Herbert Steiner
Herbert Steiner, * 3. Februar 1923 Wien, † 26. Mai 2001 Wien, Zeithistoriker, Gründer des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands (DÖW).
Biografie
Bereits als Mittelschüler betätigte er sich, einem sozialdemokratischen Elternhaus entstammend (sein Vater war Mitglied des Republikanischen Schutzbunds, er selbst kam über die sozialdemokratischen Kinderfreunde und Rote Falken 1937 zum "Kommunistischen Jugendverband"), im antifaschistischen Widerstand und musste deshalb im März 1938 aus Österreich flüchten. Seine Eltern fielen dem Holocaust zum Opfer. Im britischen Exil betätigte er sich in der Jugendorganisation "Young Austria" (ab 1940 als deren Sekretär) und knüpfte viele Kontakte zu Männern des politischen und kulturellen Lebens (beispielsweise Elias Canetti und Erich Fried).
Nach seiner Rückkehr nach Wien (1945) wirkte Steiner bis 1952 als Bundessekretär der Freien Österreichischen Jugend und beim Aufbau des Österreichischen Jugendherbergswerks. Er studierte an der Universität Prag (Dr. phil.). Schwerpunkte seiner historischen Forschungen waren die Geschichte des antifaschistischen Widerstands, die Revolution 1848 und die Frühgeschichte der Arbeiterbewegung. 1963 gelang ihm nach intensiven Vorarbeiten die Gründung des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands als überparteiliche Institution, die er 1983 in eine Stiftung überleitete. Der Aufbau des DÖW ist als Steiners Lebenswerk zu betrachten. 1982 habilitierte er sich an der Universität Wien und erhielt die Venia legendi (Univ.-Doz.).
Neben der wissenschaftlichen Leitung des DÖW (die er 1983 an Dr. Wolfgang Neugebauer übergab) war er ab 1965 in der Internationalen Tagung der Historiker der Arbeiterbewegung (ITH) tätig, die alljährlich in Linz wissenschaftliche Tagungen abhält ("Linzer Konferenzen") und sich dank Steiners Initiativen (die er über Anregung Bruno Kreiskys gemeinsam mit Rudolf Neck setzte) zu einer internationalen Plattform entwickelte, die gleichermaßen von Funktionären wie Oppositionellen jenseits des "Eisernen Vorhangs" zu Begegnungen und Diskussionen genutzt wurde. Im selben Jahr übernahm er ehrenamtlich die Funktion eines Sekretärs der Historischen Kommission der Kommunistischen Partei Österreichs, zog sich jedoch nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakische Sozialistische Republik 1968 aus dieser Funktion zurück.
Schon zur Zeit des "Kalten Krieges" galt sein besonders Bemühen der Zusammenführung westlicher und östlicher Wissenschaftler. Es gelang ihm dank vieler persönlicher Beziehungen und Freundschaften, konservative, sozialdemokratische und kommunistische Kräfte zu bündeln und Fragen aufzugreifen, die alle drei Partner interessierten. Steiner war nicht nur als Veranstalter wissenschaftlicher Kongresse und Herausgeber von Tagungsberichten tätig, sondern veröffentlichte auch beachtliche eigene Werke, darunter "Zur Geschichte der arbeitenden Jugend Österreichs 1848-1945" (1958), "Die internationale Arbeiterassociation und die österreichische Arbeiterbewegung" (1964), "Die Arbeiterbewegung Österreichs 1867-1899" (1964), "Die KPÖ 1918-1933" (1968), "Gestorben für Österreich" (1968), "Die Gebrüder Scheu" (1968), "Käthe Leichter" (1973) und "Karl Marx in Wien" (1978). Führend war auch seine Beteiligung an der Jura-Soyfer-Gesellschaft.
Goldenes Ehrenzeichen Land Wien (1993).
Sein Leichnam wurde aufgrund seiner testamentarischer Verfügung der Anatomie übergeben. Die anonyme Bestattung der Urne erfolgte auf dem Zentralfriedhof, Gruppe 26.
Literatur
- Ernst Bruckmüller [Hg.]: Personen Lexikon Österreich. Wien 2001
- Unterlagen des DÖW
Herbert Steiner im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.