Volkstheater (Gebäude)
48° 12' 18.83" N, 16° 21' 25.38" E zur Karte im Wien Kulturgut
Volkstheater (ehemals Deutsches Volkstheater; 7., Arthur-Schnitzler-Platz 1; bis 2016 Adresse Neustiftgasse 1, Burggasse 2, Museumstraße 2A).
Gebäude
Das Volkstheater wurde 1887-1889 von Ferdinand Fellner und Hermann Helmer in Neorenaissanceformen (schräg zur Stadt gerichtete zweigeschoßige Fassade, Kuppel über dem Mittelfoyer) auf einem vom Stadterweiterungsfonds billig überlassenen Grundstück für den (1887 gegründeten) Verein des Deutschen Volkstheaters errichtet. Der Bau wurde nach dem Brand des Stadttheaters (später Ronacher) beschlossen, da ein Wiederaufbau der zerstörten Bühne wegen des neuen Theatergesetzes, wonach die Theater nach allen Seiten freistehen mussten, unmöglich geworden war.
Fellner (Bauleitung) und Helmer schufen mit dem Volkstheater einen neuen Typus, der in zahlreichen Städten der Monarchie Nachahmung gefunden hat. Die Außenskulpturen stammen von Franz Vogl, jene im Inneren von Theodor Friedl, die Malereien (Deckenbilder und Hauptvorhang) stammen von Eduard Veith.
1907/1908 wurde ein Zubau errichtet, 1939 die Fassade vereinfacht. 1980/1981 wurde im Zuge einer Generalinstandsetzung auch die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Kuppel neu errichtet, 1981 die Inneneinrichtung in den Originalzustand zurückversetzt. Rechts neben dem Theater, an der Ecke des (restlichen) Weghuberparks, steht das Raimunddenkmal, vor der linken Flanke (Burggasse) das Niesedenkmal; am Gebäude (Burggasse) Gedenktafel für Direktor Rudolf Beer.
Im Herbst 2019 begannen Sanierungsarbeiten. Damit beauftragt wurde die ARGE Volkstheater: FCP, Dietrich Untertrifaller Architekten, Architekt van der Donk. Sie orientierten sich an den Originalplänen der Entstehungszeit. Noch während des Spielbetriebs in der Saison 2019/2020 wurde entsprechend der restauratorischen Befundungen mit den Arbeiten an der vielfältig strukturierten Fassade begonnen. Die Erhaltungsmaßnahmen am Außenbau umfassten neben der Reinigung und Sanierung der Fassade, der Instandsetzung der bauzeitlichen Kastenfenster, der Außentüren und Terrassen auch die bituminöse Abdichtung und Kiesschüttung der Flachdächer. Denn ein massives Problem war das jahrelang in das Gebäude sickernde Regenwasser. Die Kuppeln wurden mit Zementfaserplatten in Anlehnung an die historische Schieferdeckung gedeckt und die aus Zinkblech gefertigten Teile wie Gaupen, Laternen etc. entsprechend dem bauzeitlichen Bestand saniert. Die Erhaltungsmaßnahmen der Innenräume umfassten neben der Reinigung und Neufassung der historischen Oberflächen im Theatersaal, der Roten Bar sowie der Gänge und im Foyer auch notwendige Ergänzungen. Die Beleuchtungen im Zuschauertrakt wurden, so es sich um historische Beleuchtungskörper handelte, saniert beziehungsweise erneuert. Im Foyer zum Beispiel wurden die Elektrokerzenhalter in Anlehnung an den Originalzustand der Entstehungszeit durch Glaskörper im Stil des Historismus ersetzt.
Zugunsten der Barrierefreiheit wurde unter anderem auch der Eingang zur Tageskassa adaptiert, die Türen mit einem motorischen Türöffner ausgestattet und die verschiedenen Ebenen des Hauses mit einem neuen Personenaufzug erschlossen. Die weiteren baulichen Maßnahmen umfassten sowohl den Bühnen- als auch den Zuschauertrakt. Der Bühnenraum Richtung Burggasse wurde erweitert und eine neue Seitenbühne samt neuem Anlieferungsportal errichtet sowie die Bühnentechnik erneuert. Eine Errungenschaft im Bereich des Zuschauertraktes ist wohl die durch entsprechende Maßnahmen eigenständige Bespielbarkeit der Roten Bar sowie die Installierung eines neuen Cafés an der Südfassade. Im Zuge dieser Umbauarbeiten kam es unter anderem zur Neuerrichtung von Lüftungsanlagen, Garderoben, WC-Anlagen, Verwaltungsräumen und der Tageskassa. Wie schon zu seiner Entstehungszeit legte man auch bei dieser Generalsanierung großes Augenmerk auf den Brandschutz. Im Fokus standen sowohl die Errichtung von Brandabschnitten als auch die Ausführung der Brandschutzanforderungen bei den Möblierungen und Verkleidungen. Mit der Fertigstellung der Sanierungsarbeiten 2020 schließt sich der Kreis nach über 130 Jahren. War das Volkstheater zu Baubeginn moderner als das Burgtheater, so kann es dies wohl auch heute wieder für sich beanspruchen.
Institution
Zur Institution siehe Volkstheater (Institution). Das Teilarchiv befindet in der Wienbibliothek im Rathaus.
Direktionen
- Emmerich von Bukovics (1889-1905)
- Adolf Weisse (1905-1916)
- Karl Wallner (1916-1918)
- Alfred Bernau (1918-1924)
- Dr. Rudolf Beer (1924-1932)
- Rolf Jahn (1932-1938)
- Bruno W. Ilz (1938-1944)
- Günther Haenel (1945-1948)
- Paul Barnay (1948-1952)
- Leon Epp (1952-1968)
- Gustav Manker (1969-1979)
- Paul Blaha (1979-1987)
- Emmy Werner (1988-2005)
- Michael Schottenberg (2005-2015)
- Anna Badora (2015-2020)
- Kay Voges (seit 2020)
Videos
Hinter den Kulissen vom Volkstheater. (wien.at, Erstausstrahlung 19.04.2017)
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 104, A8: 46 - Volkstheater; Deutsches Volkstheater
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 471, A2: Volkstheater
- Wien Museum Online Sammlung: hochauflösende Abbildungen zum Volkstheater
Literatur
- Therese Backhausen: Das Wiener Volkstheater erstrahlt in neuem Glanz. In: Jahresausgabe Verein Historische Gebäude Österreich (VHGÖ) (2019)
- Bundesdenkmalamt [Hg.]: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Wien. II. bis IX. und XX. Bezirk. Wien 1993, S. 291 f.
- H.-Chr. Hoffmann: Die Theaterbauten von Fellner und Helmer. 1966, S. 117 ff.
- Peter Pötschner / Eva-Maria Höhle: Das Volkstheater und seine Restaurierung 1980/1981. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege. Hg. vom Österreichischen Bundesdenkmalamt. Horn/Wien: Berger / Wien/München: Schroll 36 (1982), S. 39 ff.
- Hans Rotter: Neubau. Ein Heimatbuch des 7. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1925, S. 99 f.
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 11. Wiesbaden: Steiner 1981 , S. 194 ff.