48° 9' 31.36" N, 16° 28' 30.40" E zur Karte im Wien Kulturgut
Die Volksschule Münnichplatz 6 ist eine öffentliche Volksschule im 11. Wiener Gemeindebezirk, Simmering.
Schulgründung
Der Schulneubau im ehemaligen Vorort Kaiserebersdorf fällt mit der Eingemeindung Simmerings in den Jahren 1893/1894 zusammen und wurde auf einem Teil des seit 1876 der Stadt Wien gehörenden Grunds, des "Dirndlhofs" (Verballhornung des Thürnlhofs), erbaut.
Im November 1893 wurde der Bau der Knaben- und Mädchenvolksschule am Münnichplatz 6 begonnen. Im darauffolgenden konnten die Bauarbeiten bereits beendet werden, sodass das Schulgebäude zu Beginn des Schuljahres 1894/1895 in Benützung genommen werden konnte.
Schulausstattung
Das von Gärten umgebende, zweistöckige Schulhaus wurde als Ziegelrohbau erbaut. Es enthielt zwölf Lehrzimmer, ein Aufnahmezimmer, ein Konferenzzimmer, drei Lehrmittelzimmer sowie eine Schuldienerwohnung. An das Hauptgebäude schloss sich der ebenerdige Turnsaaltrakt an.
Die Schulleiterwohnung befand sich im alten, früher ebenfalls zu Schulzwecken verwendeten Gebäude auf der "Dirndlhof"-Realität. Im Jahr 1898 erklärten die Schulbehörden dies als unzulässig, da nach dem Wortlaut des § 5 des Lehrerdotationsgesetzes eine nicht im Schulgebäude selbst befindliche Wohnung nicht als Schulleiterwohnung zugewiesen werden durfte. Diese Anschauung bestätigte der k. k. Verwaltungsgerichtshof mit der oben genannten Entscheidung, welche vom Stadtrat am 23. September 1898 zur Kenntnis genommen wurde.
Im Jahr 1909 wurden zusätzlich drei Wohnungen im städtischen Zinshaus zu drei Lehrzimmern samt Nebenräumen umgewandelt.
Entwicklungen bis 1914
Im Jahr 1891/1892 leitete Johann Schwarzböck die Knaben- und Mädchenvolksschule, die fünf Knabenklassen mit 237 Schülern und fünf Mädchenklassen mit 275 Schülerinnen führte. Die Konfessionsverteilung war sehr heterogen: Unter allen Schulkindern gab es nur ein einziges jüdisches Schulkind, alle anderen gehörten der römisch-katholischen Konfession an. Im Laufe der Jahre wurden die Klassen immer größer, sodass im Schuljahr 1902/1903 noch immer jeweils sechs Knaben- beziehungsweise Mädchenklassen geführt wurden, jedoch mit 303 Schülern und 274 Schülerinnen. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs besuchten 373 Knaben in acht Klassen und 416 Mädchen in sieben Klassen die Schule am Münnichplatz 6.
Erster Weltkrieg
Die Kriegsereignisse des Ersten Weltkriegs hatten für die Knaben- und Mädchenvolksschule vor allem die Umsiedlung in ein anderes Schulgebäude zur Folge, da das eigene Gebäude für militärische Zwecke verwendet wurde. Bereits ab dem ersten Kriegsjahr erhielten die Schulkinder Unterricht in der nahe des Friedhofs gelegenen Bürgerschule, der "Friedhofschule". Im Schuljahr 1917/1918 war die Raumverteilung derart, dass die Kinder aus der Bürgerschule nur drei Zimmer belegten, während die Volksschulkinder vom Münnichplatz 6 zwölf Lehrzimmer verwendeten. Trotz dieses Raumverhältnisses wurde Wechselunterricht erteilt und einige Klassen zusammengelegt. Dies wurde wohl aufgrund des Lehrkräftemangels durchgeführt. Bereits im Schuljahr 1915/1916 fehlten sieben Lehrer aus dem Personalstand, da diese eingezogen worden waren. Im Schuljahr 1917/1918 waren zudem weitere acht Lehrkräfte in der Brot- und Mehlkommission tätig.
NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg
Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 wurde Rudolf Bergen mit 11. Oktober 1938 als neuer Schulleiter der Knabenmädchenvolksschule bestellt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt besuchten keine jüdischen Schüler mehr die Volksschule am Münnichplatz 6. Im Folgenden musste die Schule wie vielerorts üblich nationalsozialistischen Organisationen ihre Räumlichkeiten bereitstellen. So wurde der Turnsaal fortan nicht mehr nur von der städtischen Fürsorge benützt, sondern auch vom Bund deutscher Mädel.
Im Schuljahr 1942/1943 musste die Knabenmädchenvolksschule in der Schule am Haeckelplatz 1 untergebracht werden, da das ganze Schulgebäude von der Wehrmacht belegt wurde. Dort verblieben Schulkinder die ganze Kriegszeit über. Das Schulgebäude am Münnichplatz 6 wurde im Luftkrieg vollständig zerstört.
Während der Zeit des Zweiten Weltkriegs sank die Zahl der Schülerinnen und Schüler um mehr als die Hälfte. Im Schuljahr 1939/1940 besuchten noch insgesamt 296 Schulkinder die Schule Münnichplatz 6, genauer in fünf Knabenklassen, zwei Mädchenklassen und zwei gemischten Klassen. Im Schuljahr 1944/1945 wurden nur noch vier gemischte Klassen mit insgesamt 128 Schulkindern geführt.
Nachkriegszeit und Gegenwart
Das 1944 im Luftkrieg zerstörte Schulgebäude wurde bis 1949 unter Bürgermeister Theodor Körner wiederhergestellt.
Heute ist die Schule am Münnichplatz 6 eine Ganztagsvolksschule (GTVS) mit der Möglichkeit einer späten Nachmittagsbetreuung, in der ein breites Feld an sportlichen, kreativen und musikalischen Aktivitäten angeboten wird. Hierfür stehen Freizeitpädagoginnen und -pädagogen zur Verfügung. Die Volksschule legt einen Fokus auf die Schwerpunkte Bildungssprache als Basis guter Kommunikation. Die Schule besitzt zudem einen großen Garten, weshalb sie sich auch die Bezeichnung "Die Schule im Grünen" gibt.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtschulrat, A9/1 - Standesausweise: Öffentliche Schulen 1916-1945
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtschulrat, B4 - Standesausweise 1876-1915
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien in den Jahren 1894-1896. Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger. Wien: Wilhelm Braumüller, k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1898
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1900. Bericht des Bürgermeisters Dr. Josef Neumayer. Wien: Gerlach & Wiedling, Buch und Kunstverlag 1910
Literatur
- Felix Czeike: XI. Simmering. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer, 11), S. 27