Ilse Aichinger

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Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Aichinger, Ilse
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Eich, Ilse
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht weiblich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  35177
GNDGemeindsame Normdatei 118501232
Wikidata Q93514
GeburtsdatumDatum der Geburt 1. November 1921
GeburtsortOrt der Geburt Wien 4066009-6
SterbedatumSterbedatum 11. November 2016
SterbeortSterbeort Wien 4066009-6
BerufBeruf Schriftstellerin
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass Deutsches Literaturarchiv Marbach
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki 
RessourceUrsprüngliche Ressource  Gedenktage, Gedenktage-GW
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Recherche
Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde
Grabstelle
  • 3., Hohlweggasse 1 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Mitglied der Berliner Akademie der Künste (1956)
  • Korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung (1977)

  • Marie-Luise-Kaschnitz-Preis (Verleihung: 1984)
  • Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Silber (Verleihung: 23. April 1982, Übernahme: 24. September 1982)
  • Großer Kunstpreis des Landes Salzburg (Verleihung: 2015)
  • Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln (Verleihung: 2002)
  • Joseph-Breitbach-Preis (Verleihung: 2000)
  • Erich-Fried-Preis (Verleihung: 1997)
  • Großer Österreichischer Staatspreis für Literatur (Verleihung: 1995)
  • Manès-Sperber-Preis (Verleihung: 1991)
  • Peter-Rosegger-Preis (Verleihung: 1991)
  • Großer Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (Verleihung: 1991)
  • Weilheimer Literaturpreis (Verleihung: 1988)
  • Europalia-Literatur-Preis der Europäischen Gemeinschaft (Verleihung: 1987)
  • Günter-Eich-Preis (Verleihung: 1984)
  • Literaturpreis der Gruppe 47 (Verleihung: 1952)
  • Franz-Kafka-Preis (Verleihung: 1983)
  • Petrarca-Preis (Verleihung: 1982)
  • Franz-Nabl-Preis (Verleihung: 1979)
  • Georg-Trakl-Preis für Lyrik (Verleihung: 1979)
  • Roswitha-Preis (Verleihung: 1975)
  • Preis der Stadt Wien für Literatur (Verleihung: 1974)
  • Nelly-Sachs-Preis (Verleihung: 1971)
  • Anton-Wildgans-Preis (Verleihung: 1968)
  • Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (Verleihung: 1961)
  • Literaturpreis der Stadt Bremen (Verleihung: 1955)
  • Immermann-Preis (Verleihung: 1955)

Ilse Aichinger, * 1. November 1921 Wien, † 11. November 2016 Wien, Schriftstellerin, Lektorin.

Biografie

Ilse Aichinger und ihre Zwillingsschwester Helga wurden als Töchter der jüdischen Ärztin Berta Aichinger und des (nicht-jüdischen) Lehrers Ludwig Aichinger in Wien geboren und in der Pfarre Döbling getauft. Die Familie lebte zunächst in Linz und Wien. Nach der Scheidung übersiedelte Berta Aichinger mit den beiden Kindern 1926 nach Wien, wo sie die Unterstützung ihrer Familie hatte. Zur Großmutter entwickelte Ilse Aichinger ein besonderes Naheverhältnis.

Ilse Aichinger besuchte zunächst das Sacré Coeur und danach – bis zur Schließung der Klosterschulen 1938 – die Schule der Ursulinen in der Johannesgasse. Die Matura legte sie dann an einem öffentlichen Gymnasium ab. Während es ihrer Zwillingsschwester Helga gelang, im Juli 1939 mit einem der letzten Jugendtransporte nach England zu fliehen, blieben Berta und Ilse Aichinger in Wien. Die Mutter verlor 1938 ihre Anstellung als Schulärztin bei der Gemeinde Wien und musste sich als Fabrikarbeiterin durchbringen. Ilse Aichinger wurde als "Halbjüdin" das Medizinstudium verwehrt. Während des Krieges nahm sie Gelegenheitsarbeiten an und wurde dienstverpflichtet. Die Großmutter und die jüngeren Geschwister der Mutter wurden 1942 deportiert und ermordet. Ilse Aichinger, die die Deportation der geliebten Großmutter mitansehen musste, thematisierte dieses traumatische Ereignis mehrfach in ihren Texten.

Nach Kriegsende begann Ilse Aichinger ein Medizinstudium, brach es aber ab, um ihren Roman "Die größere Hoffnung" fertigzustellen. 1947/1948 reiste sie nach England, um ihre Zwillingsschwester wiederzusehen. Bei dieser Gelegenheit lernte sie Elias Canetti und Erich Fried kennen. 1949 wurde sie über Vermittlung von Gottfried Bermann-Fischer als Lektorin bei der Wiener Niederlassung des S. Fischer Verlags engagiert. Nach einem Jahr ging sie allerdings nach Ulm, wo sie als Assistentin von Inge Aicher-Scholl, einer Schwester der Widerstandskämpfer Sophie und Hans Scholl, am Aufbau der Ulmer Hochschule für Gestaltung mitarbeitete.

