Camilla Frydan
Camilla Frydan, * 3. Juni 1887 Wiener Neustadt, † 13. Juni 1949 New York, Komponistin, Sängerin, Librettistin, Verlegerin.
Biografie
Camilla Frydan kam am 3. Juni 1887 in Wiener Neustadt als Kind von Heinrich und Cäcile Herzl, geborene Königsberger, zur Welt. Sie wuchs gemeinsam mit ihren älteren Geschwistern Clothilde und Ludwig auf.
Zwischen 1901 bis 1907 wurde Camilla Herzl von Wilhelm Rauch am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien am Klavier ausgebildet. Zeitgleich erlernte sie Harmonie- und Kompositionslehre von ihrem älteren Bruder Ludwig Herzer und nahm bei der Sängerin Marianne Brandt Gesangsunterricht. Im Jahr 1907 folgte ihr erstes Engagement als spezialisierte Sopranistin am Raimundtheater, das sie, wie die meisten Aufträge am Anfang ihrer Karriere, unter dem Pseudonym C. Herzer absolvierte. In den nächsten Jahren folgten weitere Engagements unter anderem an der Neuen Wiener Bühne und am Kabarett Fledermaus. Dort lernte sie Egon Friedell und ihren späteren Ehemann, Friedells Bruder, Oskar Friedmann (1872–1929) kennen.
1910, im Alter von 23 Jahren, heiratete sie den Librettisten Oskar Friedmann. Aus ihrem Nachnamen Friedmann leitete sich später ihr Künstlername Frydan ab. Ein Jahr später, 1911, kam ihr Sohn Hans Henry Friedmann (Frydan), im Sanatorium Hera, zur Welt. Zu dieser Zeit begann Camilla Frydan unter dem Pseudonym C. Frydan eigene Kompositionen, vorrangig Chansons, und Textdichtungen zu veröffentlichen. Gemeinsam lebten sie in der Porzellangasse 25/2 in 1090 Wien. Im Jahr 1928 tourte Frydan durch Deutschland. Zu ihren bekanntesten Kompositionen zählen "Liebling", "Ein Märchentraum" und "Liebesmagazin".
Nach dem Tod ihres Mannes Oskar Friedmann am 3. November 1929, im Alter von 57 Jahren, wird Camilla Frydan am 4. Februar 1931 als testamentarische Universalerbin seines gesamten Nachlasses bekanntgegeben und durfte somit allein über dessen Verwendung entscheiden. Der gemeinsame Sohn Hans Henry bekam lediglich seinen Pflichtanteil zugesprochen. Zu Lebzeiten begann Oskar Friedmann, gemeinsam mit seiner Frau, mit dem Schreiben seines Prominenten Almanachs. Darin wurden viele bekannte Wiener Persönlichkeiten genannt und beschrieben. Nach seinem Tod stellte Camilla Frydan ihn fertig und veröffentlichte ihn. Kurz danach zog sie mit Sohn Hans Henry nach Berlin, in die Tauentzienstraße 10, und blieb dort bis kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.
Aufgrund der Verfolgung von Jüdinnen und Juden floh Camilla Frydan im Jahr 1937 mit ihren Geschwistern und ihrem Sohn aus NS-Deutschland zunächst nach Österreich. Hans Henry füllte lange nach dem Tod seiner Mutter einen Fragebogen zum Leben als Opfer des Nationalsozialismus aus und beschrieb die Wohnsituation in Wien zwischen März und August 1938 als "Leben unter haftähnlichen Bedingungen" und meinte, dass sie versteckt gelebt hatten. Nachdem Österreich 1938 von NS-Deutschland annektiert wurde, flohen sie gemeinsam in die Schweiz. Ludwig Herzer verstarb 1938 in der Schweiz und hinterließ unter anderem seine Tochter Henny Pia Herzer, die eine bekannte Regisseurin werden sollte. Kurz danach, im Jahr 1939, gelang Camilla Frydan mit Sohn Hans Henry die Flucht in die USA. Zu dieser Zeit komponierte sie die Symphonie "In the dark of the night". Laut verschiedenen Zeitungsartikeln aus dem Jahr 1945 scheint eine Rückkehr Frydans nach Wien für einen Kompositionsabend geplant gewesen zu sein. Ob sie letztendlich kurzfristig zurückkehrte, bleibt ungewiss, da es keine Quellen gibt, die belegen, dass sie an einem Kompositionsabend teilnahm.
Gemeinsam mit ihrem Sohn gründete Frydan 1945 in den USA den Verlag Music Empress Publishing. Da Hans Henry Frydan Sänger und Schauspieler war, folgten gemeinsame Auftritte von ihm und seiner Mutter Camilla. Bis zu ihrem Tod setzte sich Camilla Frydan dafür ein, dass ihr Sohn als einziger legaler Erbe seines verstorbenen Onkels Egon Friedell (Friedmann) anerkannt wurde. Egon Friedell war der Bruder von Oskar Friedmann und ein bekannter Autor, der durch die Nationalsozialisten verfolgt wurde. Im Jahr 1938 sprang er aus dem Fenster seiner Wohnung, als sich die SA Zutritt zu dieser verschaffen wollte. Lange Zeit wurde das gesamte Erbe Hermine Schimann, der ehemaligen Haushälterin Friedells, zugesprochen. Erst lange nach Ende des Weltkriegs und nach vielen Korrespondenzen zwischen New York und Wien galt Hans Henry als erbberechtigt.
Die letzte bekannte Adresse Frydans, die zugleich der angemeldete Sitz des Verlagshauses war, befand sich in 315 West 57th Street 1650 Broadway, New York USA, und wurde von Frydan Ende 1941 erstmals angemietet. Am 2. Juni 1947 unterschrieb sie, gemeinsam mit Elise Sorelle, ein sogenanntes Partnership Certificate, welches die Funktion beider innerhalb des Verlags festlegte. Camilla Frydan verstarb am 13. Juni 1949 im Exil im Knickerbocker Hospital in New York, USA. Nach ihrem Tod wurde sie auf dem Österreich-Jüdischen Teil des Mount Moriah Cemetery in Fairview, New Jersey, USA beerdigt. Sie hinterließ 1.000 US-Dollar und ungefähr 500 komponierte Stücke. Hans Henry Frydan lebte fortan in 333 Wellington G, West Palm Beach in 33417 Florida. Lange Zeit kümmerte er sich um Formulare bezüglich einer Entschädigung aufgrund der nationalsozialistischen Verfolgung. Seine österreichische Staatsbürgerschaft galt nur bis zu seiner Flucht im Jahr 1938. Am 8. Dezember 1993 heiratete er die aus Deutschland stammende Hannah Gans, mit der er bis zu seinem Tod im Jahr 1998 in den USA zusammenlebte.
Quellen
- Niederösterreichisches Landesarchiv, St. Pölten (NöLa): NL Frydan M001–003, M007–010
- ANNO: Kunst und Kultur. Die Renaissancebühne – wieder Sprechtheater. In: Arbeiter Zeitung 23, 01.09.1945, S. 4 [Stand: 08.02.2024]
Literatur
- Oesterreichisches Musiklexikon online: Frydan, Camilla [Stand: 06.02.2024]
- Österreichische Komponistinnen gestern und heute. Eine Ansichtssache quer durch die Jahrhunderte. In: Der Standard.at, 17.02.2003 [Stand: 06.02.2024]
Camilla Frydan im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.