Sozialwissenschaftliche Studienbibliothek
Sozialwissenschaftliche Studienbibliothek (Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien). Als 1920 die Kammern für Arbeiter und Angestellte als gesetzliche Organisation der Arbeitnehmer geschaffen wurden, fiel ihnen auch die Aufgabe der Bereitstellung des Fachwissens und des dafür erforderlichen hochqualifizierten Expertenstabs zu. In diesem Zusammenhang wurde auch eine allgemeine zugängliche „Arbeiterstudienbibliothek" geschaffen, in der die für die Interessenvertretung der Arbeitnehmer notwendige wirtschafts- und sozialwissenschaftliche sowie juristische Literatur ebenso wie die Literatur zur Arbeiterbewegung und deren Geschichte verfügbar sein sollte (Eröffnung als öffentliche Bibliothek am 18.September 1922). Den Grundstock bildeten die Privatbibliotheken von Engelbert Pernerstorfer (20.000 Bände) und Leopold Winarsky, 1923 folgte (als Dauerleihgabe der Universität) jene von Anton Menger, später ein großer Teil der Bibliothek von Viktor Adler. Durch Ankäufe wurden konsequent Neuerscheinungen insbesondere auf den Gebieten Enzyklopädien, Politik, Geschichte, Geographie, Rechts- und Staatswissenschaften, Sozialismus und Arbeiterbewegung, Sozialpolitik, Gewerkschaftswesen, Volkswirtschaftslehre, Wirtschaftspolitik und Statistik, Philosophie, Religion, Naturwissenschaften und Technik, Bildungswesen und Jugendbewegung erworben. 1929 wurde ein zweiter Lesesaal eröffnet, wodurch die Zahl der Leseplätze von 15 auf 60 erhöht werden konnte. Der Dokumentation der Bestände diente eine „Zeitschriftenschau" (ab 1929 gemeinsam mit dem Frankfurter Institut für Sozialforschung herausgegeben). Der Bibliotheksbetrieb wurde 1934 (Staatsaufsicht; ab 1937 Verbot der Lektüre marxistischer Literatur) stark behindert, 1938 wurde die Bibliothek nach Berlin verschleppt und in die Bibliothek der Deutschen Arbeitsfront (DAF) eingegliedert. 1945 wurde die Sozialwissenschaftliche Studienbibliothek neu eingerichtet; nur ein kleiner Teil der verschleppten Bücher konnte rückgeführt werden; ältere Literatur wurde durch Ankauf eines Teils der nachgelassenen Bibliothek von Karl Renner beziehungsweise der Redaktionsbibliothek des ehemaligen Steyrermühl-Verlags wiederbeschafft. In letzterer befanden sich auch Bestände von bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichenden Tageszeitungen (wie Neue Freie Presse, Neues Wiener Tagesblatt); außerdem wurde das Tagblatt-Archiv erworben. In der Zweiten Republik wurde neben dem Erwerb von Neuerscheinungen (mit besonderer Berücksichtigung fremdsprachlicher Fachliteratur) der Bestand an Zeitschriften und Zeitungen stark ausgeweitet. Mit der Übersiedlung der Arbeiterkammer in das Bürogebäude 4, Prinz-Eugen-Straße 20-22 (1960) erhielt die Sozialwissenschaftliche Studienbibliothek größere Speicherkapazitäten (die mit der Errichtung des Arbeiterkammer-Bildungszentrums in der Theresianumgasse neuerlich vergrößert wurden) um 70 Leseplätze. Über die Hälfte des Buchbestands ist mittels Elektronischer Datenverarbeitung erfasst (Verwendung des von der Sozialwissenschaftliche Studienbibliothek mitentwickelten Bibliotheks-Organisationssystems BIBOS, das sich zum wichtigsten Verbundsystem im wissenschaftlichen Bibliothekswesen Österreichs entwickelt hat).
Bestände
- 1929: 110.000 Bücher und Broschüren, 573 Zeitschriften., 27 Tageszeitungen
- 1938: rund 160.000 Bände
- 1951: rund. 35.000 Bände
- 1965: über 100.000 Bücher
- 1982: über 200.000 Bücher
- 31.12. 1995: rund 350.000 Bücher, rund 1.200 laufende Zeitschriften., 50 in- und ausländische Tageszeitungen
Literatur
- Festschrift: 60 Jahre Sozialwissenschaftliche Studienbibliothek der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien 1922-1982