Egon Friedell

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Egon Friedell, um 1925
Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Friedell, Egon
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Friedmann, Egon; Friedländer, Egon
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel Dr. phil.
Geschlecht männlich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  26883
GNDGemeindsame Normdatei 118535560
Wikidata Q112255
GeburtsdatumDatum der Geburt 21. Jänner 1878
GeburtsortOrt der Geburt Wien 4066009-6
SterbedatumSterbedatum 16. März 1938
SterbeortSterbeort Wien 4066009-6
BerufBeruf Schriftsteller, Kulturhistoriker, Schauspieler
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass Wienbibliothek im Rathaus
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Zwischenkriegszeit, Theater, Burgtheater (Institution), Burgtheatergalerie, Schauspieler, Schriftsteller, Die Fackel
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 14.11.2024 durch WIEN1.lanm09lue
BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde Neuer Evangelischer Friedhof
Grabstelle Gruppe 9, Reihe 1, Nummer 29
GrabwidmungGrabwidmung als Ehrengrab, historisches oder ehrenhalber gewidmetes Grab  ehrenhalber gewidmetes Grab
BildnameName des Bildes Egon Friedell Buehne 1928..jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Egon Friedell, um 1925
  • Gentzgasse 7 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Egon Friedell in seiner Wohnung Gentzgasse 7
Karikatur Friedells von Karl Hollitzer, um 1930
Egon Friedell in einer Bronzebüste von Mario Petrucci, 1932

Egon Friedell, * 21. Jänner 1878 Wien, † 16. März 1938 Wien, Schriftsteller, Kulturhistoriker, Schauspieler.

Biografie

Der Sohn des Wiener Tuchfabrikanten Moriz Friedmann und seiner Ehefrau Karoline konvertierte noch als Schüler vom jüdischen zum evangelischen Glauben. Er studierte an der Universität Wien (Dr. phil. 1904) und lebte anschließend als freier Schriftsteller, Kritiker und Schauspieler hauptsächlich in Wien, in dessen geistigem Leben von der Jahrhundertwende bis zur nationalsozialistischen Machtübernahme er eine weitgespannte Tätigkeit entwickelte, das kulturelle und literarische Leben maßgeblich beeinflußte und ihm eine besonders charakteristische Note verlieh. Zu nationalen und jüdischen Fragen hatte er eine sehr individuelle Einstellung. Nachdem er gelegentlich das Pseudonym "Friedländer" benutzt hatte, ließ er 1916 offiziell seinen Familiennamen von Friedmann in Friedell ändern.

Im Mittelpunkt von Friedells Lebenswerk stand die kulturhistorische Arbeit, vor allem seine dreibändige "Kulturgeschichte der Neuzeit" (1927–1932, Neuauflage 1947–1950), die zu einer Fundgrube interessanten Materials geworden ist; Friedell verstand es, die Geschichte mit Humor ernst darzustellen. Auch seine zweibändige "Kulturgeschichte des Altertums" (1936) enthält einen Schatz historischen Wissens. Das dichterische Ergebnis von Friedells Beschäftigung mit dem Christusproblem ist die am Burgtheater zur Aufführung gelangte "Judastragödie" (1920). Enger Freund von Peter Altenberg (dem er in seinem "Altenbergbuch" [1922] ein literarisches Denkmal setzte) und Alfred Polgar (dem er 1912 die Abhandlung "Ecce poeta" widmete). Friedells gedankenreiche Essays und kulturkritischen Aufsätze sind in Auswahlbänden herausgegeben worden (so die Aphorismensammmlung "Steinbruch" [1922] oder "Das Altertum war nicht antik" [1950]). Friedells schauspielerisches Wirken verdient ebenfalls Beachtung; er begann im Cabaret "Fledermaus" (dessen künstlerischer Leiter er 1908-1910 war), betätigte sich 1919–1922 als Theaterkritiker und wurde dann von Max Reinhardt an seine Bühnen in Wien und Berlin geholt (hier spielte Friedell auch größere Rollen mit großem Erfolg). Überdies ist Friedell als Übersetzer aus dem Französischen und Englischen bekannt geworden. Friedell prägte von der Jahrhundertwende bis zum "Anschluss" (1938) das literarische und kulturelle Leben Wiens.

