Amonesta-Verlag
48° 11' 50.15" N, 16° 21' 56.42" E zur Karte im Wien Kulturgut
Amonesta-Verlag. Der Amonesta-Verlag wurde im Konzessionsrahmen eines im Mai 1881 von August Amonesta sen. gegründeten und handelsgerichtlich protokollierten Unternehmens mit Buchhandlung, Antiquariat und Verlagsbuchhandlung in Wien geführt. Erst ab 1930 und bis etwa 1935 verlegte man ernsthaft Bücher, zuvor war das Unternehmen nur sporadisch als Verlag tätig. Nach dem Tod des Gründers am 4. März 1932 ging der Verlag an dessen Sohn August Emil Amonesta jun. über. Das Unternehmen hatte Niederlassungen in Wien, Leipzig und Berlin. Zum Zinnen-Verlag, Hagenberg-Verlag und Verlag für Kulturforschung bestanden enge personelle Verflechtungen.
In der Buchhandelsbranche war der neue Inhaber des Amonesta-Verlags und der zugehörenden Amonesta-Buchhandlung umstritten. Zum einen wurde ihm der Vertrieb pornografischer Literatur vorgeworfen, zum anderen führten wiederholte Verstöße gegen die Buchhandelsverkaufsordnung, beispielsweise durch das Verteilen von Werbegeschenken, zu einer Sperre durch den Börsenverein deutscher Buchhändler in Leipzig. Nach der Herausgabe des belletristischen Werks "Gottes Bollwerk. Ein Starhemberg-Roman aus der Türkenzeit" (1933) von Erwin Weill kam Amonesta jun. zudem mit den Behörden in Konflikt. Die Vorwürfe reichten von der Verwendung einer unrichtigen Firmenbezeichnung über unlauteren Wettbewerb bis hin zu unkaufmännischen Vorgehen in der Kundenwerbung.
Die Korporation der Wiener Buch-, Kunst- und Musikalienhändler erstattete gegen August Amonesta jun. Anzeige, nachdem er in Rundschreiben an österreichische Mittelschulen zur Bewerbung seiner Bücher die Bezeichnung "Abt.: Amtliche und vaterländische Publikationen" verwendet hatte. Offenbar versuchte Amonesta, auf der Propagandawelle des neuen christlichen Ständestaats mitzuschwimmen und plante die – nicht realisierte – Edierung vaterländischer Bücher sowie der Reden von Engelbert Dollfuß, Emil Fey, Kurt Schuschnigg oder Ernst Rüdiger Starhemberg. In der Korrespondenz mit der Korporation rechtfertigte Amonesta sein Vorgehen damit, dass sich der Verlag in den Dienst der vaterländischen Sache stelle, und berief sich auf die vom Unterrichtsministerium verfügte Säuberung der Schulbibliotheken. Trotz dieser Argumentation zog die Korporation ihre Anzeige nicht zurück, die Angelegenheit dürfte allerdings in Vergessenheit geraten sein.
Nachdem der Amonesta-Verlag sich ab 1933 mit christlichem und vaterländischem Gedankengut hervorgetan hatte, erfolgte eine weitere Wandlung der Amonesta-Buchhandlung nach dem "Anschluss". Mitte April wurde in den nationalsozialistisch gefärbten "Wiener Neuesten Nachrichten" damit geworben, dass man nationalsozialistische Literatur aus dem Zentralverlag der NSDAP ebenso anbiete wie eine Bildnisbüste des Reichskanzlers Adolf Hitler. Zudem pries sich die Firma als "älteste nationale Buchhandlung Wiens". Die kommissarische Leitung unter Karl Berger wurde von diesem Vorfall in Kenntnis gesetzt und die Amonesta-Buchhandlung davon informiert, dass eine solche Bezeichnung "unstatthaft" sei.
Nach dem "Anschluss" versuchte der Buchhändler und Verleger Amonesta zudem, als kommissarischer Verwalter des im jüdischen Besitz befindlichen C. Barth Verlages bestellt zu werden. Doch dann wurde die Amonesta-Buchhandlung am 5. September 1938 selbst durch die Gestapo geschlossen und zehn Tage später unter kommissarische Verwaltung gestellt. Man beschuldigte Amonesta, auch nach dem Machtwechsel noch pornografisches Schrifttum verbreitet und im Ausland verkauft zu haben. Die Vermögensverkehrsstelle beauftragte den kommissarischen Verwalter Ludwig Penauer, die wohl etwas undurchsichtigen Geschäfte Amonestas zu ordnen und das Verlagsgeschäft vom Buchhandelsbetrieb zu trennen. Amonesta selbst wurde in Schutzhaft genommen und zunächst in das KZ Buchenwald deportiert. Später kam er nach Auschwitz und starb dort am 27. Juli 1942. Die Amonesta-Buchhandlung erhielt bis Ende März 1939 eine Frist, die Firma zu verkaufen.
Produktion
Die im Amonesta-Verlag verlegten Titel waren zu einem Großteil Übersetzungen aus dem Amerikanischen und Französischen. Besonders häufig wurden die Übertragungen von Ernst Simon übernommen, der auch als Geschäftsführer des Zinnen-Verlags in Erscheinung trat.
Die Reihe "Die versiegelten Bücher" spielte dabei mit einer ungewöhnlichen Marketingidee. Das letzte Drittel jedes Buches war versiegelt. Solange das Siegel unverletzt blieb, garantierte der Verlag den kostenlosen Umtausch mit einem anderen Band der Reihe. Ab 1931 erschienen insgesamt 15 Titel in der Reihe, zu den Autorinnen und Autoren zählten unter anderen Agathe Christie, Will Schott, Philip Macdonald und W. S. Masterman. In der zweiten Reihe "Die mondänen Bücher" wurden von 1930 bis 1931 insgesamt sechs Bände publiziert, darunter Titel wie "American girls", "Die Frau einer Nacht" oder "Ich bin ja schon fünfzehn".
Ansonsten sind nur zwei weitere Verlagswerke bekannt, die beide von österreichischen Schriftstellern verfasst wurden. Neben dem genannten Roman von Erwin Weill, der rechtzeitig zur 250-Jahr-Feier der Türkenbefreiung sowie zum Katholikentag 1933 auf den Markt kam, erschien Hanns Sassmanns "Kulturgeschichte Österreichs vom Urzustand bis zur Gegenwart". Das Werk wurde nach Erscheinen im Deutschen Reich zunächst verboten, 1937 auf Drängen der Österreicher aber wieder freigegeben.
Literatur
- Murray G. Hall: "Die versiegelten Bücher" im Wiener Amonesta-Verlag. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Buchforschung in Österreich, Heft 2 (2022) S. 7–26
- Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918–1938. Band II: Lexikon der belletristischen Verlage. Wien: Böhlau 1985