Oberster Gerichtshof
Geschichte
Gerichtshof, Oberster (OGH). Aus der unter Maria Theresia entstandenen „Obersten Justizstelle" entwickelte sich 1848 durch Abspaltung der Aufgaben der Justizverwaltung und Justizgesetzgebung und deren Vereinigung im Justizministerium der Oberste Gerichtshof (Erlass des Justizministerium vom 21. August 1848).
Ein entsprechendes Organisationsgesetz wurde am 7. August 1850 erlassen (Reichsgesetzblatt Nummer 325), worauf die Konstituierung erfolgen konnte. . Damit war der Oberste Gerichtshof für alle Kronländer zuständig. Das Personal differenzierte sich in dem Ersten Präsidenten, dem Zweiten Präsidenten, fünf Senatspräsidenten, 48 Räte, einen Präsidialsekretär, 18 Ratssekretäre und zusätzliches Personal.
Der Oberste Gerichtshof befand sich anfangs 1, Löwelstraße 12 und übersiedelte Ende 1874 in das angekaufte Gebäude 1, Schillerplatz (ehemals Hotel Britannia) bzw. nach Fertigstellung des Justizpalasts in diesen. Zum Ersten Präsidenten wurde der bisher, oberste Justiz-Präsident Ludwig Graf Taaffe bestellt. Der Oberste Gerichtshof umfaßte 19 Oberlandesgerichtssprengel (darunter Wien). Am 3. Mai 1853 wurde die sogenannte Gerichtsinstruktion erlassen, nach der vorzugehen war. Änderungen ergaben sich durch die Strafprozeßordnung von 1873 und die Justizreform von 1898. Im Jahr 1856 wurde der damals aktuelle Personal- und Besoldungsstandes des Obersten Gerichtshof bekannt gemacht. Im Jahr 1861 erfolgte eine Reduktion der Zuständigkeiten, indem die Zuständigkeit für Ungarn an die Ungarische Hofkanzlei abgegeben wurde. Daher mussten auch 921 Akten abgegeben werden. Die Zuständigkeit für Siebenbürgen wurde ebenfalls abgegeben. Dadurch wurde auch das Personal reduziert. Der Oberste Gerichtshof hatte nun zwei Senatspräsidenten und zwölf Hofräte weniger.
Der Übergang zur Republik vollzog sich problemfrei (Grundgesetz von 22. November 1918, Staatsgesetzblatt Nummer 38); mit Gesetz vom 25. Jänner 1919 (Staatsgesetzblatt Nummer 41) wurde der Oberste Gerichtshof neu errichtet. Aufgrund des Justizpalastbrandes musste der Oberste Gerichtshof vorrübergehend, vom 18. Juli 1927 bis 14./16. September 1931 in die Herrengasse 17 (Landhausgasse 2-4, Bankgasse 3) übersiedeln.
Durch die Nationalsozialisten wurde der Oberste Gerichtshof am 28. Februar 1939 aufgehoben (ebenso die Generalprokuratur); die Zuständigkeit wurde dem Reichsgericht übertragen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde mit dem Behördenüberleitungsgesetz (Staatsgesetzblatt Nummer 47/1945 und Nummer 94/1945) der Oberste Gerichtshof wiederhergestellt und auf der Basis der Gesetze vom 7. August 1850 und vom 25. Jänner 1919 wieder eingerichtet und am 22. November 1945 die erforderliche Dienstposten besetzt.
Der Oberste Gerichtshof besitzt eine eigene Bibliothek, die sogenannte Zentralbibliothek.
Zuständigkeiten
- 7. August 1850: Aktivierung des Obersten Gerichtshofes, zuständig 19 Oberlandesgerichtssprengel inklusive Wien
- 1861: Übergabe der Zuständigkeiten für Ungarn und Siebenbürgen an die Ungarische Hofkanzlei
- 1919: Neuerrichtung als österreichischer Oberster Gerichtshof
- 28. Februar 1939: Auflassung des Obersten Gerichtshof, Zuständigkeiten gingen an das Reichsgericht
- April 1945: Wiedererrichtung des Obersten Gerichtshofes
Literatur
- Harald Schwarz: Der Oberste Gerichtshof. In: Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Wien. Band 96. 1986, S. 242 ff.
- Alfred Waldstätten: Staatliche Gerichte in Wien seit Maria Theresia. Beiträge zu ihrer Geschichte. Ein Handbuch. Innsbruck/Wien: StudienVerlag 2011 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 54)