Glocke
Glocke (lateinisch: campana, danach italienisch: campanile, Glockenturm), ein in der Regel aus Kupfer und Zinn gegossener, spezifisch geformter Hohlkörper, in welchem eine bewegliche Stange (Klöppel, in Wien Klachel) befestigt ist; versetzt man die Glocke in Schwingungen, wird durch das Anschlagen des Klöppels ein lauthallender Ton erzeugt.
Glocken sind seit der Antike nachweisbar; sie dienten als Signalinstrument zum Anzeigen von Uhrzeiten (auch Sperrzeiten, beispielsweise Bierglocke), des Beginns religiöser Handlungen (Gottesdienste, Begräbnisse) und politischer Aktionen oder Sitzungen (Genanntenglocke und Ratsglocke zur Einberufung von Sitzungen), zur Alarmierung in Kriegszeiten und bei Elementarkatastrophen (beispielsweise Feuerglocke). Aus akustischen Gründen wurden Glocken stets auf Türmen (meist Kirchtürmen, aber auch auf öffentlichen Gebäuden (beispielsweise Schranne am Hohen Markt) in Gestellen angebracht; mit Seilen oder Drähten versetzte man sie in Bewegung. In Wien sind Glocken in größerer Zahl ab dem 13. Jahrhundert nachweisbar; durch Abstimmung auf bestimmte Tonhöhen war erkennbar, welchen Zwecken das jeweilige Geläute diente.
Anlass zum Neuguss gab das Zerschmelzen von Glocken bei Feuersbrünsten oder das Zerspringen infolge Materialermüdung. Als im 15. Jahrhundert gegossene Feuerwaffen (Artillerie) aufkamen, zog man Glocken bei Bedarf als Material für den Geschützguss ein; andererseits wurden erbeutete Kanonen als Material für den Glockenguss verwendet (Alte Pummerin). Im mittelalterlichen Wien waren Glockengießer ein Spezialzweig der Zinngießer; ab dem 16. Jahrhundert bildeten die Stuck- (Kanonen-) und Glockengießer eine von den Zinngießern unabhängige Branche.
Von den über 2.400 historischen Glocken Österreichs befinden sich 113 in Wien (dazu kommen 53 weitere in der Sammlung Pfundner; Glockenmuseum). Neben je einer Glocke aus dem 13. und 15. Jahrhundert und fünf Glocken aus dem 16. Jahrhundert stammen je siebzehn Glocken aus dem 17. und 19. Jahrhundert, während die restlichen 72 Glocken dem 18. Jahrhundert angehören. Die größte Glocke, zugleich mit dem größten Geläute, ist die Pummerin auf dem Nordturm des Stephansdoms. Wien gehört zu den traditionsreichsten Glockengießerorten (ab dem 13. Jahrhundert rund 80 Gießereien). Die aus dem Jahr 1525 stammende Glocke der Michaelerkirche wurde, als sie 1992 durch einen Sprung ihren Klang verlor, rechts neben dem Portalvorbau der Kirche aufgestellt (Gedenktafel an der Kirchenfassade). Einige Glocken (wie etwa das Bräunglöcklein und die Zügenglocke zu St. Stephan und die sogenannte Schustermichel-Glocke) sind mit Sagen verbunden. Angstern, Glocken zu St. Stephan (dort weitere Verweise).
Literatur
- Gustav Gugitz: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien. Wien: Hollinek 1952 (Österreichische Heimat, 17), S. 78 ff.
Glocken zu St. Stephan
- Wiener Domvereinsblatt (1899), S. 189 ff., 197 ff.
- Hans Tietze: Geschichte und Beschreibung des St. Stephansdomes in Wien. Wien: Schroll 1931 (Österreichische Kunsttopographie, 23) , S. 425 ff.