Viennale

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Eingangsbereich des Gartenbaukinos anlässlich der Viennale im Jahr 1975
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BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Eingangsbereich des Gartenbaukinos anlässlich der Viennale im Jahr 1975

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Das Filmschaffen und die filmische Wahrnehmung der ersten eineinhalb Jahrzehnte der zweiten Republik waren vor allem aus der Perspektive vieler Intellektueller und KünstlerInnen durchwegs von wenig in die Tiefe gehendem Komödientheater und kaum anspruchsvollem Heimatfilm geprägt. Die Moderne fehlte im Österreich der Nachkriegszeit großteils. Mitglieder des Verbands Österreichischer Filmjournalisten, darunter die späteren Viennale-Direktoren Sigmund Kennedy und Edwin Zbonek, sowie Fritz Walden, Filmkritiker der Arbeiter-Zeitung, begegnete diesem kulturellen und künstlerischen Manko im Jahr 1960 in Wien mit der vorerst privat finanzierten Veranstaltung einer "Internationalen Festwoche der interessantesten Filme des Jahres 1959". Die Gründer verfolgten damit jedoch gänzlich unterschiedliche Ziele. Sah Kennedy den Film als pädagogisches Medium, um Kultur und Bildung zu vermitteln, waren Filme für Zbonek einzigartige Kunstwerke, die möglichst authentisch, also auch in Originalsprache, dem Publikum zur offenen Wahrnehmung präsentiert werden müssten.

Diesem ersten grundlegenden Versuch, in Wien konzentriert nationalen und internationalen Qualitätsfilm vorzustellen, folgte ab 1962 eine Einschränkung auf das Genre der Komödie unter dem Titel "Viennale - Internationale Festwoche des heiteren Films". Dies war einerseits dem Vorwurf aus der engen Wahrnehmung der Zeit zu schulden, es handle sich bei dem Filmfestival um eine Form politischer Agitation. Andererseits förderte die Stadt Wien seit diesem Jahr das Festival, womit ein touristisches Vermarktungsinteresse einherging, das auf den allgemeinen Imagegewinn der Stadt durch ein großes Filmfestival und ein möglichst breites Publikum dafür abzielte. Ganz fern der Gründungsintention war der Name jedoch nicht, denn Sigmund Kennedy formulierte den Titel "Festival der Heiterkeit" bereits 1958 in einem Vorschlag für ein Filmfestival an das Wiener Festwochendirektorium. Generell handelte es sich bereits in den Anfangstagen um ein so genanntes B-Festival, bei dem keine Preisvergabe für unbekannte und neue Filme erfolgte sondern dem Publikum eine wohlkuratierte Auswahl bereits preisgekrönter Filme vermittelt wurde. Die offizielle internationale Anerkennung als B-Festival erfolgte jedoch erst Anfang der 1970er Jahre.

Das Interesse des offiziellen Österreich und der Stadt Wien im Besonderen war seit der ersten Veranstaltung groß. Schon diese stand unter dem Ehrenschutz des Bundesministers für Unterricht, Dr. Heinrich Drimmel, des Wiener Bürgermeisters Franz Jonas und des Präsidenten der Federation International de la presse cinematographique (FIPRESCI), dem belgischen Filmkritiker Marc Turfcruyer. Wie Kennedy in der Arbeiter-Zeitung 1960 berichtete, ist der Begriff "Viennale" selbst als künftiger tragender Kurztitel des Festivals einer Idee von Bürgermeister Jonas zu danken.

