Volkstheater (Institution)
48° 12' 18.83" N, 16° 21' 25.38" E zur Karte im Wien Kulturgut
Volkstheater (ehemals Deutsches Volkstheater; 7., Arthur-Schnitzler-Platz 1; bis 2016 Adresse Neustiftgasse 1, Burggasse 2, Museumstraße 2A).
Gebäude
Zum Gebäude siehe Volkstheater (Gebäude).
Institution
Das vom Volkstheater-Verein errichtete Theater wurde am 14. September 1889 mit der Uraufführung von Ludwig Anzengrubers Volksstück "Der Fleck auf der Ehr"' eröffnet. Es wurde mit dem Ziel gegründet, ein Kontrastprogramm zum Burgtheater zu bieten; einem breiten Publikum sollten aktuelle Zeitstücke, Volksstücke, österreichische Dramen und Klassiker zugänglich gemacht werden.
Bis zum Ersten Weltkrieg wurden Uraufführungen und Erstaufführungen zahlreicher Stücke von Hermann Bahr, Karl Schönherr und Henrik Ibsen geboten, unter Direktor Paul Barnay folgten expressionistische Dramen (in Ausstattungen von Oskar Strnad), unter Direktor Rudolf Beer zeitgenössische Dramatik (beispielsweise Bert Brecht und Franz Theodor Csokor [der am Volkstheater auch als Dramaturg wirkte]), unter Direktor Jahn hingegen Boulevardkomödien.
In den ersten Jahrzehnten gehörten zu den Stars Adele Sandrock, Helene Odilon, Rosa Retty, Raoul Aslan, Alexander Girardi, Fritz Kortner, Max Pallenberg und Willy Thaller.
In der nationalsozialistischen Ära (1938-1944 [kriegsbedingte Theatersperre]) war das Volkstheater das Sprechtheater der Deutschen Arbeitsfront. Bereits unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg (Eröffnung am 13. Mai 1945 mit "Die Katakomben") begann die Umgestaltung zu einem echten Ensembletheater, dessen Mitglieder großteils legendären Rang erreichten.
Das Volkstheater wurde eine GmbH, der Österreichische Gewerkschaftsbund gründete die Volkstheater-Gemeinde.
Unter Direktor Leon Epp fanden zahlreiche österreichische Erstaufführungen zeitgenössischer Dramen statt (beispielsweise Friedrich Dürrenmatt, Max Frisch, Rudolf Hochhuth und [nach der Aufhebung des Boykotts] wieder Bert Brecht), Direktor Gustav Manker förderte Nestroy- und Schnitzler-Aufführungen, brachte aber auch junge österreichische Autoren (Wolfgang Bauer, Peter Turrini), und Direktor Paul Blaha wandte sich verstärkt politisch engagierten Stücken, Volksstücken und Possen zu.
In der Saison 1953/1954 begründete Direktor Epp gemeinsam mit dem damaligen Arbeiterkammerpräsident Karl Mantler und dem Bildungsreferenten des Österreichischen Gewerkschaftsbunds Franz Senghofer das Projekt "Volkstheater in den Außenbezirken" (beginnend mit Shaws "Helden" in Stadlau); derzeit werden (mit der Wiener Arbeiterkammer) fast zwei Dutzend Spielstellen betreut.
1984 wurde eine Schauspielschule eröffnet.
Mit der Saison 2020/2021 beginnt die neue Spielzeit unter der Intendanz von Kay Voges, der seit 2010 sehr erfolgreich das Schauspiel Dortmund leitete. Mit der Übernahme des Volkstheaters gestaltete er es in ein multimediales Theater um, das nicht nur auf klassische Theaterästhetik setzt, sondern auch mit den Mitteln des Digitalen arbeitet. Das Volkstheater erfährt dadurch eine neue Denkrichtung und zeigt sich mehr denn je, als oppositionellen Geist. Das Programm soll nun aus gegenwärtiger und neu gelesener Dramatik bestehen, sich auf Grenzgängen zwischen Darstellender und Bildender Kunst bewegen, zu musikalischen und choreographischen Produktionen einladen und nach diskursiven und partizipativen Formaten Ausschau halten. Die Leitung der Bezirke übernimmt Calle Fuhr.
