Theater an der Wien
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48° 11' 57.88" N, 16° 21' 51.34" E zur Karte im Wien Kulturgut
Für weitere Bedeutungen siehe Theater an der Wien (Begriffsklärung).
Theater an der Wien (6., Linke Wienzeile 6, Millöckergasse), uneinheitlicher Gebäudekomplex aus verschiedenen Bauperioden auf einer schmalen, von der Wienzeile bis zur Lehargasse reichenden Parzelle.
Geschichte
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Christian Roßbach, Prinzipal einer der 1770-1776 umherziehenden Schauspielertruppen, die in der Vorstadt Wieden Theatervorstellungen gaben, baute im Zuge eines Umbaus des Starhembergschen Freihauses in dessen großen Hof ein Theater (Freihaustheater), das von ihm an den Theaterdichter Johann Friedel und dessen Gesellschafterin Eleonore Schikaneder beziehungsweise nach Friedels Tod an diese allein fiel; daraufhin übernahm ihr damals in Regensburg engagierter Gatte Emanuel Schikaneder (Gedenktafel in der Vorhalle des Theaters an der Wien) das Theater, führte es bis 1801 und übersiedelte dann in das an der Wien neu erbaute Theater, das am 13. Juni 1801 mit der Oper „Alexander" von Franz Teyber eröffnet wurde. Sein weiteres Schicksal gestaltete sich sehr mannigfaltig, es wurden hier nicht nur Schauspiele, Opern, Operetten und Konzerte gegeben, sondern in der ersten Zeit auch Zirkusvorstellungen.
1803/1804 wohnte Ludwig van Beethoven im Theatergebäude, wo man ihm einige Zimmer eingeräumt hatte; er komponierte für das Theater seine Oper „Fidelio" (Uraufführung 20. November 1805; Gedenktafel Millöckergasse), auch sein Violinkonzert wurde hier uraufgeführt. Heinrich von Kleist verfasste für die Bühne sein „Käthchen von Heilbronn", Albert Lortzing dirigierte hier eigene Opern.
Eine Blütezeit erlebte das Haus unter Ferdinand Pálffy (der am 1. Oktober 1813 das Haus kaufte, das Theater aber bereits zuvor geleitet hatte), der hier die ersten Opern von Rossini und Weber inszenierte und Grillparzers „Die Ahnfrau" zur Uraufführung brachte (31. Jänner 1817). Als Pálffy 1825 Konkurs anmelden musste, wurde Carl Carl sein Nachfolger als Pächter (l825-1845), der dem Theater die führende Rolle unter den Wiener Volkstheatern sicherte; sein Ruhm gründete sich auf Johann Nestroy (acht Uraufführungen), Wenzel Scholz und Therese Krones. Viele Stücke Nestroys, der 1831 für das Theater gewonnen werden konnte, erlebten hier ihre Uraufführung.
Franz Pokorny eröffnete seine Direktorenzeit (1845-1850) mit Flotows „Alessandro Stradella". 1850-1862 war sein Sohn Alois Pokorny Direktor, der jedoch am 21. Mai 1862 den Konkurs anmelden musste. Daraufhin wurde das Theater mit Zustimmung des Gläubigerkonsortiums von Friedrich Strampfer übernommen (13. September 1862 bis Juli 1869); Theatersekretär war Maximilian Steiner. In diese Zeit fällt die „goldene Operettenära" (bis 1900), ebenso auch die Reihe großer „Offenbachiaden" (1865 Die schöne Helena [mit dem neuen Star Marie Geistinger ], 1866 Blaubart, 1867 Orpheus in der Unterwelt und Die Großherzogin von Gerolstein).