1964 begann die Professionalisierung der Veranstaltung durch die Gründung eines Trägervereins mit Beteiligung der Stadt Wien. Nachdem mit Sigmund Kennedy einer der Gründungsdirektoren und ein maßgeblicher Verantwortlicher für das Festival 1967 verstarb, übernahm der vormalige Filmreferent des Wiener Kulturamtes, Dr. Otto Wladika, die Leitung des nun bereits als "Viennale" einschlägig bekannten Festivals. Das steigende Budget erweiterte den Programmier-Spielraum und die "Neue Viennale" spielte nun ohne das Produktionsjahr zu berücksichtigen unter wechselnden Themenschwerpunkten "Filme, die uns nie erreichten". Der Begriff der Heiterkeit wich einer zeitgemäßen gesellschaftspolitischen Ausrichtung des Festivals. Die Einrichtung eines Gesprächsforums ergänzte diesen Ansatz einer gezielten Filmvermittlung um ein didaktisches Instrument. Exemplarisch für diese Wende im Konzept lässt sich das erste Ankündigungsplakat dieser neun Ära für die Viennale 1969 lesen. Unter einer psychedelischen Grafik firmiert das Motto "Leben in dieser Zeit. Spielfilme, Dokumentarfilme, Kurzfilme". Die darauf folgenden Mottos "Gesellschaft und junge Generation" (1970), "Unbequeme Zeitgenossen" (1971) oder "Probleme unserer Zeit" (1972), setzten diese Programmatik fort und sollten die Jugend als neue Zielgruppe für die Veranstaltung gewinnen. Zudem integrierte die Viennale nun die bereits wohletablierten Retrospektiven des Österreichischen Filmmuseums.

Otto Wladika verstarb 1973 und mit Edwin Zbonek übernahm wieder einer der Gründer die Direktion der Viennale. Zbonek richtete die Veranstaltung unter anderem verstärkt als Kinder- und Jugendfestival mit Gratisvorführungen aus. In den späten 1970er Jahren wurde das Festival in den Herbst verlegt und die Laufzeit von 8 auf 15 Tage erhöht. Zur Steigerung der Reichweite wurden zudem seit 1979 Kinos der Außenbezirke in das Programm einbezogen, welche die Filme des Hauptspielplans wiederholten. 1981 wurde die Festivalleitung um Helmuth Dimko, einem erfahrenen Filmproduzenten und Journalisten erweitert. Eine budgetäre Krise führte 1983 dazu, dass das Festival in diesem Jahr ganz abgesagt werden musste. 1987 wurde das Prinzip des B-Festivals durchbrochen und erstmals im Rahmen der Viennale der Wiener Filmpreis vergeben. Nach einem holprigen Start wurde dieser Preis erst 1991 wieder regelmäßig vergeben. 1988 endete die Ära von Edwin Zbonek und Helmuth Dimko übernahm gemeinsam mit Veronika Haschka das Festival. Kleine aber signifikante Änderungen am Programm, vor allem die Veranstaltung hochwertiger Sonderschauen, führten zu einem merklichen Zuwachs des Publikumsinteresses. Mit dieser Form des Festivals, einem Hauptprogramm der besten Jahrgangsfilme, kombiniert mit Spezialprogrammen und kleinen Retrospektiven über die ganze Stadt verteilt, schuf Dimko die bis heute tragende Struktur der Viennale. Er selbst trat jedoch bereits 1989 wieder als Festivalleiter zurück.

Die folgenden Jahre brachten eine Phase erneuter Professionalisierung und Internationalisierung des Festivals mit sich. Mit Werner Herzog erhielt dieses 1991 einen erfahrenen und namhaften Regisseur als Leiter. Ihm zur Seite stand Reinhard Pyrker, der Mitbegründer des "Kuratoriums Neuer Österreichischer Film", langjähriger Leiter des Presse- und Medienreferats des Österreichischen Filmmuseums und bedeutender Wegbereiter des Experimental- und Avantgardefilms in Österreich. Das Hauptmotiv trug nun unverkennbar Herzogs Handschrift: "Kino als magischer Ort". Werkschauen und Retrospektiven zu den Größen des Films oder zum filmischen Schaffen aus diesbezüglich wenig bekannten Weltregionen prägten das Programm.

