Cölestine Hübner
Cölestine Hübner, * 17. März 1905 Wien, † 27. August 1982 Wien, Hilfsarbeiterin, Widerstandskämpferin.
Biografie
Cölestine Hübner, auch Tini gerufen, kam als Cölestine Slovak (Slowak) in Wien zur Welt. Ihre Mutter Anna Slovak war Hausfrau, ihr Vater Johann Slovak Modelltischler. Sie hatte vier Geschwister: Johann, Margarethe, Anna und Marie (Halbschwester väterlicherseits). Cölestine Hübner besuchte die Volks- und Bürgerschule und absolvierte anschließend eine zweijährige Fortbildungsschule, wo sie die Damenschneiderei erlernte. Um 1925 kam ihr Sohn Fritz Slovak zur Welt, der bereits 1933 an Tuberkulose starb. Cölestine Hübner heiratete den Vater ihres Sohnes, Stefan Hübner, kurz nach dessen Geburt. Auch er verstarb 1938 vermutlich an Tuberkulose, was auf die schlechte Wohnsituation der Familie schließen lässt. 1926 begann Cölestine Hübner zunächst als Hilfsarbeiterin in einer Kinderwarenfabrik zu arbeiten, ab 1927 war sie in der Holzwarenfirma Lourie & Co (10., Bernhardtstalgasse 36) angestellt.[1]
Cölestine Hübner war während der NS-Zeit im kommunistischen Widerstand aktiv. Sie stellte ihre Wohnung als Versammlungsort zur Verfügung und übernahm Postsendungen an ihrer Adresse. Laut Sachverhaltsdarstellung in den Gerichtsakten begann Hübners Widerstandsaktivität 1939 als sie während eines Besuchs bei ihrer Halbschwester Marie Drobics und deren Ehemann Franz Drobics in Kottingsbrunn/Leobersdorf den KPÖ-Verbindungsmann Rudolf Bartonek (1911–1981) kennenlernte. Dieser stellte ihr kurze Zeit später Anna Mayer vor, die ebenfalls im kommunistischen Widerstand aktiv war. Über Mayer kam Hübner wiederum in Kontakt mit den Widerstandskämpfern Emmerich Ascher (1909–?), Ludwig Schmidt (1913–1943) und Ludwig Alfons (1892–?).
Am 24. Dezember 1939 übernahm Hübner im Rahmen ihrer Widerstandstätigkeit einen Brief für Anna Mayer. Dies führte zu ihrer Festnahme am 27. Dezember, da der Überbringer ein Gestapo-Mitarbeiter gewesen war. Sie wurde zunächst im Polizeigefangenenhaus Wien (9., Roßauer Lände 5-9) festgehalten und im April 1941 in die Haftanstalt Krems überstellt. Am 17. Juli 1941 wurde schließlich Anklage gegen Cölestine Hübner wegen Vorbereit zum Hochverrat erhoben. Die Hauptverhandlung fand am 30. September statt, das Urteil – zwei Jahre Zuchthaus, zwei Jahre Ehrverlust – wurde am 7. Oktober des gleichen Jahres verkündet. Im Jänner 1942 wurde Hübner für die letzten Monate ihrer Haftstrafe ins Polizeigefangenenhaus Wien rücküberstellt. Marie und Franz Drobics – beide ebenfalls im Widerstand aktiv – konnten Cölestine Hübner während ihrer Haftzeit immer wieder Geld aus den Sammlungen der illegalen KPÖ Leobersdorf zukommen lassen.
Nach Ende ihrer Haftstrafe wurde Cölestine Hübner nicht freigelassen, sondern – vermutlich im Rahmen der "Schutzhaft" – in das KZ Ravensbrück deportiert, wo sie am 30. März 1942 ankam. Dort traf sie wieder mit Grete Stabej zusammen, die vor ihrer Festnahme 1938 bei Hübner gemeldet (10., Puchsbaumgasse 50) und seit 1939 im KZ Ravensbrück war. Hübner war lange Zeit Blockälteste, unter anderem im Block 20, und wurde als Funktionshäftling zur Zwangsarbeit in der Effektenkammer (Kleiderkammer) eingesetzt. Als geübte Musikerin (Gitarre und Gesang) musste sie im Konzentrationslager für die SS auftreten, oft gemeinsam mit Hermine Freiberger als Duo "Tini und Mimi", teilweise auch im Trio mit Hermine Nierlich-Jursa. Sie spielte aber auch für ihre Mitgefangenen. Hübners Gitarre wurde 2011 der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück übergeben und ist in der dortigen Dauerausstellung zu sehen. Cölestine Hübner erlebte die Befreiung durch die alliierten Truppen am 30. April 1945 im KZ Ravensbrück. Dem Todesmarsch konnte sie in gestohlener Lagerpolizei-Uniform getarnt entgehen.
Nach Wien zurückgekehrt wohnte Cölestine Hübner wieder in Favoriten – zeitweise zusammen mit Grete Stabej, die im Familiengrab der Hübners begraben wurde (dort: Margaretha Slaby). Auch ihren Beruf in der Holzwarenfirma Lourie & Co nahm sie wieder auf. Hübner war von der Gründung an in der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen aktiv, zeitweise auch im erweiterten Ausschuss. Darüber hinaus war sie langjähriges Mitglied im Arbeiter-Sängerbund Favoriten.
Cölestine Hübner verstarb 1982 im 77. Lebensjahr und wurde am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.
Quellen
Literatur
- Elke Rajal: Zwei Wiener "Ravensbrückerinnen" - Cölestine Hübner und Barbara Mucha-Eibensteiner. Leben im Widerstand. (Abschlussbericht für das Wissenschaftsstipendium) Wien: o. V. 2017
- DÖW: Hübner Cölestine [Stand: 18.11.2024]
- ÖsterreicherInnen im KZ Ravensbrück: Cölestine Hübner [Stand: 18.11.2024]
- Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück – Objekt im Fokus: Wandergitarre von Cölestine Hübner [Stand: 18.11.2024]
Weblinks
- Friedhöfe Wien – Verstorbenensuche: Hübner, Colestine
- Friedhöfe Wien – Verstorbenensuche: Hübner, Stefan
- Friedhöfe Wien – Verstorbenensuche: Slovak, Fritz
- Friedhöfe Wien – Verstorbenensuche: Slaby, Margaretha
- schlot.at: Holzwarenfabrik Lourié & Co
- Archivportal-D: Pölzl & Weigensamer, Wiener Holzwerke (früher: Lourié & Co.)
- Wikipedia: Rudolf Bartonek
- Lebendiges Museum Online: Die "Schutzhaft"
Referenzen
- ↑ Das Unternehmen wurde um 1943 "arisiert" und bis 1945 als Pölzl & Weigensamer Holzwerke geführt. An der Firmenadresse war ein Zwangsarbeiterlager für russische Zwangsarbeiter*innen angesiedelt, die in der Produktion eingesetzt wurden. Ab 1945 nahm die Holzwarenfirma Lourie & Co wieder den Betrieb auf.