Heinrich Drimmel
Heinrich Drimmel, * 16. Jänner 1912 Wien, † 2. November 1991 Wien, Jurist, Politiker.
Biografie
Heinrich Drimmel wurde als Kind einer Hausbesorgerin und eines Polizisten geboren. Nach der Matura an der Bundesrealschule Wien-Mariahilf begann er 1930 seine Studien an der Universität Wien, die er am 3. Februar 1936 mit der Promotion zum Dr. iur. abschloss. Auf Empfehlung des späteren Bundeskanzlers Josef Klaus fungierte er ab 1933 als Vorsitzender der Katholischen Hochschülerschaft an der Universität,1934 bis 1937 als "Sachwalter" der Hochschülerschaft. Zu seinen Lehrern gehörten der Philosoph Hans Eibl, der Völkerrechtler Alfred Verdroß-Droßberg, der Volkswirtschaftler Hans Mayer, Othmar Spann und Erich Voegelin.
Nach beruflichen Stationen im Finanzdienst und im Unterrichtsministerium wurde Drimmel in Folge des "Anschlusses" 1938 in die deutsche Finanzverwaltung versetzt, blieb von polizeilicher Verfolgung aber verschont. Auf Kriegsdienst (1941 bis 1945) und amerikanische Kriegsgefangenschaft (1945 bis 1946) folgte der Wiedereintritt in das Unterrichtsministerium, wo er zeitweise Sekretär des Ministers Felix Hurdes, später Leiter der Hochschulsektion war. Parallel dazu wirkte er maßgeblich bei der Reaktivierung des Österreichischen Cartellverbandes mit.
Es galt als Überraschung, dass Bundeskanzler Julius Raab im Oktober 1954 – gegen erhebliche Widerstände im Nationalratsklub – den im Verhältnis zu seinen Regierungskollegen eher jungen Ministerialbeamten, der vorher keine politische Funktion in der ÖVP ausgeübt oder angestrebt hatte, zum Unterrichtsminister der ÖVP-SPÖ-Koalitionsregierung berief. In seinem Ressort konnte Drimmel die Erweiterung der Budgetmittel für Bildung erreichen und auf die Gründung der Universität Salzburg (1962), der Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften Linz (1962), der Akademie für Musik und darstellende Kunst Graz (1962) sowie die Übernahme des Mozarteums (1960) durch den Bund verweisen. Im Museumsbereich wurde 1962 das Museum des 20. Jahrhunderts eröffnet. Ebenso erreichte Drimmel den Ausbau der kulturellen Auslandsaktivitäten und konnte die lang schwelende Konkordatsfrage sowie die seit 1920 ungelöste verfassungsrechtliche Verankerung des Schulwesens in Verhandlungen mit der SPÖ lösen. 1956 bis 1969 war er auch Präsident des Österreichischen Olympischen Comités.
Als engster Vertrauensmann von Parteiobmann und Bundeskanzler Alfons Gorbach geriet er Anfang der 1960er Jahre zunehmend in Konflikt mit den sich um Josef Klaus und Hermann Withalm formierenden "Reformern". Der Konflikt kulminierte am ÖVP-Bundesparteitag 1963 in Klagenfurt, als Drimmel gegen Klaus für den Parteivorsitz kandidierte und deutlich verlor. Als Klaus 1964 auch die Regierungsgeschäfte übernahm, schied Drimmel aus der Bundesregierung aus.
Im selben Jahr wechselte er als Amtsführender Stadtrat für baubehördliche und technische Angelegenheiten und Vizebürgermeister in die Wiener Kommunalpolitik. Nach der Wahlniederlage 1969 trat er zurück, verblieb aber bis 1972 Gemeinderat bzw. Landtagsabgeordneter. Bis zu seiner Pensionierung 1972 war er als Leiter der Abteilung "Geistige Landesverteidigung" wieder im Unterrichtsministerium tätig. Im Ruhestand widmete sich Drimmel der Publikation von Büchern vor allem zur österreichischen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert, die ihre Abnehmer vor allem im konservativen Bildungsbürgertum fanden.
1997 wurde in Wien-Landstraße der Heinrich-Drimmel-Platz nach dem Politiker benannt.
Quellen
- Meldezettel von Heinrich Drimmel (WStLA, BPD Wien: Historische Meldeunterlagen, K11)
- Wienbibliothek im Rathaus/Tagblattarchiv: Drimmel, Heinrich [Sign: TP-009955]
Literatur
- Heinrich Drimmel: Die Häuser meines Lebens. Erinnerungen eines Engagierten. Wien: Amalthea Verlag 1975 [Autobiographie]
- Christian Mertens: Wider den herrschenden Zeitgeist. Heinrich Drimmel und das „konservative Prinzip“. In: Günther Burkert-Dottolo / Christian Sebastian Moser [Hg.]: Stichwortgeber für die Politik. Band 1. Wien: Politische Akademie 2006, S. 123 ff.
- Christian Mertens: Heinrich Drimmel und die ÖVP in den 1960er Jahren. In: Demokratie und Geschichte. Jahrbuch des Karl von Vogelsang-Instituts zur Erforschung der Geschichte der christlichen Demokratie in Österreich 2005/2006. Wien [u.a.]: Böhlau 2007, S. 227 ff.