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Theater unter den Tuchlauben (Strampfertheater; 1., Tuchlauben 12, Teil, alte Nummer 558; "Zum roten Igel"), ursprünglich ein Konzertsaal der Gesellschaft der Musikfreunde, die das Haus 1825 erwarb, 1829 einen Wettbewerb zum Umbau ausschrieb und denselben 1830/1831 (Grundsteinlegung am 6. Juni 1830, Eröffnung im Frühjahr 1831) durch Architekt Lössl durchführen ließ (Altes Musikvereinsgebäude).
1870 übersiedelte die Gesellschaft in ihr neues Haus am Karlsplatz (Neues Musikvereinsgebäude).
Am 8. März eröffnete Anton Küstner (eigentlich Köstler) hier nach langen Verhandlungen mit dem Wiener Statthalter ein Vaudevilletheater, an dem Einakter und mehraktige Stücke gezeigt wurden, Burlesken, Possen und Operetten. Doch schon bald wurden gegen den Betrieb "moralische Bedenken" ausgesprochen und rankten sich eine Reihe von Intrigen um die Leitung, ehe Küstner selbst aus "Gesundheitsrücksichten" seine Intendanz an den Schauspieler Emil Siebert übergab.
Im November 1870 erwarb der Pächter des Theaters an der Wien, Friedrich Strampfer, das Theater von der Gesellschaft der Musikfreunde. 1871 ließ Strampfer das Haus von den Architekten Josef Schiedt und F. Hutzler umbauen und zu einem in Weiß und Gold gehaltenen Logentheater (28 Logen und 600 Sitze) umgestalten, die Eröffnung fand am 12. September 1871 statt, gespielt wurden drei Einakter: ein Schauspiel, ein Lustspiel und Offenbachs Operette Dorothea.
Das Theater wurde daraufhin meist nach ihm "Strampfertheater" genannt. Strampfer engagierte tüchtige Schauspieler, darunter Felix Schweighofer und Alexander Girardi (der in "Nur zwei Gläschen" debütierte); am 19. Dezember 1872 trat Josefine Gallmeyer erstmals auf. Am 2. April 1874 wurde das Theater geschlossen, es kam zu verschiedenen Schaustellungen, doch Ende September ging Strampfer in Konkurs.
Unter der neuen Direktion Gallmeyer-Rosen (fußend auf einem noch mit Strampfer am 22. Jänner 1874 geschlossenen Pachtvertrag zwischen ihm und Josefine Gallmeyer sowie Julius Rosen, eigentlich Nikolaus Duffek) wurde am 12. September 1874 eine neue Theatersaison eröffnet, doch konnte das Ende damit nur hinausgezögert werden.
1875 folgte Robert Löwe als neuer Leiter, der bis 1872 das Orpheum geleitet hatte. Löwe bat darum, sein Varietékonzept am neuen Standort weiterführen zu dürfen, was auch genehmigt wurde. Der Zuschauerraum wurde neuerlich umgebaut, erneut fanden sich nun statt Sitzreihen Tische und Stühle im Parkett des Speisesaals, während auf der Bühne Varietéaufführungen geboten wurden.
1879 schien es, als würde wieder ein Theater aus dem Saal, doch da der nunmehrige Interessent, der Schauspieler Heinrich W. Völkel, nur zeitweise hier spielen lassen wollte, wurde sein Ansuchen nach einigen Wochen der Nutzung schließlich abgelehnt.
Anfang 1880 pachtete Julius Megerle von Mühlfeld, der Sohn des Theaterdirektors Georg Megerle von Mühlfeld, das immer noch als "Strampfertheater" firmierende Unternehmen. Nachdem Megerle aber ein Programm bot, gegen das sich Strampfer vehement stellte, musste der Betrieb in "Tuchlaubentheater" umbenannt werden. Es gab Elevenaufführungen, exotische Darbietungen wie falsche "Ringkämpfe von Zulus" und sonstige Darbietungen, die wegen ihrer "Wildheit" als unschicklich gewertet und scharf kritisiert wurden.
Bald schon wechselte das "Tuchlaubentheater" erneut seinen Besitzer. Das Gebäude wurde von Mattoni gekauft und von Johann Fürst gepachtet, der für sein Theaterunternehmen im Prater ein winterfestes Quartier suchte. Doch dieses Mal kam es nicht mehr zum Umbau in ein Theater, denn die kommissionelle Besichtigung ergab - kurz vor dem Brand des Ringtheaters am 8. Dezember 1881 -, dass das Gebäude den neuen feuerpolizeilichen Vorgaben nicht mehr entsprach. "Das Haus wurde abgerissen, und an seiner Stelle entstand ein Geschäfts- und Wohnhaus." (Franz Hadamowsky)
Das Theater bestand als Organisation noch bis 1874, als es wegen Insolvenz schließen musste.
Schauspielerinnen und Schauspieler
Im Wien Geschichte Wiki gibt es 8 Einträge von Personen, die im Theater unter den Tuchlauben engagiert waren.
BildName des Bildes | Name | BerufBeruf | GeburtsdatumDatum der Geburt | SterbedatumSterbedatum |
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Leopoldine Berg | Schauspielerin | 12 November 1842 | 29 Januar 1894 | |
Ludmilla Dietz | Schauspielerin | 25 Juli 1836 | 15 Juni 1896 | |
Caroline Finaly | Operettensängerin | 25 Juli 1849 | 14 Juni 1934 | |
Josefine Gallmeyer | Schauspielerin Sängerin Tänzerin Schriftstellerin Soubrette | 27 Februar 1838 | 3 Februar 1884 | |
Alexander Girardi | Schauspieler Sänger Operettensänger | 5 Dezember 1850 | 20 April 1918 | |
Anton Gruber | Volksdichter Komponist Schauspieler Dichter Volkssänger | 1850 | 1919 | |
Felix Schweighofer | Schauspieler Sänger Komiker | 20 November 1842 | 28 Januar 1912 | |
Friedrich Strampfer | Schauspieler Theaterdirektor | 23 Mai 1823 | 8 April 1890 |
Literatur
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 1: Geschichte, historische Hilfswissenschaften, Festungswerke und Kriegswesen, Rechtswesen, Kulturgeschichte, Sittengeschichte. Wien: Touristik-Verlag 1947, S. 419
- Franz Hadamowsky: Wien – Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1988, S. 676-680
- Jahrbuch des Strampfertheaters. Wien: Eigenverlag 1872
- Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 99 f.
- Hans Pemmer: Das Strampfertheater unter den Tuchlaben und sein Repertoire. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 19 (1964), S. 353 ff.