Josef Kallbrunner
Josef Kallbrunner, * 23. November 1881 Langenlois (Niederösterreich), † 29. März 1951 Wien, Archivar.
Biografie
Josef Kallbrunner studierte Geschichte an der Universität Wien (Dr. phil. 1906) und absolvierte das Institut für Österreichische Geschichtsforschung. Ab 1918 war er als Archivar tätig. 1926 wechselte er vom Archiv des Inneren und der Justiz als Oberarchivar in das Hofkammerarchiv, dessen Direktor er 1932 wurde. Bereits ab 1923 war er Schriftleiter der Mitteilungen und des Jahrbuchs des Vereins für Geschichte der Stadt Wien.
Kallbrunner forschte zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Wiens und publizierte regelmäßig in den Veröffentlichungen des Alterthumsvereins zu Wien. In den 1930er und 1940er Jahren stellte er seine Forschungen in den Dienst der nationalsozialistischen Rassenpolitik und beschäftigte sich vor allem mit der sogenannten Ansiedlungforschung und mit Forschungen zum Anteil der jüdischen Bevölkerung am finanz- und Wirtschaftsleben der Monarchie.
1934 wurde Kallbrunner Mitglied der Deutschen Akademie in München und fungierte ab diesem Zeitpunkt als ein wichtiges Bindeglied zur den Forschungseinrichtungen im nationalsozialistischen Deutschland. Wenngleich er erst 1944 mit der Mitgliedsnummer 9023891 der NSDAP beitrat, ist aufgrund Kallbrunners Vernetzung mit nationalsozialistischen Forschungseinrichtungen und Entscheidungsträgern davon auszugehen, dass er über die verbrecherische NS-Politik – vor allem auch in Osteuropa – im Bilde war. Anlässlich seines 60. Geburtstages 1941 wurde Kallbrunner vom Deutschen Auslandinstitut für seine "großen Verdienste um die Erforschung der deutschen Südost- und Ostwanderung sowie der sippenkundlichen Zusammenhänge mit diesen Gebieten" mit der silbernen Ehrenplakette geehrt.
Kallbrunner war während der gesamten NS-Zeit am Hofkammerarchiv beschäftigt. Nach Kriegsende wurde er ab April 1945 interimistisch weiterhin als Leiter eingesetzt. Mit 6. Februar 1946 wurde er mit einer zehnprozentigen Pensionskürzung in den Ruhestand versetzt. Als "minderbelastet" eingestuft erfolgte mit 31. August 1947 endgültig die Versetzung in den Ruhestand.
Die 1954 nach Kallbrunner benannte Verkehrsfläche findet im Bericht der Kommission zur Prüfung der Wiener Straßennamen keine Erwähnung.
Literatur
- Herbert Hutter: Der Dienst an der "schönen Sache". Das Hofkammerarchiv und die NS-Ansiedlungsforschung 1936–1945. In: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 54 (2010), S. 181–219
- Josef Karl Mayr: Jodef Kallbrunner †. In: Wiener Geschichtsblätter 6 (1951), S. 77
- Robert Teichl: Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen. Wien: Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei 1951
- Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Hrsg. von Franz Planer. Wien: F. Planer 1929
- Ehrung Josef Kallbrunner. In: Handbuch der Stadt Wien 1944, S. 34
- Hertha Wohlrab: Generalindex ... Vereins für Geschichte der Stadt Wien 1856-1976, S. 46 f. (Veröffentlichungen)
- Wikipedia: Josef Kallbrunner [Stand: 18.04.2024]
Josef Kallbrunner im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.