Alexander Girardi
Girardi Alexander, * 5. Dezember 1850 Graz, † 20. April 1918 Wien, Sanatorium Loew, Schauspieler, Komiker, Operettensänger, erste Gattin Helene Odilon (die Ehe wurde geschieden), zweite Gattin (10. Oktober 1898 Bad Ischl) Leonie von Latinovicz († 20. Mai 1918 Wien), Ziehtochter des Klavierfabrikanten Ludwig Bösendorfer.
Biografie
Theater
Girardi wurde am 5. Dezember 1850 in Graz als Sohn des Schlossermeisters Andreas Girardi und dessen Frau Marie Spindler geboren. Der Vater starb 1858, woraufhin die Mutter Ignaz Sučič heiratete, den ersten Gesellen ihres verstorbenen Mannes, der inzwischen selbst Meister geworden war. Girardi begann eine Schlosserlehre im Betrieb des Stiefvaters und sammelte daneben erste Bühnenerfahrungen in Haus- und Liebhabertheatern. Bis zum Tod des Stiefvaters 1868 arbeitete er als Schlosser, erst danach konnte er sich gänzlich – und zunächst ohne das Wissen der Mutter – dem Theater zuwenden. Ohne je Schauspiel- oder Gesangsunterricht genommen zu haben, debütierte Girardi am 1. Juni 1869 in Nestroys Posse "Tritsch-Tratsch" am Kurtheater des steirischen Badeortes Rohitsch-Sauerbrunn, dessen Leitung Julius Böhm innehatte. Er verkörperte den Tabakkrämer Sebastian Tratschmiedel und erntete großen Beifall. Nach dem Engagement in Rohitsch-Sauerbrunn ging er nach Krems (1869/1870), dann einen Sommer lang nach Karlsbad sowie nach Bad Ischl (1870) und Salzburg (1870/1871), um schließlich 1871 ans neu eröffnete Strampfertheater in Wien zu kommen. Hier debütierte er als Diener Lorenz in dem Schwank "Nur zwei Gläschen". In weiterer Folge trat er mit Josefine Gallmeyer und seinem langjährigen Rivalen Felix Schweighofer auf und erwarb sich rasch die Gunst des Publikums sowie der Theaterkritiker. 1874 verpflichteten ihn Marie Geistinger und Maximilian Steiner ans Theater an der Wien, wo er seine größten Erfolge feiern konnte und 22 Jahre lang Mitglied des Ensembles war. Er wirkte dort als erster Jugendlicher und Gesangskomiker und debütierte am 12. Juni 1874 in O. F. Bergs "Erinnerungen an bessere Zeiten". 1878 erhielt Girardi als Goasbua Andredl im "Verwunschenen Schloß" seine erste große Rolle in einer Millöcker-Operette. Zum letzten Mal stand er am 31. Mai 1896 als Zsupán in der Operette "Der Zigeunerbaron" auf der Bühne des Theaters an der Wien. 1896/1897 wechselte er für eine Saison an das Wiener Carltheater, anschließend war er von 1898 bis 1900 im Deutschen Volktheater als Charakterdarsteller zu sehen. Danach folgten Gastspiele am Theater in der Josefstadt, am Raimund-, Johann-Strauß- und Stadttheater sowie Auftritte in Berlin, Hamburg und Dresden. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs zog er sich aus der Welt des Theaters zurück, stand jedoch ab Februar 1918, zwei Monate vor seinem Tod, noch einmal im Rampenlicht, als er an das Wiener Burgtheater berufen wurde, wo er als Fortunatus Wurzel in Raimunds "Der Bauer als Millionär" debütierte.
Film
Bei der Sascha-Film drehte Girardi 1913 den Spielfilm "Der Millionenonkel" (Regie: Hubert Marischka; Drehbuch: Ernst Marischka). Die überaus erfolgreiche Großproduktion präsentiert den Star in fünf Akten in mehr als 30 seiner populärsten Theaterrollen. Berühmtheit hatte Girardi insbesondere für seine Interpretation Raimundʼscher Gestalten wie etwa der Figur des Valentin erlangt. Darüber hinaus begeisterte er in komischen Rollen in den Operetten von Johann Strauß, Carl Millöcker, Edmund Eysler und Franz Lehár. Durch seinen Vortrag fanden viele Lieder und Couplets ein breiteres Publikum im gesamten deutschsprachigen Raum. Wenig bekannten oder überhaupt unbekannten Kompositionen verhalf er zu bleibendem Erfolg, so etwa dem "Fiakerlied" von Gustav Pick, das er am 24. Mai 1885 auf einem Praterfest der Fürstin Pauline Metternich in der Rotunde unter großem Beifall interpretierte.
Ehrungen
[[Datei:Girardidenkmal.jpg|390px|thumb|right|Das Girardidenkmal in der Friedrichstraße Träger des Iffland-Rings; Ölporträt von Carry Hauser in der Burgtheatergalerie (als Fortunatus Wurzel in Raimunds "Der Bauer als Millionär"). In der Friedrichstraße im 1. Bezirk wurde 1929 das Girardidenkmal errichtet; in Wien-Mariahilf ist seit 1918 eine Gasse nach dem Künstler benannt (Girardigasse).
Sammlung Alexander Girardi
Die Sammlung Alexander Girardi (4 Folioboxen, 1 Sonderformatbox) aus dem Besitz von Hugo Wiener (und zuvor von Hubert Marischka sowie von Alfred Pick) gelangte 2014 an die Wienbibliothek im Rathaus.
Quellen
- Sammlung Alexander Girardi, Wienbibliothek im Rathaus, ZPH 1697
- Mappen "Alexander Girardi", Wienbibliothek im Rathaus, Dokumentation, TP 015100
- Wiener Stadt- und Landersarchiv, BPD Wien: Historische Meldeunterlagen, K11: Meldezettel Alexander Girardi
- Wiener Stadt- und Landersarchiv, Hauptarchiv-Akten Persönlichkeiten, A1: G13 - Alexander Girardi (1918-1920)
- ÖNB-Anno: Kinematographische Rundschau, 07.09.1913, S. 45
- ÖNB-Anno: Kinematographische Rundschau, 21.09.1913, S. 71
- Wienbibliothek Digital: Alexander Girardi
Literatur
- Rudolf Holzer: Die Wiener Vorstadtbühnen. Alexander Girardi und das Theater an der Wien. Wien: Österreichische Staatsdruckerei 1951
- "Girardi". Kinematographische Rundschau, Sondernummer zum Film "Der Millionenonkel", August 1913
- Hella Klang: Alexander Girardis Leben und Bühnentätigkeit. Diss. Univ. Wien. Wien 1937
- Eduard Lunzer: Girardinetto. Gesammelte Skizzen aus Alexander Girardiʼs Künstler-Laufbahn. Wien: Selbstverlag 1894
- Neue österreichische Biographie. 1815 – 1918. Band 1. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1923
- Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
- Herwig Rischbieter [Hg.]: Theater-Lexikon. Zürich: Orell Füssli 1983
- Beatrix Schiferer: Alexander Girardi. Ein Wiener aus Graz. Wien, München: Jugend & Volk 1975
Alexander Girardi im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.