Seit der Intendanz unter Kay Voges folgt die Benennung aller Spielstätten einem Code. V°T//Volkstheater steht für die Hauptbühne, V°T//Bezirke für die Spielstätten der Bezirke Tournee, V°T//Rote Bar steht für die Veranstaltungen in der Roten Bar, V°T//Weißer Salon bezeichnet den nun als Ausstellungsort genutzen Salon im Haupthaus, V°T//Dunkelkammer bezeichent die experimentelle Spielstätte unter dem Dach, V°T//Volx ersetzt die Bezeichnung Volx/Margareten und der V°T//Fansektor leitet Führungen, Vor- und Nachgespräche, Probenbesuche, Diskussionsveranstaltungen, etc.
Das Teilarchiv befindet in der Wienbibliothek im Rathaus.
Direktionen
- Emmerich von Bukovics (1889-1905)
- Adolf Weisse (1905-1916)
- Karl Wallner (1916-1918)
- Alfred Bernau (1918-1924)
- Dr. Rudolf Beer (1924-1932)
- Rolf Jahn (1932-1938)
- Bruno W. Ilz (1938-1944)
- Günther Haenel (1945-1948)
- Paul Barnay (1948-1952)
- Leon Epp (1952-1968)
- Gustav Manker (1969-1979)
- Paul Blaha (1979-1987)
- Emmy Werner (1988-2005)
- Michael Schottenberg (2005-2015)
- Anna Badora (2015-2020)
- Kay Voges (2020-2024)
- Jan Philipp Gloger (ab Herbst 2024)
Schauspielerinnen und Schauspieler
Im Wien Geschichte Wiki gibt es 212 Einträge von Personen, die im Volkstheater (Institution) engagiert waren.
BildName des Bildes | Name | BerufBeruf | GeburtsdatumDatum der Geburt | SterbedatumSterbedatum |
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Susanne Almassy | Schauspielerin | 15 Juni 1916 | 16 Februar 2009 | |
Josef Hermann Altmann | Schauspieler Regisseur | 1 Januar 1845 | 1 Februar 1910 | |
Anton Amon (Schauspieler) | Schauspieler | 23 März 1862 | 11 September 1931 | |
Babett Arens | Schauspielerin Regisseurin | 7 Juli 1959 | ||
Raoul Aslan | Schauspieler Regisseur | 16 Oktober 1886 | 17 Juni 1958 | |
Erich Auer | Schauspieler | 14 April 1923 | 16 Dezember 2004 | |
Wilfried Baasner | Schauspieler | 28 Mai 1940 | 28 März 2006 | |
Karl Bachmann | Schauspieler Regisseur | 7 September 1883 | 28 April 1958 | |
John Banner | Schauspieler | 28 Januar 1910 | 28 Januar 1973 | |
Paul Barnay | Schauspieler Schriftsteller Theaterdirektor | 27 März 1884 | 13 Juni 1960 | |
… weitere Ergebnisse |
Bilder
Videos
Hinter den Kulissen vom Volkstheater. (wien.at, Erstausstrahlung 19.04.2017)
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 104, A8: 46 - Volkstheater; Deutsches Volkstheater
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 471, A2: Volkstheater
- Wien Museum Online Sammlung: hochauflösende Abbildungen zum Volkstheater
- Wienbibliothek im Rathaus: Teilarchiv Volkstheater Wien
- Wienbibliothek im Rathaus: Fotografiensammlung Volkstheater - Schauspielerporträts
- Wienbibliothek im Rathaus: Sammlung Volkstheater Wien - Emmy Werner
Literatur
- Das neue Volkstheater Festschrift, hgerausgegeben aus Anlass der Renovierung 1980/81. Wien: Eigenverlag 1981
- Festschrift 75 Jahre Volkstheater. Wien: Eigenverlag 1964
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 1: Geschichte, historische Hilfswissenschaften, Festungswerke und Kriegswesen, Rechtswesen, Kulturgeschichte, Sittengeschichte. Wien: Touristik-Verlag 1947, S. 432 f.
- Franz Hadamowsky: Wien – Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1988
- Verena Keil-Budischowsky: Die Theater Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1983 (Wiener Geschichtsbücher, 30-32), S. 340 ff.
- Verena Keil-Budischowsky: 100 Jahre Volkstheater. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 44 (1989), S. 102 ff.
- Evelyn Schreiner [Hg.]: 100 Jahre Volkstheater Theater. Zeit. Geschichte. Wien: Eigenverlag 1989
- Paul S. Ulrich: Wiener Theater (1752–1918). Dokumentation zu Topographie und Repertoire anhand von universalen Theateralmanachen und lokalen Theaterjournalen. Mit einem Überblick zu Zeitungen mit Theaterreferaten und deren Referenten. Wien: Hollitzer 2018 (= Topographie und Repertoire des Theaters 1), S. 21-24
Volkstheater Wien im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus