Constanze Geiger
Constanze Geiger, * 16. Oktober 1836 Wien, † 24. August 1890 Dieppe (Frankreich), Pianistin, Komponistin, Schauspielerin.
Biografie
Constanze Geiger wurde bereits als Kind musikalisch gefördert und erhielt von ihrem Vater sowie von Simon Sechter Unterricht in Klavier und Komposition. Ihr Vater, Joseph Geiger, war bekannter Musikpädagoge und Komponist und unterrichtete in aristokratischen Kreisen, u. a. gab er auch Erzherzog Franz Joseph und Erzherzog Karl Ludwig Klavierunterricht. Ihre Mutter, die Wiener Hutmacherin Teresia Geiger, geborene Rziha, präsentierte Constanze als Wunderkind in der Öffentlichkeit und trieb ihre Karriere voran.
Constanze Geiger soll bereits mit sechs Jahren als Pianistin debütiert haben – erste Belege zu einer Privataufführung gibt es jedoch erst im Oktober 1844 mit ihren Werken "Trois Valses für Pianoforte op. 1" und "Preghiera op. 2". Diese ersten Werke von Constanze Geiger erschienen auch 1844 im Druck. In der Kirche der Rennweger Kaserne wurde im Dezember 1844 ihr Werk "Preghiera" durch den Musikcorp des 2. k. k. Feld-Artillerie-Regiments öffentlich aufgeführt.
1845 unternahm sie mit ihrem Vater Konzertreisen nach Paris und London. Bereits 1846 erhielt sie vom Cäcilienverein in Rom für ihre geistlichen Kompositionen die Ehrenmitgliedschaft. 1847 erfolgte eine erneute Reise nach Paris und London, wofür sie den "Abschieds-Walzer op. 9" komponierte, der unter anderem auch von Johann Strauss (Sohn) aufgeführt wurde. 1848 folgte eine weitere Auszeichnung: Kaiserin Maria Anna von Österreich nahm die Widmung der Komposition "Ave Maria" an, wofür sie von der Kaiserin ein Collier und Ohrringe erhielt.
In den zeitgenössischen Rezensionen zu Constanze Geigers Werken und Darbietungen gibt es bemerkenswerte publizistische Differenzen. So ist beispielsweise die kontinuierlich positive Berichterstattung vor allem 1847 in der "Wiener Theaterzeitung" auffallend, durch die gemutmaßt werden kann, dass Redakteur Adolf Bäuerle mit der Familie Geiger in Kontakt stand. Umgekehrt war Geiger satirischen und abwertenden Kritiken von Moritz Gottlieb Saphir in der Zeitung "Der Humorist" ausgesetzt. Am 6. März 1848 wurde Saphir wegen Ehrbeleidigung von Constanze Geiger zu drei Monaten Arrest verurteilt, nur wenig später, am 31. März 1848, wurde die Strafe wegen "Mangel an Tatbestand" wieder verworfen. Die ins lächerliche ziehenden Kritiken wurden von Saphir weiterhin publiziert, was wiederum 1848/1849 zu Gegenreaktionen in den Zeitungen "Die Geißel" und "Jörgel-Briefe" führte.
Im Mai 1850 betrat Geiger zum ersten Mal als Schauspielerin die Bühne und spielte die Rolle der Elisabeth, Kaiserin von Russland in "Die Gefangenen der Czarin" von Friedrich Wilhelm Riese. Zuvor hatte sie Schauspielunterricht bei Amalie Haizinger und Therese Peche erhalten. Im September reiste sie mit ihrem Vater abermals nach Paris.
Von 1850 bis 1860 stand Constanze Geiger sowohl als Schauspielerin als auch als Pianistin und Komponistin in der Öffentlichkeit. Sie gastierte in verschiedenen Städten, darunter Laibach, Temesvár, Berlin oder Groß-Becskerek. Während der Zwischenakten in den Schauspielen wurden manchmal auch ihre Kompositionen von einem Orchester gespielt.
1861 heiratete sie den Prinzen Leopold von Sachsen-Coburg und Gotha, die morganatische Eheschließung wurde von der Familie Sachsen-Coburg als problematisch angesehen. Die Trauzeugen waren der Musikverleger Carl Haslinger und der Klavierfabrikant Johann Baptist Streicher. Bereits 1860 kam ihr gemeinsamer Sohn Franz Ferdinand Leopold auf die Welt.
Constanze Geiger zog sich nach der Eheschließung und der Geburt ihres Sohnes ins Privatleben zurück. Die Familie wohnte im Schloss Friedrichsthal in Gotha. 1862 wurde sie durch Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha als Freifrau von Ruttenstein in den Adelsstand erhoben. 1869 spielte sie in zwei Privataufführungen im Schlosstheater Gotha in Lessings "Minna von Barnhelm" mit. Noch 1880 wurde ihre letzte Komposition "Adieux à Vienne" in der Presse angekündigt. 1877 kaufte Constanze Geiger die "Villa Constance" in Paris. In der Stadt setzte sie sich auch für Aufführungen von Operetten von Carl Millöcker ein. Der Komponist widmete ihr als "Baronin Constanze von Ruttenstein" den Klavierauszug der Operette "Die Jungfrau von Belleville".
Das Ehepaar pflegte enge Verbindungen mit der Familie Strauss. Bereits 1845 widmete Johann Strauss (Vater) Constanze Geiger die "Flora-Quadrille op. 177". Sowohl Strauss Vater als auch von Strauss Sohn führten Werke von Constanze Geiger auf. 1861 widmete Johann Strauss seinen "Grillenbanner"-Walzer Leopold von Sachsen-Coburg und Gotha, der auf dessen Liebesbeziehung mit Constanze Geiger anspielte. Aufgrund von Vermittlungen von Constanze Geiger konnten Johann und Josef Strauss im Frühjahr 1869 die Walzer "Königslieder" op. 334 und "Huldigungslieder" op. 255 dem portugiesischen König Luis I. widmen. Außerdem setzte sie sich für Johann Strauss (Sohn) für die Verleihung des Komturkreuzes des "herzoglichen Sächsisch-Ernestinischen Hausordens" bei Herzog Ernst II. und bei Georg II. Herzog von Sachsen-Meiningen ein.
Als Prinz Leopold 1884 verstarb, ließ sich Constanze Freifrau von Ruttenstein in Paris nieder. 1890 verstarb sie an den Folgen eines Leberleides in Dieppe und wurde in Montmatre in Paris beerdigt.
Beim Neujahrskonzert 2025 kam mit Constanze Geigers "Ferdinandus-Walzer" erstmals das Werk einer Frau zur Aufführung.
In den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek sowie in der Wienbibliothek im Rathaus befinden sich mehrere Notenhandschriften und Musikdrucke sowie vereinzelte Korrespondenzstücke von Constanze Geiger.
Quellen
- Wienbibliothek Digital: Constanze Geiger / Constanze von Ruttenstein
- ANNO: Musikalischer Telegraph. In: Wiener Theater-Zeitung, 07.08.1844, S. 784
- ANNO: Wiener Tagsblatt. In: Wiener Theater-Zeitung, 07.12.1844, S. 1203
- ANNO: Geschwind, was gibt's in Wien Neues? In: Wiener Theater-Zeitung, 14.08.1847, S. 775
- ANNO: Theaterschau. Wien. In: Blätter für Musik, Theater und Kunst, 26.04.1961, S. 134
Literatur
- Raimund Lissy: "Es liegt ein eigener Zauber in diesem Wunderkinde!" Constanze Geiger – Komponistin, Pianistin, Schauspielerin aus Wien. Wien: Hollitzer 2024
- Ralf Braun: Prinz Leopold von Sachsen-Coburg und Gotha (Wien) - Constanze Freifrau von Ruttenstein, geb. Geiger, und Johann Strauss. In: Zwanzig Jahre Internationale Coburger Begegnungen (2007), S. 27–42
- Gerlinde Haas: „Un Instant de Bonheur“. Studien zur Musikwissenschaft, 43 (1994), S. 341–354
- Norbert Rubey: Constanze Geiger − Franziska Geiger. In: "Die Fledermaus". Mitteilungen 7−8 des Wiener Instituts für Strauss-Forschung (1994), S. 115
- Sophie Drinker Institut: Constanze Geiger [Stand: 24.10.2024]
- Österreichisches Musiklexikon: Geiger, Familie [Stand: 24.10.2024]
Constanze Geiger im Katalog der Österreichische Nationalbibliothek und im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.
Weblinks
- Stücke von Constanze Geiger auf YouTube, dargeboten von Raimund Lissy (1. Violine), Lara Kusztrich (2. Violine), Christoph Hammer (Viola) und Raphael Flieder (Violoncello), Arrangement für Streichquartett: Raimund Lissy: Herzensstürme, Walzer op. 25, Frühlingsträume, Walzer op. 8 (a), Nandl-Polka, op. 22 (b), Herzklopfer, Walzer op. 29, Chinesen-Polka op. 26, Lanckoronsky-Marsch op. 24, Ein Volkswalzer op. 22 (a), Radetzky Marsch op. 14 Nr. 1