Nachdem Wien unter Ferdinand I. 1533 wieder Residenzstadt geworden war und die Zentralbehörden immer mehr ausgebaut wurden, wuchs die Wohnungsknappheit in der Stadt. Zur Beschaffung von Quartieren für Beamte und Hofbedienstete wurde noch vor 1554 das Hofquartiersamt eingerichtet. Es verpflichtete alle bürgerlichen Hausbesitzer in der ummauerten Stadt (nicht aber Adel, Geistlichkeit, Universitäten und öffentliche Institutionen; Freihäuser), bestimmte Räume in ihren Häusern für die Einmietung von Hof- und Amtspersonal zu reservieren.
Das Hofquartierwesen stellte die Hausbesitzer der Stadt zunehmend vor Probleme. Während unter Kaiser Matthias im Jahr 1612 in etwa 800 Personen hofquartierberechtigt waren, stieg diese Zahl zu Beginn des 18. Jahrhunderts unter Kaiser Karl VI. auf etwa 2.175 Personen.[1]
Einführung der Hofquartierbücher
Zur Evidenthaltung passender Räume wurden periodisch sogenannte Hofquartierbücher angelegt. Aus dem 16. Jahrhundert (ab 1563) sind sieben, aus dem 17. Jahrhundert fünf und aus dem 18. Jahrhundert eines (1740) erhalten. Sie erfassen alle Häuser in der ummauerten Stadt und beschreiben bei jenen, die quartierpflichtig waren, auch die einzelnen Räume, wobei man vom 16. bis 18. Jahrhundert zwischen (kleineren) Kammern und (größeren) Stuben unterschied.
Ab 1566 fand in den Büchern eine durchgehende, 1664 geänderte Nummerierung der Häuser statt. Nummer 1 bekam die Hofburg, in der Folge verliefen die Nummern fortlaufend durch die Stadt, ohne deren Vierteleinteilung zu beachten. An den Häusern angebracht waren diese Nummern jedoch nicht. Wie die Steuernummern können sie damit allenfalls als Vorläufer der Hausnummern betrachtet werden.
In Zusammenhang mit dem Hofquartierwesen wurde 1748 eine um ein Häuserverzeichnis ergänzte Hofquartierkarte angelegt, in der die Häuser ebenfalls nummeriert eingetragen sind. Es gibt jedoch keinen Zusammenhang zwischen dieser Nummerierung und jener in den Hofquartiersbüchern, den Steuerbüchern oder den 1770/1771 eingeführten Konskriptionsnummern.
Von der Hofquartierpflicht konnte man vorübergehend befreit werden, wenn man Investitionen für einen Neu- oder Umbau nachwies. Der entsprechende Schriftverkehr ist in den 1637 bis 1781 erhaltenen Protokollen des Hofquartiermeisteramts überliefert. Sie werden, ebenso wie die Hofquartierbücher, im Hofkammerarchiv (heute: Österreichisches Staatsarchiv) verwahrt und bilden eine unschätzbare Quelle zur Topographie und Sozialgeschichte Wiens. 1781 wurde das Hofquartierwesen abgeschafft.
Quellen
Literatur
- Sándor Békési / Maximilian Maurer: Die Durchnummerierung der Stadt, in: Sándor Békési / Elke Doppler [Hg.]: Wien von oben. Die Stadt auf einen Blick (Katalog zur 414. Sonderausstellung des Wien Museum). Wien: Metro-Verlag 2017, S. 156 f.
- Anton Tantner: Die Hausnummern von Wien. Der Ordnung getreue Zahlen. Weitra: Bibliothek der Provinz 2016 (Enzyklopädie des Wiener Wissens, XXIV), S. 27 f.
- Maximilian Maurer, Das Hofquartierwesen im frühneuzeitlichen Wien. In: Frühneuzeit-Info, Stand 28.04.2022
- Maximilian Maurer: Das Hofquartierwesen am Wiener Hof in der Frühen Neuzeit. Dipl.-Arb. Univ. Wien. Wien 2013, urn:nbn:at:at-ubw:1-29877.17215.556363-3
- Archivalien aus acht Jahrhunderten. Ausstellung des Archivs der Stadt Wien. Dezember 1964 - Februar 1965. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1965 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 15), Nr. 70
- Josef Kallbrunner: Das Wiener Hofquartierwesen und die Maßnahmen gegen die Quartiersnot im 17. und 18. Jahrhundert. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 5 (1925), S. 24-36
- Ernst Birk: Materialien zur Topographie der Stadt Wien in den Jahren 1563 bis 1587. In: Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Vereines zu Wien 10 (1869), S. 79-164