Rosa Albach-Retty
Rosa Albach-Retty, * 26. Dezember 1874 Hanau, Hessen, † 26. August 1980 Baden bei Wien, Schauspielerin.
Biografie
Die Tochter des Schauspielers und Regisseurs Rudolf Retty und der Sängerin Marie Katharina Retty erlernte das schauspielerische Handwerk bei ihrem Vater, der um 1890 am Deutschen Theater in Berlin engagiert war. Zeitgleich wirkte dort Josef Kainz, der zu Albach-Rettys zweitem wichtigen Lehrer wurde.
Ihr Bühnendebüt gab sie am 9. September 1891 als Zeit in Shakespeares "Das Wintermärchen" am Deutschen Theater in Berlin. Nach einem Engagement am Berliner Lessingtheater war Rosa Retty 1895 erstmals am Deutschen Volkstheater in Wien zu sehen. Schließlich wurde sie von Direktor Paul Schlenther für das Burgtheater verpflichtet, an dem sie 1903 debütierte und durchgehend bis 1958 wirkte. Ihre Antrittsrolle war die Suzanne in Édouard Paillerons Lustspiel "Die Welt, in der man sich langweilt".
Am 4. Dezember 1899 heiratete Rosa Retty den Offizier Karl Albach (* 21. Oktober 1870, † 31. Juli 1952), der später als Rechtsanwalt arbeitete. 1906 kam der gemeinsame Sohn Wolf zur Welt, der ebenfalls Schauspieler wurde.
Zu Beginn ihrer Karriere feierte sie große Erfolge im Fach der Jugendlich-Naiven in sowohl klassischen als auch zeitgenössischen Stücken. Mitunter war sie auch in Hosenrollen, beispielsweise als Cedric Errol in "Der kleine Lord", zu sehen. Später gab sie die elegante Salondame und entwickelte sich mehr und mehr zu einer herausragenden Charakterdarstellerin. Ihre Paraderollen waren die Titelfigur in Heinrich von Kleists "Käthchen von Heilbronn", die Adelheid in Gerhart Hauptmanns "Der Biberpelz" oder die Aase in Henrik Ibsens "Peer Gynt". In Franz Grillparzers "Die Jüdin von Toledo" stand sie als Rahel an der Seite ihres Entdeckers und Lieblingspartners Josef Kainz auf der Bühne. Im Lauf ihres langen Lebens hat sie sich ein Repertoire von über 300 Rollen erarbeitet.
Rosa Albach-Retty war in erster Linie Bühnenschauspielerin. Nur selten konnte sie für Filmrollen gewonnen werden, diese Filme wurden allerdings zu Klassikern ("Wen die Götter lieben", 1942; "Maria Theresia", 1951; oder "Der Kongreß tanzt", 1955).
Als Österreich im März 1938 mit dem "Anschluss" dem Deutschen Reich einverleibt wurde, war Rosa Albach-Retty bereits seit 35 Jahren Ensemblemitglied und seit einem Jahrzehnt Ehrenmitglied des Burgtheaters. Eine Anbiederung an die neuen Machthaber zwecks Karriereförderung wäre nicht notwendig gewesen. Dennoch kommentierte sie in der "Kleinen Volks-Zeitung" Hitlers "Wahlsieg" bei der Volksabstimmung über die Vereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich geradezu euphorisch. Rosa Albach-Retty war aber weder Mitglied der NSDAP noch bemühte sie sich um eine Aufnahme, allerdings waren sie und ihr Mann fördernde Mitglieder der SS; davor war sie Mitglied der Vaterländischen Front gewesen. Als großer Publikumsliebling und bekennende Verehrerin Hitlers wurde Rosa Albach-Retty von der nationalsozialistischen Kulturpolitik hofiert. Als hochgeschätzte Künstlerin fand sie sich denn auch auf der sogenannten "Gottbegnadeten-Liste" der Nationalsozialisten.
Albach-Rettys Beliebtheit beim Publikum und bei den Kulturverantwortlichen konnten die großen politischen und gesellschaftlichen Umbrüche des 20. Jahrhunderts nichts anhaben. Ihre lange Karriere erscheint ohne Brüche, was sich in erster Linie aus ihrer großen Schauspielkunst, wohl aber auch aus ihrer politischen Anpassungsfähigkeit erklärt. Für ihre Abschiedsrolle Mrs. Edna Savage in "Eine sonderbare Dame" erhielt sie am 20. September 1958 die Kainz-Medaille. Diese Auszeichnung wurde damals erstmals vergeben. Anlässlich des 100. Geburtstages der Künstlerin im Jahr 1974 widmete ihr das Historische Museum der Stadt Wien eine Sonderausstellung.
Im 106. Lebensjahr stehend, starb Rosa Albach-Retty im Hilde-Wagener-Künstlerheim in Baden.
Rosa Albach-Retty erhielt 1912 den Titel "Hofschauspielerin". 1928 wurde sie zum Ehrenmitglied des Burgtheaters ernannt, ihr Ölporträt von Rudolf Zeileisen hängt in der Burgtheatergalerie. Im Jahr 1985 benannte man eine städtische Wohnhausanlage in Döbling nach der letzten Hofschauspielerin.
Quellen
- Rosa Albach-Retty an Hanns Blaschke, Brief vom 27. Dezember 1944. Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung, H.I.N. 88890
- Wienbibliothek im Rathaus / Tagblattarchiv: Personenmappe Rosa Albach-Retty (TP-000716)
- Wienbibliothek im Rathaus / Sammlung Josef Treitl: Albach-Retty, Rosa (JT-305), 2 Mappen
- Meldezettel von Rosa Albach-Retty (WStLA, BPD Wien: Historische Meldeunterlagen, K11)
- Wien Museum Online Sammlung: hochauflösende Abbildungen zu Rosa Albach-Retty
- Bundesarchiv: Gottbegnadeten-Liste (1944)
Literatur
- Jürgen Trimborn: Romy und ihre Familie. München: Droemer 2008
- Rosa Albach-Retty: So kurz sind hundert Jahre. Erinnerungen. Aufgezeichnet von Gertrud Svoboda-Srncik. München / Berlin: Herbig 1978
- Schauspieler des Burgtheaters. 1776–1976. 43. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, Karlsplatz, 6. Mai bis 20. Juni 1976. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1976 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 43), S. 37
- György Sebestyén: Burgtheater-Galerie. 148 Künstlerporträts der "Ehrengalerie" des Wiener Burgtheaters nach Aufnahmen von Csaba Tarcsay. Mit einer historisch-biographischen Dokumentation von Konrad Schrögendorfer. Wien: Edition Tusch 1976, S. 150
- Rosa Albach-Retty. Porträt einer Schauspielerin. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. 12. Dezember 1974–2. Februar 1975. Wien: Eigenverlag des Museums 1974 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 36)
- Fred Hennings: Heimat Burgtheater. Band 2: Wien [u. a.]: Herold 1973, S. 18 ff.
- Wiener Theater. Bilddokumente 1660–1900 aus der Theatersammlung des Historischen Museums. Dezember 1971 – Februar 1972. Wien: Eigenverlag des Museums 1971 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 30), S. 65
- Robert Kittler: Rosa Albach-Retty. Ein Leben für das Theater. Diss. Univ. Wien. Wien 1958
- Herbert A. Frenzel [u. a.] [Hg.]: Kürschners biographisches Theater-Handbuch. Berlin: de Gruyter 1956
- Franz Planer [Hg.]: Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Wien: F. Planer 1929