Nach Strampfer führte Maximilian Steiner ab 1. August 1869 bis 1880 (bis 15. Mai 1875 gemeinsam mit Marie Geistinger, die jedoch aus finanziellen Gründen ausschied) selbst die Direktion (am 22. März 1877 musste er Konkurs anmelden). Steiner entdeckte Ludwig Anzengruber (Uraufführungen seiner Stücke: 1870 Der Pfarrer von Kirchfeld, 1871 Der Meineidbauer, 1872 Die Kreuzelschreiber und 1874 Der G'wissenswurm), gewann Johann Strauß (Sohn) für die Operette (1871 Indigo und die 40 Räuber [Textbuch von Steiner, Geistinger als Star], 1906 mit neuem Textbuch unter dem Titel „1001 Nacht" in Gabor Steiners „Venedig in Wien" aufgeführt; 1873 Carneval in Rom; 1874 Die Fledermaus [mit Geistinger als Rosalinde, später mit Girardi als Notar Dr. Falke]; 1875 Cagliostro in Wien; 1880 Das Spitzentuch der Königin), präsentierte die (nicht erfolgreiche) Welt-Uraufführung von Offenbachs „Der schwarze Corsar" und engagierte auch Carl Millöcker (dessen bedeutendste Operetten allerdings erst unter Steiners Söhnen Gabor und Franz gespielt wurden [1882 Der Bettelstudent, 1884 Gasparone], die das Theater 1880-1884 leiteten). 1862/1863 stand Richard Wagner hier erstmals in Wien am Dirigentenpult (drei Konzerte). Ab 1874 gehörte Alexander Girardi dem Theater an. Am Ausklang der „Goldenen Operettenära" steht 1884-1900 die Direktion Alexandrine von Schönerer (1850-1919) mit ihrem Konsortium (Camillo Walzel [Künstlername als Librettist F. Zell], Franz von Jauner und [für kurze Zeit] Alexander Girardi).
Im 20. Jahrhundert (1900-1935) folgte die sogenannte „Silberne Operettenära", mit der der Name von Direktor Wilhelm Karczag (1901-1922) verbunden bleibt; Edmund Eysler, Leo Fall und Franz Lehár (dessen „Lustige Witwe" hier 483 Aufführungen en suite erlebte, die höchste Aufführungszahl, die ein Stück auf dieser Bühne bis dahin erreicht hatte) zählen zu seinen Entdeckungen. Karczags Schwiegersohn Hubert Marischka (1922-1935) konnte mit dem übernommenen Ensemble noch ein Jahrzehnt hindurch Erfolge erzielen (Aufführungen von Paul Abraham, Bruno Granichstaedten, Emmerich Kálmán und Oscar Straus), dann brach die Wirtschaftskrise herein und das Theater musste (nach einem Gastspiel des Josefstädter Theater unter der Regie Max Reinhardts) seine Pforten schließen. 1936-1938 folgte eine letzte Blüte des Theaters unter Arthur Hellmer, der mit Zarah Leander in Ralph Benatzkys „Axel an der Himmelstür" einen großen Erfolg verbuchen konnte. Mit der Abschiedsvorstellung am 31. Mai 1939 wurde der Theaterbetrieb eingestellt.
Am 6. Oktober 1945 wurde das Haus mit Beethovens „Fidelio" feierlich als Ausweichbühne der 1945 schwer beschädigten Staatsoper eröffnet. Die Staatsoper benützte das Haus bis 1955 (Direktion Franz Salmhofer). Danach sollte das Haus in einen Nutzbau verwandelt oder demoliert werden. Die Gemeinde Wien verhinderte im letzten Moment den Abbruch, kaufte das ehrwürdige Haus, ließ es unter Wahrung seines historischen Charakters nach Plänen von Otto Niedermoser grundlegend restaurieren beziehungsweise umbauen und eröffnete es am 28. Mai 1962 mit Werken von Mozart, Schubert und Beethoven als Wiener Festspielhaus. Das Theater hat sich seither als Musicalbühne durchgesetzt und europäischen Ruf erlangt (Der Mann von La Mancha, Gigi, Anatevka und so weiter).
1981 erfolgte eine Generalrenovierung (Einbau einer der modernsten Licht- und Tonanlagen der Welt); 1983-1988 wurde die Erfolgsproduktion „Cats" von Andrew Lloyd Webber gespielt, am 19. Dezember 1990 kam es zur Welt-Uraufführung des Musicals „Freudiana", am 23. September 1992 zur Erstaufführung des Musicals „Elisabeth". Seit 1987 gehört das Theater (mit dem Raimundtheater und dem Ronacher [ab 1993 an private Betreiber verpachtet]) zur „Vereinigte Bühnen Wien GmbH" (geschaffen als Pendant zum Österreichischen Bundestheaterverband), wobei der Hauptakzent der Aufführungen beim Musical liegt. 1996 begannen Überlegungen, das Theater auch wieder der Staatsoper für Opernaufführungen zugänglich zu machen.