Eine langjährige enge Freundschaft verband Egon Friedell mit Lina Loos, die er bereits seit den Anfangstagen von Peter Altenbergs Stammtisch in der Teinfaltstraße (Löwenbräu), welchen er rege zu frequentieren pflegte, kannte. Die umfangreiche Korrespondenz mit Lina Loos befindet sich in der Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus. Auch zu Eugenie Schwarzwald unterhielt er freundschaftliche Beziehungen.

38 Jahre lang lebte Friedell in einer großzügigen Wohnung im Haus Gentzgasse 7 und vermied es, auf Reisen zu gehen und Wien zu verlassen. In der von Karl Kraus herausgegebenen Zeitschrift "Die Fackel" publizierte Friedell 1905 unter dem Titel "Vorurteile" ein Loblied auf die Sesshaftigkeit und schrieb vom Ungemach des Reisens. Die Gebundenheit an seine Wiener Wohnung, die Friedell zum Teil mit modernsten Stahlrohrmöbeln des Bauhaus ausstattete, war der Grund, weshalb er alle Bitten seiner Freunde, Wien noch im März 1938 zu verlassen, abschlug. Als am 16. März 1938 die SA in seine Wohnung eindrang, stürzte sich Egon Friedell vom dritten Stock des Hauses in den Tod. Es wurde berichtet, dass er kurz vor dem Sprung noch die Passanten zur Vorsicht gewarnt hatte.

Quellen

Literatur

  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963
  • Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
  • Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Hg. von Franz Planer. Wien: F. Planer 1929
  • Wilhelm Kosch: Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisches und bibliographisches Handbuch. 4 Bände. Bern: Francke 1949–1958
  • Wilhelm Kosch: Deutsches Theaterlexikon. Biographisches und bibliographisches Handbuch. Wien: F. Kleinmayr. 1953
  • Murray G. Hall / Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Wien [u.a.]: Böhlau 1992 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 23)
  • Gerhard Renner: Die Nachlässe in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek. Wien 1993, (Splitternachlaß)
  • Neue österreichische Biographie. 1815–1918. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1923 ff. (fehlerhaft)
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954–lfd.
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, Wien: Ueberreuter 1992
  • Harry Zohn: Österreichische Juden in der Literatur. Ein bio-bibliographisches Lexikon. Tel Aviv: Olamenu 1969
  • Roland Innerhofer: Egon Friedell. Kulturgeschichte zwischen den beiden Weltkriegen. Wien [u.a.]: Böhlau 1990 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 20); darin: Charakteristische Mängel und Probleme der Friedell-Literatur, S. 12 ff.
  • Klaus Peter Dencker: Der junge Friedell. Dokumente der Ausbildung zum genialen Dilettanten. München: Beck 1977
  • Heribert Illig: Schriftspieler Schausteller. Die künstlerische Aktivitäten Egon Friedells. Wien: Löcker 1987; darin: Friedell-Literatur, S. 220 ff.
  • Heribert Illig [Hg.]: Das Friedell-Lesebuch. München: Beck 1988
  • Raymond Wisemann: Egon Friedell. Die Welt als Bühne. München: Fink 1987
  • Walther Schneider [Hg.]: Friedell-Brevier. Aus Schriften und Nachlaß. Wien: Müller 1947
  • Peter Haage: Egon Friedell und der Journalismus. Dissertation Universität Wien. Wien 1964
  • Gerd Stein: Peter Altenberg und Egon Friedell. Zum Wiener Impressionismus der Jahrhundertwende. Dissertation Universität Salzburg. Salzburg 1973
  • Gordon Patterson: The Misunderstood Clown. Egon Friedell and his Vienna. Philosophy Dissertation. University of California. Los Angeles 1979
  • Milan Dubrovic: Veruntreute Geschichte. Die Wiener Salons und Literatencafés. Wien [u.a.]: Zsolnay 1985, Register
  • Helmut Kretschmer: XVIII. Währing. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1982 (Wiener Bezirkskulturführer, 18), S. 8
  • Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Währing. Vom Ganserlberg zum Schafberg. Wien: Mohl 1989, S. 112f., S. 209
  • Sylvia Mattl-Wurm [Red.]: Interieurs. Wiener Künstlerwohnungen 1830 - 1930. Wien: Eigenverlag 1990 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 138), S. 123 (1900–1938 Gentzgasse 7)
  • Hans Markl: Kennst du die berühmten letzten Ruhestätten auf den Wiener Friedhöfen? Band 1: Zentralfriedhof und Krematorium (Urnenhain). Wien: Pechan 1961, S. 154


Egon Friedell im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.