Anna Fröhlich
Anna Fröhlich, * 19. September 1793 Leopoldstadt (Vorstadt), † 11. März 1880 Wien, Sängerin, Pianistin, Musiklehrerin.
Biografie
Anna Fröhlich, genannt Netti, war die älteste Tochter von Mathias Fröhlich (1756–1843) und dessen Ehefrau Barbara (1767-1841), geborene Mayr. Ihr Vater war um die Zeit ihrer Geburt als "Hofbau-Direktionsschreiber" tätig, ihre Mutter als "Kramer". Zur Welt kam Anna Fröhlich in der Leopoldstädter Vorstadt im Haus Nummer 262. Später wohnte sie in der Singerstraße 18, ab 1826 in der Spiegelgasse 21.
Die künstlerisch begabten Schwestern Anna, Barbara, Katharina und Josefine bildeten einen Mittelpunkt im bürgerlichen Wiener Kulturleben und prägten es entscheidend mit. Zu ihren Freunden und Bekannten zählten etwa Franz Grillparzer, Franz Schubert, Joseph Sonnleithner und Raphael Georg Kiesewetter. Ab den 1860er Jahren waren sie auch mit Marie von Ebner-Eschenbach befreundet.
Die musikalischen Grundlagen wurden Anna Fröhlich von ihrer Mutter vermittelt. Danach erhielt sie Klavierunterricht und im Gesang wurde sie von Giuseppe Siboni ausgebildet. Seit dem Gründungsjahr 1812 war sie der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien verbunden. Dort trat sie als Pianistin bei "Abendunterhaltungen" oder als Liedbegleiterin in Erscheinung. Immer wieder trat sie auch als Sängerin auf.
Von 1819 bis 1854, unterbrochen von den Revolutionsjahren 1848 bis 1851, war Anna Fröhlich als Gesangslehrerin am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde angestellt. Sie war damit nicht nur die erste, sondern lange Zeit auch die einzige weibliche Lehrkraft. An der 1817 initiierten Singschule leitete Anna Fröhlich ab 1819 die in diesem Jahr eingeführte dritte Gesangsklasse für Mädchen. 1854 wurde ihr Vertrag nach Unstimmigkeiten – vorgebracht wurden etwa Mängel im Gesangsunterricht – nicht mehr verlängert. Mathilde Machesi folgte ihr als Gesangslehrerin nach. Parallel zu ihrer Anstellung am Konservatorium und auch danach betreute Anna Fröhlich zahlreiche Privatschülerinnen. Zu ihren Gesangsschülerinnen zählten unter anderen ihre jüngste Schwester Josefine.
Anna Fröhlich sowie ihre Schwestern Katharina und Josefine blieben zeitlebens unverheiratet und wohnten gemeinsam in einer Wohnung. Während Anna und Josefine Fröhlich durch ihre Berufstätigkeit für das nötige Einkommen sorgten, kümmerte sich Katharina Fröhlich um den Haushalt. 1849 bezog Franz Grillparzer ein Zimmer in der Wohnung der Schwestern.
Die Schwestern Fröhlich nahmen von Jugend an aktiv am Kulturleben teil. In ihrer Wohnung fanden regelmäßig Zusammenkünfte statt, bei denen musiziert, gesungen und vorgelesen wurde. Schubert und Grillparzer zählten zu den häufigsten Gästen und ihr Schaffen wurde durch diese Zusammenkünfte durchaus gefördert. Einige Schubert-Lieder wurden bei solchen Hauskonzerten erstmals einem größeren Kreis präsentiert. Auch gab Anna Fröhlich bei Franz Schubert mehrstimmige Lieder für ihre Schülerinnen in Auftrag. Die Schwestern waren aber ebenso gern gesehene Gäste in anderen Wohnungen. Sie traten etwa bei Hauskonzerten von Rafael Georg Kiesewetter oder Ignaz Sonnleithner auf bzw. wurde Anna Fröhlich auch die Leitung solcher Hauskonzerte übertragen. Anna Fröhlich und ihre Schwestern traten bei diesen Veranstaltungen nicht nur als Musikerinnen und Sängerinnen auf, sondern fungierten auch als Vermittlerinnen zwischen Künstlerinnen und Künstlern und möglichen Förderern.