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2003 wurde beschlossen, das Theater an der Wien neben Staats- und Volksoper als dritte Opernbühne Wiens zu führen; neben den „Großen" spielt als vierte Bühne die Kammeroper. Das bisher dem Musical vorbehaltene Haus (2003 wurde das 1992 hier uraufgeführte Musical „Elisabeth" neuerlich auf den Spielplan gesetzt) wird ab 2007 unter neuer Intendanz mit einem Programm bespielt, das von der Barockoper bis zur Avantgarde reicht. Dem Musical steht so (neben dem Raimundtheater, in dem 2003 Rainhard Fendrichs „Wake up" erfolgreich ins Programm genommen worden ist) auch das Ronacher zur Verfügung.
Im Keller des Gebäudes war das Kabarett „Die Hölle" untergebracht, nach 1945 befand sich hier ein von Erika Hanka eingerichteter Probenraum für das Staatsopernballett.
Direktoren
- Emanuel Schikaneder (1801-1802, 1805-1806)
- Bartholomäus Zitterbarth (1802-1804)
- Peter Freiherr von Braun (1804-1806)
- Die Gesellschaft der Cavaliere (1806-1813)
- Ferdinand Graf Pálffy von Erdöd (1813-1825)
- Carl Carl (1825-1845)
- Franz Pokorny (1845-1850)
- Alois Pokorny (1850-1862)
- Friedrich Strampfer (1862-1869)
- Marie Geistinger und Maximilian Steiner (1869-1875 Steiner allein 1875-1880)
- Franz Steiner (1880-1884)
- Alexandrine von Schönerer (1884-1900)
- Karl Langkammer (1900-1901)
- Wilhelm Karczag (1901-1923)
- Hubert Marischka (1925-1935)
- Hans Knappl (1935-1936)
- Arthur Hellmer (1936-1938)
- 1945-1955 Ausweichbühne der Slaatsoper, dann geschlossen:
- Fritz Klingenbeck (1962-1965)
- Rolf Kutschera (1965-1983)
- Peter Weck (1983-1992)
- Rudi Klausnitzer (seit Jänner 1993)
Schauspielerinnen und Schauspieler
Im Wien Geschichte Wiki gibt es 141 Einträge von Personen, die im Theater an der Wien engagiert waren.
BildName des Bildes | Name | BerufBeruf | GeburtsdatumDatum der Geburt | SterbedatumSterbedatum |
---|---|---|---|---|
Susanne Almassy | Schauspielerin | 15 Juni 1916 | 16 Februar 2009 | |
Karl Bachmann | Schauspieler Regisseur | 7 September 1883 | 28 April 1958 | |
Eduard Balzar | Schauspieler Bühnenschriftsteller Regisseur | 13 März 1815 | 27 April 1893 | |
Rosy Barsony | Schauspielerin | 5 Juni 1909 | 23 März 1977 | |
Adele Beckmann | Sängerin Schauspielerin | 4 Juni 1816 | 3 November 1885 | |
![]() | Friedrich Beckmann | Schauspieler Charakterkomiker | 13 Januar 1803 | 7 September 1866 |
![]() | Leopoldine Berg | Schauspielerin | 12 November 1842 | 29 Januar 1894 |
Herbert Berghof | Schauspieler | 13 September 1909 | 5 November 1990 | |
Alois Berla | Schauspieler Sänger Schriftsteller | 7 März 1826 | 17 Februar 1896 | |
![]() | Carl Blasel | Schauspieler Theaterdirektor | 16 Oktober 1831 | 16 Juni 1922 |
Amalie Bleibtreu | Schauspielerin | 2 Januar 1835 | 26 August 1917 | |
![]() | Hedwig Bleibtreu | Schauspielerin | 23 Dezember 1868 | 24 Januar 1958 |
Gustav Braunmüller | Schauspieler Regisseur | 14 Juli 1811 | 5 August 1881 | |
Max Brod (Sänger) | Schauspieler Operettensänger | 21 April 1880 | 28 Juli 1959 | |
Kathinka Buchwieser | Sängerin Schauspielerin | 24 Mai 1789 | 9 Juli 1828 | |
… weitere Ergebnisse |
Gebäude
Zum Gebäude siehe Theater an der Wien (Gebäude).