1951 nahm Aichinger erstmals an einer Tagung der Gruppe 47 teil. Bereits im Jahr darauf erhielt sie für ihren Text "Spiegelgeschichte" den Preis der Gruppe 47. Damit gelang ihr der literarische Durchbruch. Als Mitglied der Gruppe 47 lernte sie zudem den Lyriker Günter Eich kennen, den sie 1953 in München heiratete. Das Paar hatte zwei Kinder, Clemens (1954–1998) und Mirjam (* 1957). Die Familie lebte in Bayern und ab 1963 in Großgmain bei Salzburg. 1984, nach dem Tod ihrer Mutter, übersiedelte Ilse Aichinger auf Einladung des S. Fischer Verlags nach Frankfurt am Main, 1988 kehrte sie nach Wien zurück. Die Schriftstellerin lebte zurückgezogen, besuchte allerdings regelmäßig – vor allem auch zum Schreiben – Kaffeehäuser und war eine leidenschaftliche Kinogeherin.

Werk

Ilse Aichingers Erstlingswerk und einziger Roman, "Die größere Hoffnung" (1948), zählt heute zu den wichtigsten Werken der österreichischen Nachkriegsliteratur. Darin schildert sie aus der Perspektive eines jüdischen Kindes die Zeit des Nationalsozialismus in Wien. Ein Teil des Romans wurde bereits am 1. September 1945 unter dem Titel "Das vierte Tor" in der wenige Tage zuvor erstmals erschienenen Tageszeitung "Wiener Kurier" veröffentlicht. Dabei handelt es sich um den ersten Text in der österreichischen Literatur, der die Konzentrationslager thematisiert.

Aichingers Bekanntheit beruht in erster Linie auf ihren frühen Arbeiten, die allerdings erst mit etwas Verzögerung Anerkennung fanden und auch übersetzt wurden. Ihr Schaffen umfasst neben dem genannten Roman Erzählungen, Gedichte, Kurzfeuilletons, Essays und Hörspiele, darunter "Der letzte Tag" (1955), das in Zusammenarbeit mit ihrem Mann Günter Eich entstand. Nach dessen Tod im Jahr 1972 war Aichinger zudem an der Herausgabe seiner gesammelten Werke beteiligt, die bereits 1973 in vier Bänden erschienen.

Ihr eigenes Œuvre ist – an Seitenzahlen gemessen – nicht umfangreich, dafür umso reichhaltiger. Sie entwickelte im Laufe der Jahre einen minimalistischen Stil und reduzierte ihre Aussagen auf das Notwendigste. Wenngleich sie regelmäßig schrieb, gab es jahrelange Phasen, in denen sie nicht veröffentlichte. Zu ihrem 70. Geburtstag 1991 gab der Journalist, Literaturkritiker und Aichinger-Vertraute Richard Reichensperger "Ilse Aichinger. Werke in acht Bänden" heraus.

Nach einer längeren Publikationspause veröffentlichte Aichinger von 2001 bis 2003 in der Tageszeitung "Der Standard" eine wöchentliche Kolumne, nachdem sie für die Zeitung 2000 ein "Viennale-Tagebuch" geführt hatte. Über einen im "Standard" gedruckten Kolumnenbeitrag zum Nobelpreis an Elfriede Jelinek kam es 2004 allerdings zum Bruch, weshalb ihre Beiträge ab Dezember 2004 in der Wochenendbeilage "Spectrum" der Tageszeitung "Die Presse" erschienen. Der 2001 anlässlich ihres 80. Geburtstages erschienene Band "Film und Verhängnis. Blitzlichter auf ein Leben" enthält einige ihrer Kolumnen für "Der Standard". Darin vermischen sich alltägliche Beobachtungen im Kaffeehaus mit Erinnerungen an die Schauplätze ihrer Jugendjahre, vor allem die Kinos, die sie besuchte. Enthalten ist zudem Aichingers Rede anlässlich der Verleihung des Großen Österreichischen Staatspreises am 20. März 1996.

2011 gab Simone Fässler Interviews von Ilse Aichinger heraus, die einen Zeitraum von mehr als 50 Jahren umfassen. Der Schriftstellerin sind mehrere Filme gewidmet. Die Dokumentation "Wo ich wohne. Ein Film für Ilse Aichinger" hatte 2014 beim Filmfestival Diagonale in Graz Premiere.

Der Briefwechsel zwischen Ilse Aichinger und ihrer Zwillingsschwester Helga Michie befindet sich seit 2012 im Literaturarchiv Marbach.

Werke (Auswahl)

  • Ilse Aichinger: Die größere Hoffnung. Roman. Amsterdam: Bermann-Fischer 1948
  • Ilse Aichinger: Rede unter dem Galgen. Erzählungen. Wien: Jungbrunnen 1952 (Junge österreichische Autoren, 6)
  • Ilse Aichinger: Knöpfe (Hörspiel). Produktion SDR/NWDR 1953
  • Ilse Aichinger: Auckland. Vier Hörspiele. Frankfurt am Main: S. Fischer 1969
  • Ilse Aichinger: Eliza Eliza. Erzählungen. Frankfurt am Main: S. Fischer 1965
  • Ilse Aichinger: Schlechte Wörter. Frankfurt am Main: S. Fischer 1976
  • Ilse Aichinger: Werke in acht Bänden. Frankfurt am Main: S. Fischer 1991
  • Ilse Aichinger: Film und Verhängnis. Blitzlichter auf ein Leben. Frankfurt am Main: S. Fischer 2001
  • Ilse Aichinger: Es muss gar nichts bleiben. Interviews 1952–2005. Hg. und mit einem Nachwort versehen von Simone Fässler. Wien: Edition Korrespondenzen 2011


Quellen

Literatur

Weblinks