Anna Wundsam
Anna Wundsam, * 5. April 1898 Wien, † 3. Februar 1987 Wien, Beamtin, Widerstandskämpferin.
Biografie
Anna Wundsam wurde als Anna Maria Kudernatsch 1898 in Wien geboren. Ihre Eltern waren wahrscheinlich Theresia († 1949) und Heinrich Kudernatsch († 1950). Über ihre Kindheit und Ausbildung ist nichts bekannt. Sie war verheiratet und hatte zwei Kinder: Hilde (verheiratete Zimmermann) wurde 1920, Othmar 1922 († 2014) geboren. Die Familie wohnte in Kagran.
Politisch engagierte sich Anna Wundsam – wie auch ihr Ehemann – für die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP). Neben ihrem Job als Notariatsbeamtin arbeitete sie im Bildungsreferat der SDAP. Während der Februarkämpfe 1934 half sie beim Barrikadenbau und unterstützte die Straßenbahner. Nach deren Niederschlagung wurde sie am 27. März festgenommen und zwei Monate im Bezirkspolizeigefängnis Floridsdorf inhaftiert. Da auch ihr Ehemann aufgrund seiner Mitgliedschaft beim Schutzbund und seiner Teilnahme an den Kämpfen als Sanitäter sechs Monate im Anhaltelager Wöllersdorf festgehalten wurde, blieben die Kinder des Ehepaars (14 und 12 Jahre) alleine zurück. Sie wurden während dieser Zeit von Parteifreund*innen versorgt.
Auf Initiative ihrer Tochter versteckte Anna Wundsam Anfang 1944 den im Auftrag der Sowjetunion arbeitenden Fallschirmspringer Josef "Sepp" Zettler (1904–1974) in ihrer Wohnung. Zu diesem Zeitpunkt bereits geschieden gab sie Zettler zur Tarnung als ihren Geliebten aus. Durch den Spitzel Robert Weidinger wurde die Gestapo auf das Versteck aufmerksam und nahm Josef Zettler am 30. März 1944 in der Wohnung der Familie Wundsam fest. Auch alle dort anwesenden Personen – Anna Wundsam und ihre beiden Kinder Hilde Zimmermann und Othmar Wundsam, zu diesem Zeitpunkt Funker bei der Wehrmacht auf Heimaturlaub – wurden wegen "Feindbegünstigung" festgenommen. Anna Wundsam verblieb bis zu ihrer Deportation in das KZ Ravensbrück in Haft. Am 22. August 1944 kam sie dort – gemeinsam mit ihrer Tochter – an.
Im KZ Ravensbrück wurde Anna Wundsam zur Zwangsarbeit in der Geldverwaltung eingesetzt. Am 28. April 1945 gelang ihr mit anderen Häftlingen – unter ihnen ihre Tochter – die Flucht vom Todesmarsch. Nach zwei Tagen Verstecken kehrten sie in das befreite Lager zurück, wo Anna Wundsam zunächst bei der Versorgung der Kranken half, aber bald selbst an Typhus erkrankte. Gemeinsam mit ihrer Tochter konnte sie schließlich mit dem von Rosa Jochmann und Friederike "Friedl" Sinclair organisierten Transport nach Wien zurückkehren, wo sie am 20. Juli 1945 ankam. Auch ihr Sohn Othmar Wundsam kehrte zurück, er hatte die Konzentrationslager Buchenwald, Mittelbau-Dora und Mauthausen überlebt.
In der Nachkriegszeit arbeitete Anna Wundsam wieder als Notariatsbeamtin. Darüber hinaus war sie Mitglied im KZ-Verband (Bezirksgruppe Donaustadt) und der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück (ÖLGR). In der ÖLGR engagierte sie sich zunächst als Kassierin und danach in der Kontrolle der Vereinsfinanzen. Außerdem begleitete sie die Wanderausstellung "Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung", die am 6. September 1960 in den Räumlichkeiten des Wiener Stadtschulrates eröffnet wurde und aufgrund des großen Besucher*innenandrangs fünf Jahre durch Österreich tourte.
Anna Wundsam verstarb 88-jährig 1987 in Wien und wurde am Stammersdorfer Zentralfriedhof begraben.
Quellen
- DÖW: Erkennungsdienstliche Kartei der Gestapo Wien von Anna Wundsam (Galeriebild)
- ANNO: Im Gedenken an unsere unsterblichen Opfer. In: Der Neue Mahnruf, Oktober 1987
Literatur
- Brigitte Halbmayr: "Das war eine Selbstverständlichkeit, dass wir da geholfen haben." Die Fallschirmagenten Albert Huttary und Josef Zettler und ihre UnterstützerInnen – ein Fallbeispiel. In: Jahrbuch des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes (2009), S. 176–204
- Hilde Zimmermann (geborene Wundsam): "Die erste Prägung war also: Kein Krieg!" In: Helga Amesberger / Brigitte Halbmayr [Hg.]: Vom Leben und Überleben – Wege nach Ravensbrück. Das Frauenkonzentrationslager in der Erinnerung. Band 2 – Lebensgeschichten. Wien: Promedia 2001, S. 257–263
- Hilde Zimmermann: Wie auf Eis gelegt. In: Karin Berger / Elisabeth Holzinger / Lotto Podgornik / Lisbeth N. Trallori [Hg.]: Ich geb Dir einen Mantel, daß Du ihn noch in Freiheit tragen kannst. Widerstehen im KZ. Österreichische Frauen erzählen. Wien: Promedia 1987, S. 15–22
- biografiA: Wundsam Anna Maria [Stand: 23.08.2024]
- Österreichische Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen: Die Wanderausstellung: "Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung" [Stand: 26.08.2024]