Steinbrüche Mauthausen

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Der Steinbruch Mauthausen vor 1935
Daten zum Objekt

Vorgeschichte

Der zunehmende Bedarf der Stadt Wien an Granit zum Zweck der Straßenpflasterung veranlasste den Kauf mehrerer Steinbrüche im Raum Mauthausen-Gusen. Im Jahr 1873 wurde der sogenannte "Windeggbruch" und der "Wiener Graben" angekauft, 1922 der "Bettelberg" erworben. 1922 wurde der "Windeggbruch" stillgelegt, 1932 der "Wiener Graben". Selbst der "Bettelberg" deckte 1938 nur 15% des städtischen Bedarfs, doch war seine geringe Auslastung auch darauf zurückzuführen, dass das austrofaschistische Regime zum Zweck der Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit auch private Anbieter beauftragte. Besonders der "blaue" Granit des "Bettelbergs" blieb für den Wiener Bedarf wichtig.

Die Errichtung des Konzentrationslagers Mauthausen

Unmittelbar nach dem Anschluss besuchten SS-Chef Heinrich Himmler und der Chef des SS-Verwaltungsamtes Oswald Pohl die Steinbrüche, um sie auf ihre Tauglichkeit als Konzentrationslager zu prüfen. Schon damals soll der Beschluss gefallen sein, das Hauptlager oberhalb der Marktgemeinde Mauthausen in der Katastralgemeinde Marbach und das Lager Gusen I in der Katastralgemeinde Langenstein zu errichten.[1] Hinter der geplanten Ausbeutung und physischen Vernichtung der KZ-Insassen standen nicht zuletzt wirtschaftliche Interessen des SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes, die in weiterer Folge das KZ Mauthausen zum fixen Bestandteil des Wirtschaftsimperiums der SS werden ließen.[2] In der Folge richteten Vertreter der SS an Bürgermeister Hermann Neubacher das ultimative Ansinnen um Überlassung der Steinbrüche. Neubacher war jedoch aus wirtschaftlichen Gründen nur für einen Pachtvertrag unter Ausklammerung des "Bettelbergs" bereit. Der von der Wiener Siedlungsgesellschaft m.b.H. (Gesiba) betriebene Steinbruch war hochaktiv. Außerdem wurde im Steinbruch Bettelberg "blauer" Granit für Großpflastersteine und Randsteine produziert, für dessen Bearbeitung nur Spezialisten geeignet waren. Die stillgelegten Steinbrüche wurden mit Übereinkommen vom 3./13. Juni an die von der SS gegründeten "Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH" (DEST) verpachtet. Der Pächter verpflichtete sich, den Steinbedarf der Stadt Wien zu denselben Bedingungen wie die Gesiba zu liefern. Ein Bestandszins wurde mit jährlich RM 2.500,- festgelegt, ebenso Bruchzinse für diverse Steinsorten. Der Betriebsleiter des Steinbruchs Bettelberg wurde auch Leiter der Brüche in Marbach und Gusen. Tatsächlich hatte die SS bereits am 16. Mai 1938 vollendete Tatsachen geschaffen und das KZ eingerichtet.

Von der Verpachtung zum Kauf

In der Folge erhöhte die SS den Druck auf Neubacher wegen des Kaufs der Steinbrüche unter Einbeziehung des Bettelbergs. Am 14. Dezember 1940 wurde Neubacher als "Sonderbeauftragter für Wirtschaftsfragen in Südosteuropa" aus Wien abberufen und die beiden Steinbrüche wurden um 475.000 Reichsmark an die DEST verkauft. Durch mehrere Abänderungsvorschläge der DEST erfolgte die endgültige Ausfertigung des Kaufvertrags erst am 2. Februar 1944 / 16. Jänner 1944. Der Kaufpreis wurde am 14. Juli 1942, die aufgelaufenen Zinsen am 10. Juli 1943 bezahlt. Der Steinbruch "Bettelberg" blieb in Besitz und Verwaltung der Stadt Wien.

Restitution

Bereits am 8. August 1945 wandte sich das Liegenschaftsamt der Stadt Wien an die Repatriierungskommission im Staatsamt für Finanzen wegen Rückübertragung der verkauften Steinbrüche und stellte am 30. April 1947 an die Finanzlandesdirektion Linz unter Berufung auf das Dritte Rückstellungsgesetz (Nichtigkeit von Vermögensentziehungen) den Antrag auf Rückgabe. Ein Hinweis auf die vorangegangene menschenverachtetende Nutzung der Steinbrüche fehlte im Antrag völlig. Am 25. Mai 1948 fand im Landesgericht Linz-Nord die Sitzung der Rückstellungskommission statt. Die Verhandlung wurde vertagt und die Einholung eines Beschlusses des Obersten Gerichtshofes abgewartet. Mittlerweile war am 20. April 1947 das gesamte Gelände als "deutsches Eigentum" im Namen des sowjetischen Hochkommissars Wladimir W. Kurassow an die Republik Österreich mit dem Wunsch übergeben worden, eine Gedenkstätte einzurichten. Mit Ministerratsbeschluss vom 15. März 1949 wurde das Gelände zum Öffentlichen Denkmal im Sinne des BGBl. 176/1948 erklärt. Der Steinbruch Bettelberg aber blieb weiterhin im Besitz der Stadt Wien. 1980 wurde ein Teil der Wiener Besitzungen an die Marktgemeinde Mauthausen verkauft, 1981 zuletzt auch der Steinbruch.[3]

Quellen

Literatur

  • Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Dokumentation. Wien: Österreichische Lagergemeinschaft Mauthausen 21980
  • Jan Erik Schulte: Zwangsarbeit und Vernichtung. Das Wirtschaftsimperium der SS. Oswald Pohl und das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt 1933–1945. Paderborn: Ferdinand Schöningh 2001
  • Andreas Weigl: Das Konzentrationslager als Geschäft. In: Christian Mertens [Hg.]: "Wir wissen es, dass diese Beamtenschaft ihre Pflicht auch im neuen Wien tun wird." Die Wiener Stadtverwaltung 1938. Wien: Metroverlag 2018, S. 212-221

Einzelnachweise

  1. Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Dokumentation. Wien: Österreichische Lagergemeinschaft Mauthausen 21980, S. 18.
  2. Jan Erik Schulte: Zwangsarbeit und Vernichtung. Das Wirtschaftsimperium der SS. Oswald Pohl und das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt 1933–1945. Paderborn: Ferdinand Schöningh 2001.
  3. Andreas Weigl: Das Konzentrationslager als Geschäft. In: Christian Mertens [Hg.]: "Wir wissen es, dass diese Beamtenschaft ihre Pflicht auch im neuen Wien tun wird." Die Wiener Stadtverwaltung 1938. Wien: Metroverlag 2018, S. 212-221.