Nach dem Tod frühen Tod Schuberts organisierte Anna Fröhlich Benefizkonzerte für die Errichtung eines Grabdenkmals für den verstorbenen Freund. Für die Finanzierung eines Grillparzer-Denkmals in Baden verkaufte sie seltene Schubert-Autographe. In ihren letzten Lebensjahren trat sie vermehrt als großzügige Spenderin hervor. Anna Fröhlich verstarb als wohlhabende Frau. In ihrem Testament verfügte sie die Gründung einer Schwestern-Fröhlich-Stiftung zur Unterstützung hervorragender künstlerischer und literarischer Talente und setzte diese als Universalerbin ein.
Anna Fröhlich wurde am Hietzinger Friedhof bestattet. In der Familiengruft fanden auch ihre Eltern, ihre drei Schwestern sowie ihr Schwager Ferdinand Bogner und ihr Neffe Wilhelm Bogner ihre letzte Ruhestätte. Seit 1922 handelt es sich dabei um eine ehrenhalber auf Friedhofsdauer gewidmete Gruft.
Quellen
- Karl Hofer: Verzeichniß der in der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien samt den dazu gehörigen Vorstädten und Gründen befindlichen numerirten Häuser. Wien: Joseph Gerold 1789
- Franz de Ponty: Verzeichniß der in der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien sammt dazu gehörigen Vorstädten und Gründen befindlichen numerirten Häusern. Wien: Johann Joseph Jahn 1779
- Matricula Online: Taufbuch der Pfarre St. Leopold, Signatur: 01-16, folio 785
- Matricula Online: Sterbebuch der Pfarre St. Augustin, Signatur: 03-09, folio 185
- Wienbibliothek Digital: Flugblatt, "An die Frauen in Wien", Wien, 17. April 1848 – Der Name Anna Fröhlich findet sich unter den Unterzeichnerinnen
- Wienbibliothek Digital: Erklärung bezüglich Gesangsunterricht am Konservatorium, o.O.
- Wienbibliothek Digital: Empfangsbestätigung des Vereins zur Pflege kranker Studierender in Wien über eine Spende von "Frau Anna Fröhlich emerit. Gesangsprofessorin am Wr. Conservatorium", 16.06.1879
- ANNO: Nachruf auf Anna Fröhlich. In: Morgen-Post, 13.03.1880, S. 3
- Wienbibliothek Digital: Anna Fröhlich
Literatur
- Ingeborg Harer: Anna Fröhlich. In: MUGi. Musik und Gender im Internet [Stand: 16.02.2022]
- Andrea Ellmeier und Ingeborg Harer: Anna Fröhlich (1793–1880). In: mdw-WebMagazin, 29.11.2018
- Ilona Pichler: Die Schwestern Fröhlich im Wiener Musikleben zu Beginn des 19. Jahrhunderts, Masterarbeit, Paris-Lodron-Universität Salzburg 2017
- Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 1: A-H. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 2016, S. 933 f.
- Ingeborg Harer: Musikalische Wirkungsfelder der bürgerlichen Frau im Biedermeier. In: Musizierpraxis im Biedermeier. Hrsg. von Barbara Boisits / Klaus Hubmann. Wien: Mille Tre Verlag Robert Schächter 2004, S. 49–65
- Johanna Blaha: Die Schwestern Fröhlich. Diss. Univ. Wien. Wien 2002
- Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
- Hugo Riemann: Riemann Musiklexikon. Mainz: Schott 1959-1961
- Österreichisches Musiklexikon Online: Fröhlich, Schwestern