Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
48° 12' 4.05" N, 16° 23' 4.85" E zur Karte im Wien Kulturgut
Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (3., Anton-von-Webern-Platz 1).
Vorgeschichte
Ihre Anfänge stehen mit der 1812 erfolgten Gründung der Gesellschaft der Musikfreunde und des Konservatoriums im Zusammenhang, zu dessen ersten Befürwortern Ignaz von Mosel gehörte, der 1815 einen umfassenden Plan für eine universelle Musiklehranstalt entwarf. Unter der Ägide von Antonio Salieri wurde zunächst eine Singschule zur Ausbildung des Chors der Gesellschaft der Musikfreunde eingerichtet; seit 1817 erfolgte der Unterricht in geregelter Form im Haus "Zum roten Apfel" (1, Singerstraße 3). 1819 wurde die Violinklasse gegründet (erste Instrumentalklasse), andere wichtige Orchesterinstrumente folgten (Klavier erst 1833, Orgel 1868). Nach kurzer Einmietung im Gundelhof erwarb die Gesellschaft das Haus "Zum roten Igel" (1, Tuchlauben 12), in das Konservatorium und Bibliothek einzogen; hier entstand der erste öffentliche Konzertsaal Wiens (bis 1869; seither Musikvereinsgebäude). 1836 wurde auch die tänzerische Ausbildung begonnen.
Konservatorium
Finanzielle Schwierigkeiten ließen 1841 erstmals den Plan einer Verstaatlichung aufkommen. Nach dreijähriger Unterbrechung wurde der Unterrichtsbetrieb am 1. Oktober 1851 in dem nunmehr von Staat und Gemeinde Wien subventionierten "Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde" aufgenommen; ein Konkurrenzunternehmen ("Akademie der Tonkunst") bestand 1849-1855. Schwerpunkte der Ausbildung waren Musik, Tanz und Schauspiel; die Wiener Instrumentalschule errang bald Weltgeltung. 1870 kam es zu einer Lehrplanerneuerung, 1873 wurde die Schauspielschule organisiert und 1896 ein Statut für eigene Lehrerbildungskurse genehmigt.
Akademie
Am 1. Jänner 1909 übernahm der Staat die 70 Lehrer und 877 Schüler des Konservatoriums in die nunmehr verstaatlichte "k. k. Akademie für Musik und darstellende Kunst". Sie wurde 1913 im neu erbauten Akademiegebäude (knapp bemessener Anbau zum Konzerthaus [mit Akademietheater ]) untergebracht (Festaufführung von Verdis "Maskenball" am 28. Jänner 1914 anlässlich des Abschlusses der Übersiedlung); die Sammlungen und die Bibliothek verblieben im Besitz der Gesellschaft der Musikfreunde. 1910/1911 wurde die Akademie um eine Abteilung für Kirchenmusik erweitert (zunächst im Stift Klosterneuburg untergebracht, 1924 Übersiedlung ins Franziskanerkloster, 1933 Vereinigung mit dem 1928 neugegründeten Musikpädagogischen Seminar zur Abteilung für Kirchen- und Schulmusik [1938 Trennung, 1945 Wiedervereinigung, seit 1947 zwei selbständige Abteilungen]). Seit 1920 trug das Institut den Namen "Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst". 1924-1931 bestand auch eine (von Joseph Marx begründete) "Fachschule für Musik und darstellende Kunst" (Gesetz vom 13. Juli 1923, Statut vom 1. Oktober 1924, Auflassung am 7. Juli 1931). 1924 wurde eine Klasse für künstlerischen Tanz eingerichtet, 1928 gründete Max Reinhardt ein der Akademie angeschlossenes Schauspiel- und Regieseminar (Übungsbühne im Schönbrunner Schlosstheater; Max Reinhardt Seminar). 1933-1938 unterstand die Akademie der Leitung eines vom Unterrichtsministerium bestellten Präsidenten, 1941-1945 hieß das Institut "Staatliche Musikhochschule", nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm man wieder den früheren Titel, am 7. März 1947 erhielt die Anstalt die Bezeichnung "Akademie für Musik und darstellende Kunst"; am 30. Juni 1948 wurde ein Kunstakademiegesetz erlassen, durch das die Akademie Hochschulcharakter erhielt. Die Raumnot wurde durch räumliche Ausgliederungen bekämpft (beispielsweise 1950/1951 Abteilung Tanz: Gardetrakt Schloss Schönbrunn, Abteilung Sologesang: Palais Springer, 3, Metternichgasse 8; 1960/1961: Erwerbung des ehemaligen Ursulinenklosters, 1, Seilerstätte 26, Johannesgasse 8; 1965/1966 Abteilung Film: 3, Metternichgasse 12).
