Minna Högel

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Brief an den Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen (Frln. M. Högel), 1895
Daten zur Person

Minna (Wilhelmine) Högel, * 16. Juni 1849 Wien, † 15. März 1929 Wien, Malerin, Restauratorin, Konservatorin und Vereinsfunktionärin.

Biografie

Minna Högel wurde am 16. Juni 1849 in Wien geboren. Ihr Vater, Johann Baptist Högel, war Dozent für englische Sprache und Literatur am Polytechnikum. Ihr Bruder, Hugo Ritter von Högel (1854–1921), war Generalstaatsanwalt des Obersten Gerichtshofes in Wien und Autor zahlreicher juristischer Werke zum österreichischen Kriminalwesen und Strafrecht. Eine jüngere Schwester war Jenny (Johanna) Högel. Die Geschwisterschaft mit Pauline Högel, einer Englischlehrerin, die an derselben Adresse wie die Familie Högel gemeldet war, ist nicht gesichert. Ursprünglich war für Minna Högel ebenfalls die Tätigkeit als Lehrerin vorgesehen. Sie wandte sich jedoch bereits im Alter von 15 Jahren der Malerei zu. Mitte der 1860er Jahre setzte sie sich autodidaktisch mit malerischen Techniken und Bildmotiven auseinander.

Gemälde des Schauspielers Josef Lewinsky von Minna Högel, 1869

Künstlerische Praxis

Ihre künstlerischen Schwerpunkte waren vielfältig und lagen auf der Stillleben-, Porträt- und Genremalerei. Sie war außerdem die erste Frau, die im Belvedere als Kopistin arbeitete. Dort und in unterschiedlichen Wiener Galerien, wie der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste, fertigte sie Kopien von Werken alter Meister an. Parallel dazu entwickelte sie eine eigene künstlerische Praxis: 1869 beteiligte sie sich mit einem Porträt des jungen Schauspielers Josef Lewinsky an einer Ausstellung im Künstlerhaus. Eine weitere bedeutende Ausstellungsbeteiligung war auf der Weltausstellung 1876 in Philadelphia, wo sie für ein Wildstillleben eine Medaille erhielt. Danach konzentrierte sie sich zunehmend auf die Restaurierung alter Gemälde und arbeitete sowohl für inländische als auch ausländische Sammlungen. 1878 nahm sie ein Angebot des Grafen Kolowrat an und wurde damit beauftragt, Werke aus der Bildergalerie im Schloss Reichenau (Rychnov nad Kněžnou, Tschechien) in Böhmen zu restaurieren. Dort spezialisierte sie sich zunächst auf die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts. Minna Högel gehörte zu den ersten Frauen, die im Bereich der Restaurierung sehr erfolgreich waren, und wurde in zahlreichen zeitgenössischen Kunstbeiträgen erwähnt. Diese Anerkennung verdeutlicht ihren Status als Expertin in (adeligen) Sammlerkreisen und Galerien. Dennoch wurden ihr aufgrund ihres Geschlechts Positionen wie die Leitung einer Galerie verwehrt.

Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen Wien

Der 1885 gegründete Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen (VSKW) war die erste Vereinigung dieser Art in Wien und setzte damit ein bedeutendes Zeichen für die Interessenvertretung künstlerisch tätiger Frauen. Ein Anlass für die Gründung war unter anderem die Weigerung des Schriftsteller- und Journalistenverbands Concordia, Frauen als Mitglieder aufzunehmen. Ein zentrales Ziel des Vereins war die Interessenvertretung von Schriftstellerinnen und Künstlerinnen, der Aufbau eines sozialen Netzwerks sowie die materielle Absicherung im Krankheitsfall und im Alter. Aus den Protokollen des Vereins geht hervor, dass die Vereinszwecke intensiv diskutiert wurden. Aufgrund der Heterogenität der vertretenen Berufe und verschiedener ideologischer sowie künstlerischer Auffassungen gab es unterschiedliche Schwerpunktsetzungen. Für Künstlerinnen, die von ihrer Kunst lebten, standen beispielsweise der Verkauf von Kunstwerken und die Schaffung von Absatzmöglichkeiten im Vordergrund. Minna Högel engagierte sich früh im Verein, dem sie vermutlich bereits 1886 beitrat. Bei der Generalversammlung 1887 wurde sie zur Vizepräsidentin gewählt. Drei Jahre später übernahm sie das Amt der Präsidentin, das sie über zehn Jahre, von 1890 bis 1900, innehatte. Ab 1890 organisierte der Verein gut besuchte Vortrags- und Musikabende, die eine wichtige Möglichkeit zum Austausch boten. Dies ermöglichte es zahlreichen Mitgliedern, Kontakte zu Stifter:innen und Gönner:innen aus Adel und Finanzkreisen zu knüpfen.

Während Högels Präsidentschaft wurden die Strukturen und der Finanzplan des Pensionsfonds für Vereinsmitglieder entwickelt. Diese selbstorganisierte Altersvorsorge sollte ordentlichen Mitgliedern ab einem bestimmten Alter eine Rente ermöglichen. Der Verein erfüllte zweifellos seine Funktion als Ort der Vernetzung. So war etwa Karoline Murau langjähriges Vereinsmitglied und beschrieb in Wiener Malerinnen (1895) die Biografien einiger ihrer Kolleginnen. Über Minna Högels Biografie schrieb sie einleitend: „Eine der eigenartigsten und interessantesten Erscheinungen auf dem Gebiete der Wiener Malkunst ist Fräulein Minna Hoegel, die eines Tages, einer plötzlichen Eingebung folgend, nach dem Pinsel griff, zu malen begann und eine berühmte Künstlerin wurde, ohne jemals Unterricht im Malen genommen zu haben.“ (Murau, 1895, S. 39)

Diese wertschätzenden Worte, ebenso wie die gesamte Publikation, belegen das Bestreben, auf den kunsthistorischen Kanon einzuwirken und die Position weiblicher Künstlerinnen in die Geschichte einzuschreiben. Allerdings verhielt sich der Verein weitgehend distanziert zu den Aktivitäten der politischen Frauenbewegung. Diese Haltung war teilweise auf Minna Högel zurückzuführen. Sie war zwar freundschaftlich mit Auguste Fickert und Rosa Mayreder, den führenden Vertreterinnen des bürgerlichen Feminismus, verbunden, hielt deren Bestrebungen zur Gründung eines Bündnisses aller österreichischen Frauenvereine jedoch für verfrüht. Ihrer Ansicht nach waren die Vereine zu diesem Zeitpunkt noch nicht stark und widerstandsfähig genug.

Über das private Leben von Minna Högel ist kaum etwas bekannt. Es gibt die Vermutung, dass sie zumindest zeitweise mit einer Frau zusammenlebte, vermutlich Julie Wertheimer. Wertheimer betreute die vereinseigene Bibliothek, die in Högels Wohnung untergebracht war. In Briefen der Freundin und Vereinskollegin Olga Wisinger-Florian an Minna Högel ließ sie mehrfach Grüße an ‚Fräulein Julie‘ ausrichten.

Minna Högel starb am 15. März 1929 und wurde im Familiengrab am Grinzinger Friedhof beigesetzt. 1987 wurden die drei Högel Geschwister in ein Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof „verlegt“.

Quellen

Literatur


Minna Högel im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.