Alexandrine von Schönerer
Alexandrine von Schönerer, * 5. Juni 1850 Wien, † 28. November 1919 Wien, Schauspielerin, Theaterdirektorin.
Biografie
Alexandrine von Schönerer war die Tochter von Matthias von Schönerer und Marie Anna Antonia Rehmanns. Ihr Vater wurde 1860 in der Ritterstand erhoben, weshalb seine Kinder, Alexandrine und Georg, ebenfalls den erblichen Adelstitel bekamen. Ihr Bruder war der deutschnationale und antisemitisch eingestellte Politiker Georg von Schönerer, von dem sich Alexandrine von Schönerer zu Lebzeiten distanzierte.
Alexandrine von Schönerer erlangte eine Schauspielausbildung bei August Förster, 1875 hatte sie ihr Debut als Schauspielerin am Stadttheater Baden. Die nächsten zehn Jahre war sie im deutschen Sprachraum tätig, unter anderem in Lübeck, Stettin und Danzig. Teilweise trat sie dort auch unter dem Pseudonym "Alexander" auf.
Theater an der Wien
Im Jahre 1884 kaufte Alexandrine von Schönerer mit ihrer Erbschaft das Theater an der Wien für 664.000 Gulden von Franz Jauner, da dieser keine Konzessionserteilung bekam. Der Kauf passierte wohl zwischen April und Juni, die Quellen sind hier uneinheitlich. Von 1884 bis 1900 war Alexandrine von Schönerer die Eigentümerin des Kaiserlich und Königlich privilegierten Theaters an der Wien. Dieses befand sich damals in der 6., Magdalenenstraße 8, welche ab 1905/1911 die 6., Linke Wienzeile 6 wurde.
Von 1885 bis 1889 verpachtete von Schönerer das Theater an Camillo Walzel und Franz Jauner als Direktoren. Unter der Direktion von Camillo Walzel und Franz Jauner erlebte das Theater an der Wien Erfolge, vor allem mit der klassischen Operette. Walzel übernahm zwischen 1885 und 1889 ebenfalls die Funktion der behördlichen Überwachung, als behördlicher Stellvertreter, der Informationen über das Theater weitergab. Zwischen Alexandrine von Schönerer und Franz Jauner gab es Unstimmigkeiten, welche 1889 Jauner zum Verlassen des Theaters bewogen. Jauners Tochter bestätigte in einem Zeitungsartikel im Neuen Wiener Tagblatt aus 1940, dass ihr Vater aufgrund von Meinungsverschiedenheiten und Unstimmigkeiten mit Alexandrine von Schönerer das Theater verließ.
Ab 1890 übernahm Alexandrine von Schönerer die Direktion des Theaters an der Wien. Sie brachte es zu großem Erfolg, was ihr viel Ruhm eintrug. Obwohl 1889 in der satirischen Zeitschrift Kikeriki ein Leserbrief veröffentlicht wurde, der sich über den scharfen Ton der neuen Direktorin von Schönerer beschwerte, scheinen die zeitgenössischen Meinungen zu ihr überwiegend positiv gewesen zu sein. Alexandrine von Schönerer gelang es, die Verbindung zwischen dem Theater an der Wien und Johann Strauß (Sohn) wieder aufzubauen. Unter ihrer Direktion wurde "Der Zigeunerbaron" erfolgreich uraufgeführt. Ebenfalls führte sie "La Bohéme" von Puccini in Wien als erste auf und verhalf dem Stück hier zum Erfolg, was ihr viel Anerkennung brachte. Sie pflegte in ihrem Theaterhaus die Gattungen der klassischen Operette, Prosa und auch Pantomime. Obwohl Alexandrine von Schönerer ihre schauspielerische Karriere beendet hatte, trat sie wenige Male am Theater an der Wien auf, wofür sie aufgrund ihrer Fähigkeiten von den Zeitungen gelobt wurde.
Am 30. April 1900 gab Alexandrine von Schönerer ihren Rücktritt als Direktorin des Theaters an der Wien bekannt. Am 29. April 1900 schrieb sie einen Brief an ihr Personal, in welchem sie Abschied nahm und über ihre bevorstehende Erholungsreise nach Rom informierte. Ihr Personal schrieb ebenfalls einen Abschiedsbrief, von allen Angestellten unterzeichnet, in dem Alexandrine von Schönerers Ära am Theater an der Wien hochgelobt und auch sie als Person sehr positiv beschrieben wurde. Dieser konnte allerdings aufgrund von von Schönerers Erholungsreise nicht zugestellt werden. Am 17. März 1900 verkaufte sie das Theater an der Wien für 1.000.000 Kronen und zog sich ins Privatleben zurück.
Alexandrine von Schönerer scheint öfters auf Kur- und Fremdenlisten verschiedener Kurorte auf, darunter auch in den Kurorten Baden bei Wien und Marienbad. Am 28. November 1919 verstarb sie in Wien.
Rund 100 Korrespondenzstücke von und an Alexandrine von Schönerer sowie ein Konvolut von Gastspielverträgen mit verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern befinden sich in der Wienbibliothek im Rathaus.
Quellen
- Matricula Online: Taufbuch der Paulanerkirche, 04. Wieden, Signatur: 01-19, folio 68v
- Wienbibliothek im Rathaus: Alexandrine von Schönerer
- Wienbibliothek im Rathaus: Schauspielerbriefe aus den Beständen der Handschriftensammlung der Wiener Stadtbibliothek, Signatur: H.I.N.-185313
- ANNO: Die neue Direction des Theaters an der Wien. In: Wiener Theaterzeitung, 01.07.1884, S. 1
- ANNO: Theater an der Wien. In: Signale für die musikalische Welt, Nr. 38, Leipzig, August 1884, S. 5
- ANNO: Im Theater an der Wien. In: Kikeriki, 08.09.1889, S. 3
- ANNO: Theater. Novitäten, Gastspiele, Abschiede, usw. In: Rundschau für Theater, Kunst und Literatur, Nr. 5, 04.05.1900, enthalten In: Radfahr-Sport: Zeitschrift für das gesamte Radfahrwesen, Nr. 18, 04.05.1900, VIII Jahrgang, S. 11 f.
- ANNO: Siegfried Löwy: Das 125 jährige Theater a. d. Wien. In: Die Bühne, Heft 84, 1926, S. 7 f.
- ANNO: Stefan John Ervine: Frauen als Theaterdirektoren. In: Die Bühne, Heft 95, 1926, S. 24 f.
- ANNO: Die Theaterdirektorin Alexandrine von Schönerer. In: Kleine Volks-Zeitung, 15.06.1944, S. 5
Literatur
- Österreichisches Biographisches Lexikon. Band 11. Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften 1997, S. 66 ff
- Wilhelm Kosch (Begründer) [Hg.]; Ingrid Bigler-Marshall (fortgeführt) [Hg.]: Deutsches Theaterlexikon - biographisches und bibliographisches Handbuch. Band 3: Pallenberg-Singer. Bern: Francke Verlag 1992, S. 2069
- Anton Bauer: 150 Jahre Theater an der Wien. Wien: Amalthea Verlag 1952
Alexandrine von Schönerer im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.