Hochschule
Am 21. Jänner 1970 (Kunsthochschul-Organisationsgesetz) erfolgte die Umbenennung in "Hochschule für Musik und darstellende Kunst". Sie ist (1990) in neun Abteilungen gegliedert: Komposition, Musiktheorie und Dirigentenausbildung; Tasteninstrumente; Streichinstrumente und andere Saiteninstrumente; Blas- und Schlaginstrumente; Musikpädagogik; Kirchenmusik; Sologesang und musikdramatische Darstellung; Schauspiel und Regie (Max Reinhardt Seminar); Film und Fernsehen.
Eine Gedenktafel im Gebäude (enthüllt 1954) hält die Namen der Ehrenmitglieder fest.
Rektoren
Bis 1970 (Umbenennung in Hochschule) führten die Leiter meist den Titel Vorstand (auch Direktor, Präsident und fallweise Rektor): Raphael Georg Kiesewetter (1817-1825), Vinzenz Hauschka (1825-1832), Eduard von Lannoy (1833-1834), J. Chimani (1835-1836), F. Klemm (1837-1842), J. Selber (1838), Gottfried von Preyer (1844-1849), Joseph Hellmesberger (1851-1893), Johann Nepomuk Fuchs (1893-1899), Richard von Perger (1899-1907), K. von Wiener und W. Bopp (1909-1919), Karl Kobald (1919; interimistischer Leiter), Ferdinand Loewe (1919-1922), Joseph Marx (1922-1927), Franz Schmidt (1925-1927 Direktor, 1927-1930 Rektor), Max Springer (1927-1930 Direktor), Schmidt (1930-1931, Direktor und Rektor), Wiener (1931-1932; Regierunsgkommissär), Kobald (1933-1938), Alfred Orel (1938; kommissarischer Leiter), Franz Schütz (1938-1945), Hermann Gallos (1945; kommissarischer Leiter), Kobald (1945-1946), Hans Sittner (1946-1970), Georg Pirckmayer (1970-1977), Helmut Schwarz (1977-1984), Gottfried Scholz (1984 -1988), Schwarz (1988-1992), Michael Frischenschlager (1992-1996), Erwin Ortner (1996-2002), Werner Hasitschka (2002-2015), Ulrike Sych (2015 - ).
Literatur
- Lynne Heller: Die Reichshochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien 1938-1945, Diss. Univ. Wien, Wien 1992
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Wiener Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 11: Manfred Wehdorn: Die Bautechnik der Wiener Ringstraße. Mit einem Katalog technischer Bauten und Anlagen in der Ringstraßenzone. Wiesbaden: Steiner 1979, S. 205 ff.
- Helmut Kretscher: Landstraße. Geschichte des 3. Wiener Gemeindebezirks und seiner alten Orte. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1982 (Wiener Heimatkunde, 3), S. 194
- Ernst Tittel: Die Wiener Musikhochschule. Vom Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde zur Staatlichen Akademie für Musik und Darstellende Kunst. Wien: Lafite 1967 (Publikationen der Wiener Musikakademie, 1)
- Helga Scholz-Michelitsch: Zur Geschichte der Wiener Musikhochschule. In: Studien zur Musikwissenschaft. Tutzing: Schneider, Band 43,1993, S. 361-371
- Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien. Wien: Hochsch. für Musik u. Darstellende Kunst 1988, S. 39 ff.
- Robert Lach: Geschichte der Staatsakademie und Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien. Wien: E. Strache 1927
- Jahre Wiener Schauspielschule, Akademie für Musik und darstellende Kunst, Wien. Wien [III, Lothringer Str. 18]: Selbstverl. d. "Freunde d. Musikakademie" in Wien [1954]
- Lynne Heller: Politische Geschichte der Wiener Musikakademie. 1919-1931. Dipl.-Arb. Univ. Wien. Wien 1989