in Neapel folgte der Freiherrenstand im Jahre 1822.
Seit 1820 hielt sich Salomon Mayer Rothschild auch selbst häufig in Wien auf, blieb aber zunächst Frankfurter Bürger und bewohnte, da er nicht um die für Juden in Wien erforderliche "Toleranz" ansuchen wollte, das Hotel "Zum römischen Kaiser" in der Renngasse. 1820 war er an der 20-Millionen-Anleihe des Bankhauses Parish beteiligt. Er verschaffte dem Regime Metternich über 200 Millionen Gulden und betätigte sich auf Antrag Metternichs als Bankier des Deutschen Bunds. 1821 eröffnete er die Privatbank "S. M. v. Rothschild" in Wien, die Vorläuferin der Creditanstalt.
1830 war er Augenzeuge der Revolution in Paris, 1831 der Cholera in Wien, vor der er nach München floh. Ebenfalls 1831 wurden die Quecksilbergruben von Idria vom Staat an Rothschild verpfändet. Er pachtete die Gruben von Almaden in Spanien und errichtete ein Quecksilbermonopol in Europa. Ab 1831 war ihm aufgrund einer Ausnahmebestimmung der Ankauf von Gütern und Grundeigentum gestattet. Er erwarb daraufhin ausgedehnten Grundbesitz und tat sich 1835 auch als Eisenbahnpionier in Österreich hervor, als er die Konzession für die Kaiser-Ferdinands-Nordbahn erhielt. Gemeinsam mit Johann von Geymüller pachtete er das Eisenwerk Witkowitz, außerdem befand er sich im Besitz der Dalmatiner Asphaltgruben. Das Hotel "Zum römischen Kaiser", in dem er nun schon seit Jahren als Gast gewohnt hatte, konnte er im Jahr 1844 kaufen, nachdem er am 9. Februar 1843 Ehrenbürger der Stadt Wien geworden war.
Der Sturz Metternichs im März 1848 war auch für Salomon Mayer Rothschild ein schwerer Schlag. Rothschild, der Zeit seines Lebens stets großen Wert auf seine zahlreichen Titel, Orden und Würden legte, floh im Zuge der Oktoberrevolution 1848 aus der Stadt Richtung Frankfurt. Er sollte nur einmal für kurze Zeit nach Wien zurückkehren; nichtsdestotrotz ließ er noch im Jahr vor seinem Tod einen Zubau zu seinem Haus auf dem Bauernmarkt ausführen. Seinen Lebensabend verbrachte er aber überwiegend bei seiner Tochter Betty, der Ehefrau seines Bruders Jakob (James), in Paris, wo er am 27. Juli 1855 verstarb und auf dem Friedhof Père Lachaise beerdigt wurde.
Literatur
- Roman Sandgruber: Rothschild. Glanz und Untergang des Wiener Welthauses. Wien: Molden 2018
- Georg Gaugusch: Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938. Bd. L–R. Wien: Amalthea [2016], S. 3038
- Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23), S. 39
- Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Band 9. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1987, S. 289–290
- Gustav Otruba: Die Wiener Rothschilds. Aufstieg und Untergang einer Familie. In: Wiener Geschichtsblätter 41 (1986), S. 149–169
- Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begründet von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearbeitet von Karl Bosl [u. a.]. Band 2: I–R. München: Francke [1974], Sp. 2372–2377
- Josef Mentschl / Gustav Otruba: Österreichische Industrielle und Bankiers. Wien: Bergland-Verlag 1965 (Österreich-Reihe, 279/281), S. 58–76
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 3. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 720
- Salomon Wininger: Große jüdische National-Biographie. Bd. 5: Pereira–Steinhaus. Cernǎuţi: Orient [u. a] [1931], S. 267
- Neue österreichische Biographie. 1815–1918. Band 6. Wien: Amalthea 1929, S. 82–92
- Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Commission bei der königlichen Akademie der Wissenschaften. Band 29. Leipzig: Duncker & Humblot 1889, S. 373–375
- Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. Band 27. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1874, S. 116–118