Videos
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 104, A8: 42 - Theater an der Wien
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 471, A2: Theater an der Wien
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P17: 100000(prov) - 6., Linke Wienzeile 6: Theater an der Wien, 27.3.1800
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P17: 110974.3 - Theatergrundrisse: 6., Linke Wienzeile 6: Theater an der Wien, laut Plancirculation 1891, 1912
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Pläne und Karten: Sammelbestand, P1: 1154 - Theater an der Wien, 1912
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 438, A32: 11 - Ausstellungsmaterial: Zur Geschichte des Theaters an der Wien, 1960
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Nachlässe: 50 - Nachlass Niedermoser: P1 - Pläne: 1 - Theater an der Wien, 1950-1962
- Wien Museum Online Sammlung: hochauflösende Abbildungen zur Theater an der Wien
Literatur
- Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.-12. Bezirk. Salzburg: Residenz-Verlag 1990, S. 187
- Richard Bamberger [Hg.]: Österreich-Lexikon in zwei Bänden. Wien: Verlags-Gemeinschaft Österreich-Lexikon 1995
- Anton Bauer: 150 Jahre Theater an der Wien. 1952
- Raoul Biberhofer: Das Theater an der Wien 1801-1926. Festschrift 1926
- Ernest Blaschek [Hg.]: Mariahilf einst und jetzt. Wien [u.a.]: Gerlach & Wiedling 1926 (Wiener Heimatbücher), S. 262 ff.
- Walther Brauneis: Die Generalrestaurierung des Theaters an der Wien. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege. Hg. vom Österreichischen Bundesdenkmalamt. Horn/Wien: Berger / Wien/München: Schroll 36 (1982), S. 33 ff.
- Bundesdenkmalamt [Hg.]: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Wien. II. bis IX. und XX. Bezirk. Wien 1993, S. 250 f.
- Hermine Cloeter: Häuser und Menschen von Wien. 1920, S. 28 ff, S.50
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 1: Geschichte, historische Hilfswissenschaften, Festungswerke und Kriegswesen, Rechtswesen, Kulturgeschichte, Sittengeschichte. Wien: Touristik-Verlag 1947, S. 427 ff.
- Franz Hadamowsky: Wien – Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1988, S. 507 ff, S. 615 ff.
- Franz Hadamowsky: Das Theater an der Wien. Festschrift 1962
- Helmut Kretschmer: Mariahilf. Geschichte des 6. Wiener Gemeindebezirks und seiner alten Orte. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1992 (Wiener Heimatkunde, 6), S. 136 ff.
- Tadeusz Krzeszowiak: Theater an der Wien. Seine Technik und Geschichte 1801-2011. Wien: Böhlau 2002
- Attila E. Lang: Das Theater an der Wien. Vom Singspiel zum Musical. 1976
- Österreichische Musikzeitschrift (ÖMZ). Wien [u.a.]: Böhlau 17 (1962), S. 127 ff.
- F. M. Rebhann: 150 Jahre Theater an der Wien. In: ebenda, 9 ff.
- Sternstunden im Theater an der Wien. In: Österreichische Musikzeitschrift (ÖMZ). Wien [u.a.]: Böhlau 1962
- Das Theater an der Wien in neuem Glanz. In: Wien aktuell. Revue einer europäischen Metropole. Wien: Jugend & Volk 1 (1962), S. 4 ff.
- Das Wiener Heimatbuch – Mariahilf. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft des Mariahilfer Heimatmuseums. Wien: Austria Press 1963, S. 191 ff.
- Wiener Schriften. Hg. vom Amt für Kultur, Schulverwaltung der Stadt Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 42 (1978), S. 253 ff.
- Paul S. Ulrich: Wiener Theater (1752–1918). Dokumentation zu Topographie und Repertoire anhand von universalen Theateralmanachen und lokalen Theaterjournalen. Mit einem Überblick zu Zeitungen mit Theaterreferaten und deren Referenten. Wien: Hollitzer 2018 (= Topographie und Repertoire des Theaters 1), S. 64-70