Volkszählung
Die Erste Volkszählung wurde unter Maria Theresia 1754 abgehalten (Stadt und Vorstädte 175.403 Einwohnerinnen und Einwohner), diente jedoch vor allem der Konskription (Konskriptionsamt).
Allmählich wurden in die Volkszählungen immer detailliertere Erhebungen einbezogen, sodass schließlich die verschiedensten Daten zur Bevölkerungsentwicklung, sozialräumlichen Gliederung, aber auch zu Wirtschaft, Bildung, Verkehr und so weiter erhoben wurden.
Mit der Volkszählung vom 31. Dezember 1869 (der ersten nach dem neuen Volkszählungsgesetz vom 29. März 1869) wurde auch für Wien die Ära des modernen Zensuswesens eingeleitet. Von nun an wurde die gesamte am Ort (dauernd oder zeitweise) anwesende Bevölkerung nach einem einheitlichen demographischen, sozial- und berufsstrukturellen Merkmalskatalog erfasst.
Die jeweils zum Jahresende abgehaltenen Zählungen erfolgten ab 1880 in Abständen von zehn Jahren (1890, 1900, 1910). Erhebungen und Bearbeitungen führten ursprünglich die Kommunen durch, die Publikation der Ergebnisse besorgte die k. k. Statistische Zentralkommission (Wien als k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt wurde jeweils gesondert dargestellt; zusätzlich wurden die Wiener Ergebnisse von 1869, 1880 und 1890 in speziellen, meist detaillierteren und vor allem bezirksdifferenzierten Bearbeitungen publiziert, die überwiegend aus dem Statistischen Departement des Magistrats stammten; Statistisches Amt). Ab 1890 erfolgte auch (bis auf die Wohnungszählung) die Bearbeitung durch die Statistische Zentralkommission, die bezirksweise Darstellung der Ergebnisse erschien aber nur im Statistischen Jahrbuch der Stadt Wien.
In allen Publikationen der Zählungen 1869-1910 werden die Bezirksergebnisse auf Basis der anwesenden Zivilbevölkerung ausgewiesen, während die Angaben für die in der Stadt stationierten Militärangehörigen summarisch und gesondert aufscheinen. Mit dem Ersten Weltkrieg war die Periode der kontinuierlichen Weiterentwicklung des Volkszählungswesens unterbrochen. Die Zählungen vom 31. Jänner 1920 und 7. März 1923 lieferten nur bruchstückhafte Ergebnisse, es existiert jedoch eine detailreiche magistratische Sonderauswertung der Zählung 1923 für den Bereich der Berufsstruktur. Erst mit der aufgrund einer Novelle des Gesetzes von 1869 abgehaltenen Volkszählung vom 22. März 1934 kam es wieder zu einem vollwertigen Zensus, nunmehr jedoch auf Basis der (dauernd anwesenden und zeitweilig abwesenden) Wohnbevölkerung. Wie schon 1920 und 1923, wo noch die Anwesenheit das Darstellungskriterium gewesen war, wurden die Militärangehörigen nicht mehr gesondert ausgewiesen. Die nach dem sogenannten "Anschluss" durchgeführte Zählung vom 17. Mai 1939 hatte mit der sogenannten "ständigen Bevölkerung" (das heißt der Wohnbevölkerung ohne die ihrer Dienstpflicht genügenden Soldaten und Arbeitsmänner) erneut eine andere Darstellungsgrundlage und wich auch in ihrer Berufssystematik von der österreichischen Tradition ab.
Ab 1951 bildete wieder die Wohnbevölkerung die Grundlage der Volkszählungen (alle Personen, die den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen am Zahlungsort begründet haben, aber am Stichtag nicht unbedingt anwesend sein müssen). Mit der wachsenden Zahl von Zweitwohnsitzen außerhalb Wiens wurde dieses Abgrenzungskriterium zunehmend zum Streitpunkt.
Seit der Volkszählung 1971 wurde das Prinzip des Familienwohnsitzes verankert, das die Zuordnung von Familienmitgliedern an verschiedenen Wohnsitzen, insbesonders minderjährige Kinder, ausschließen sollte. Die Volkszählung von 2011 fand erstmals in Form einer Registerzählung ohne Befragung der Haushalte durch Zusammenführung von Registern statt.
Ausland
Arbeitskräfte, die ihre Ehefrau und ihre Kinder im Heimatland gelassen hatten, galten 1971 entsprechend dem damaligen Wohnsitzbegriff als "nur vorübergehend anwesend", werden jedoch seit der Volkszählung 1981 aufgrund des Volkszählungsgesetzes vom 16. April 1980 zur Wohnbevölkerung gezählt.
Ab dieser Volkszählung wurde auch zwischen "echten" und "unechten" Einpersonenhaushalten unterschieden. Letztere entstanden durch tatsächlich oder vermeintlich getrennt lebende Familienmitglieder mit mehreren Wohnsitzen. Zu den Berufstätigen werden auch Präsenz- und Zivildiener gezählt, sofern sie vorher einer Beschäftigung nachgingen, ebenso im familieneigenen Betrieb mitarbeitende Angehörige.
Ergebnisse
Bevölkerungsgeschichte Vergleiche auch die Angaben bei den einzelnen Stadtbezirken.
Quellen
- Kundmachung wegen den Beginn der Volkszählung im Amtsbezirke Sechshaus. Wien: Hof- u. Staatsdruckerei 1857
- Absolute und relative Bevölkerung in Österreich-Ungarn nach der Volkszählung vom Jahre 1857. Wien 1857
- Anton Wintersperger: Anleitung zur Volkszählung im Jahre 1881. Enthaltend die Vorschriften vom 29. März 1869. Wien: J. Bretzner 1880
Literatur
- Gustav Adolf Schimmer: Die Bevölkerung von Wien und seiner Umgebung nach dem Berufe und der Beschäftigung auf Grundlage der jüngsten Volkszählung. 1. Geschlecht, Civilstand, Wohnverhältnisse, Arbeits- und Dienstverhältnisse. Hg. von der K. K. Statistischen Zentralkommission. Wien: Ueberreuter 1874
- Heimold Helczmanovszki [Hg.]: Beiträge zur Bevölkerungs- und Sozialgeschichte Österreichs. Im Auftrag des Österreichischen Statistischen Zentralamtes. München: Oldenbourg 1973
- Alfred Hoffmann / Herbert Matis: Wirtschafts- und Sozialstatistik Österreich-Ungarns. Band 1: Birgit Bolognese-Leuchtenmüller: Bevölkerungsentwicklung und Berufsstruktur, Gesundheits- und Fürsorgewesen in Österreich 1750-1918. München: Oldenbourg 1978 (Materialien zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 1)
- Statistisches Jahrbuch österreichischer Städte. Hg. von Statistik Austria und vom Österreichischen Städtebund. Wien: Statistik Austria 1950(1951)-2005(2006)
- Felix Czeike [Hg.]: Historischer Atlas von Wien. Hg. vom Wiener Stadt- und Landesarchiv, dem Verein für Geschichte der Stadt Wien und dem Ludwig Boltzmann Institut für Stadtgeschichtsforschung. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 - lfd. (Losebl.-Ausg.)
- Volkszählung 1991. Wohnbevölkerung und Gemeinden nach Gemeinden mit der Bevölkerungsentwicklung seit 1869. Wien: Österr. Staatsdruckerei 1992 (Beiträge zur Österreichischen Statistik, 1030)
- Othmar Pickl [Hg.]: Österreichisches Städtebuch. Band 7: Die Stadt Wien. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1999