Diesen Schwung nahm die bereits 1992 wieder neu bestellte Direktion unter Alexander Horwath und Wolfgang Ainberger mit, um das Angebot und die inhaltliche Breite der Viennale gezielt zu erweitern. Avantgarde- und Autorenfilme, wie auch Hollywood-Actionfilme kamen auf das Hauptprogramm, das nun des Umfangs wegen auf vier große Lichtspieltheater aufgeteilt werden musste. Ainberger und Horwath wechselten sich bei der Programmierung ab, wobei Horwath im Österreichischen Filmmuseum, dessen Direktor er später werden sollte, begleitende Retrospektiven für die Viennale gestaltete. In diese Direktion fällt auch die erstmalige Ausschreibung eines internationalen Jury-Preises der "Federation International de la presse cinematographique" (FIPRESCI), womit Wien in die Runde der international bedeutenden A-Festival-Städte aufgenommen wurde.

Seit 1997 leitet Hans Hurch, der Kurator des kurz zuvor sehr erfolgreichen Projektes "hundertjahrekino", die Viennale. Hurch legte die Betonung von Beginn an auf die politische Dimension des Kinos und wertete damit auch den Dokumentarfilm, der als Genre für das lokale Filmschaffen sehr an Bedeutung gewonnen hatte, massiv auf. Zudem rückte die Programmierung als Selbstzweck deutlich in den Hintergrund und der Film an sich wurde, ganz im Sinne der vom Österreichischen Filmmuseum getragenen Programmatik des unsichtbaren Kinos, zur primären Vermittlungsebene der bewegten Bilder. Ein bekanntes Zitat des bedeutenden französischen Filmkritikers André Bazin prägt die Viennale seither, denn das Festival dient bei Hurch bloß dazu, "den Schock des Kunstwerks (zu) verlängern".

Nach dem plötzlichen Tod von Hans Hurch im Juli 2017 übernahm Franz Schwartz, Mitglied des Kuratoriums und ehemaliger Leiter des Stadtkinos am Schwarzenbergplatz, die interimistische Leitung. Seit Jänner 2018 fungiert Eva Sangiorgi als künstlerische Leiterin der Viennale.

Literatur

  • Sigmund Kennedy: Die erste Viennale. In: Arbeiter-Zeitung, 28.2.1960, S. 15
  • Wienbibliothek im Rathaus, Plakatsammlung, Viennale 1968. Leben in dieser Zeit, 120x81cm: P-213538
  • André Bazin: Überlegungen zur Kritik. In: André Bazin. Filmkritiken als Filmgeschichte. Hg. von Klaus Eder. München/Wien: Hanser 1981 (Arbeitshefte Film Hanser 7), S. 14
  • Rita Hochwimmer: Tendenzen und Brüche in der Entwicklung des Filmfestivals Viennale von 1960 - 1972 und ihre öffentliche Rezeption. Diss. Univ. Wien. Wien 2008
  • Hans Hurch/Thomas Mießgang: Viennale. Vienna International Film Festival. Das Jubiläum. 50 Jahre, 50 Projekte. Wien: Viennale 2012
  • Thomas Mießgang: Heiter bis Wolkig. Die Plakate der Viennale im Wandel der Zeiten und grafischen Moden. Hg. von Julia König/Sylvia Mattl-Wurm. Wien: Metroverlag 2012 (Plakate aus der Sammlung der Wienbibliothek, 4), S. 174-187
  • Doris Posch: Transnationales Kino der Gegenwart. VIENNALE transkulturell und translokal. Abschlussbericht zur Forschungsarbeit. Wien: Kulturabteilung der Stadt Wien Wissenschafts- und Forschungsförderung 2014
  • Thomas Mießgang: Was war. Was ist. Eine mögliche Geschichte der Viennale – von 1960 bis zur Gegenwart. In: Viennale - Vienna International Film Festival. Das Jubiläum - 50 Jahre, 50 Projekte. Hg. von Thomas Mießgang/Hans Hurch. Wien: Viennale 2012, S. 6-16 [Stand: 10.03.2017]