Buch-und Künstlerverlag Gerlach & Wiedling
48° 12' 9.72" N, 16° 21' 50.39" E zur Karte im Wien Kulturgut
Buch-und Künstlerverlag Gerlach & Wiedling. Am 1. April 1872 gründete Martin Gerlach senior in Berlin eine Verlagsbuchhandlung, die sich auf die Herausgeberschaft kunstgewerblicher Veröffentlichungen (darunter die kunstgewerbliche Zeitschrift "Die Perle") konzentrierte. 1874 verlegte er seinen Firmensitz nach Wien, wo er unter der Firmenbezeichnung "Martin Gerlach und Co." in Kooperation mit Ferdinand Schenk produzierte (ab 1882 "Gerlach und Schenk"); im Mai 1882 kam Albert Wiedling ( * 1859, † 7. August 1923) nach Wien, trat als Gehilfe in die Firma ein und arbeitete sich bis 1895 zum Prokuristen empor.
Die Firma errang infolge der technisch außergewöhnlichen Ausstattung ihrer Bücher bald im In- und Ausland Beachtung und Anerkennung. Als Schenk im Oktober 1901 eine eigene Firma gründete ("Ferdinand Schenk, Verlag für Kunst und Gewerbe"), wurde Wiedling Teilhaber der Firma "Martin Gerlach und Co.", die 1904 in "Gerlach & Wiedling" umbenannt wurde. Gerlach, den der Kunstschriftsteller Joseph August Lux als einen "Führer der Moderne" bezeichnete, entdeckte zahlreiche Talente und vermochte namhafte Künstler für seine Firma zugewinnen (darunter Carl Otto Czeschka, Ernst Klimt, Gustav Klimt, Heinrich Lefler, Kolo Moser, Ferdinand Schmutzer und William Unger).
Nach der Jahrhundertwende wurde das Verlagsprogramm auf neue Gebiete ausgeweitet (beispielsweise ab 1901 Kinderbücherserie), die Firma aber auch Kommissionsverlag der Gemeinde Wien. In diesem Zusammenhang entstanden zahlreiche Werke mit Wiener Themen, darunter der "Technische Führer durch Wien" von Martin Paul, "Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts" von Paul Kortz, der "Historische Atlas des Wiener Stadtbildes" von Max Eisler, nach dem Ersten Weltkrieg auch Heimatbücher (Landstraße, Wieden, Mariahilf) sowie "Wiener Lieder und Tänze". Mit Unterstützung der Gemeinde Wien wurde die große kritische Grillparzer-Ausgabe herausgebracht.
Nach dem Tod Martin Gerlachs und Albert Wiedlings führten die Söhne Franz Gerlach und Walter Wiedling die Firma im Sinne der Tradition weiter. Mit Wiedling als Geschäftsführer bestand seit der Gründung des "Deutschen Verlags für Jugend und Volk" (1921) eine Union, wobei Wiedling aus dem Verlag "Gerlach & Wiedling" die ab etwa 1900 erscheinenden "Volksschatzbände, eine literarische Schul- und Hausbücherei" und "Gerlachs Jugendbücherei" mitbrachte; Wiedling stellte den neuen Verlag voll in den Dienst der Wiener Schulreform Otto Glöckels.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Produktion zwar Ende 1945 wieder aufgenommen, mußte jedoch in den 1950er Jahren gänzlich eingestellt werden. 1947 feierte der Verlag sein 75. Jubiläum mit einer kleinen Festschrift. Das Jubiläum des 100-jährigen Bestandes – zumindest des Namens – erlebte der Verlag nur sehr knapp; 1972 erwarb Hermann Waldbauer die Firma, legte aber 1976 das Gewerbe zurück.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75/28: Handelsregister Ges 28/16, Gerlach & Schenk
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75/53: Handelsregister Ges 53/237: Martin Gerlach & Co; Gerlach & Wiedling
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A47: HRA 8398 Handelsregisterakt
Literatur
- Wolfgang Mayer: Wien im Spiegel des Fotoarchivs Gerlach. Stadtbild und Baugeschehen 1925 - 1972. Wien: Stadt- und Landesarchiv 1990 (Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Reihe B: Ausstellungskataloge, 28)
- Wolfgang Mayer: Wien im Spiegel des Fotoarchivs Gerlach. Stadtbild und Baugeschehen 1925 - 1972. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1990 (Wiener Geschichtsblätter. Beiheft, 1990,2)
- Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918–1938. Band 1: Belletristische Verlage der Ersten Republik. Wien/Graz/Köln: Böhlau 1985