Karl Kautsky
Kautsky Karl, * 16. Oktober 1854 Prag, † 17. Oktober. 1938 Amsterdam, Niederlande, Theoretiker der Sozialdemokratie, Schriftsteller, Gattin (1890) Luise Ronsperger (* 11. August 1864 Wien, † 8. [?] Dezember 1944 Konzentrationslager Auschwitz [in Amsterdam 1944 verhaftet]), Sohn und Bruder eines Malers. Wuchs in Prag und Wien auf, studierte an der Universität Wien und schloss sich hier 1875 den Sozialdemokraten an und begann mit der Publikation von Schriften für die Partei.
Sein Buch "Der Einfluß der Volksvermehrung auf den Fortschritt der Gesellschaft" (1880) veranlasste Karl Höchberg, ihn nach Zürich zu holen, wo er Mitarbeiter wissenschaftlicher Zeitschriften wurde und Kontakte mit Karl Marx und Friedrich Engels anbahnte; 1885 ging er nach London (Privatsekretär von Engels, auch Freundschaft mit Marx) und 1890 nach Deutschland. 1883-1917 gab er die erste wissenschaftliche sozialdemokratische Zeitschrift "Die neue Zeit" (Stuttgart) heraus; Kautsky galt nach Engels' Tod als anerkannter Hüter des marxistischen Erbes; die Lehre des Marxismus wurde nicht in den Originalschriften von Marx und Engels, sondern in der Interpretation von Kautsky weltweit verbreitet, wobei er ihn zu einer Weltanschauung umformte, die sich von revolutionärer Aktion löste; Kautsky bekämpfte sowohl die Linken (Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, besonders Lenin, die den Massenstreik als Kampfmittel propagierten) wie auch die rechtsstehenden "Revisionisten" und verfasste 1891 den theoretischen Teil des "Erfurter Programms".
Nach dem Ersten Weltkrieg kämpfte er gegen die kommunistische Bewegung und schrieb, um die Wiedervereinigung der Sozialistischen Parteien vorzubereiten, "Die proletarische Revolution und ihr Programm" (1919). 1924-1933 lebte Kautsky in Wien, wo er auf die programmatischen Grundlagen der Sozialdemokratische Arbeiterpartei Einfluss nahm. 1938 emigrierte er nach Amsterdam. Wohnungen in Wien 1, Stubenring 1 (1919); 19, Osterleitengasse 12; 13, Freyenthurmgasse 18, Matrasgasse 22, Rosentalgasse 10 und Trauttmansdorffgasse 52; 19, Grinzinger Straße 65; zuletzt 18, Haizingergasse 47. Siehe Karl-Kautsky-Hof; Benedikt Kautsky. Kautskygasse.
Literatur
- Matthias Bernath [Hg.]: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. 4 Bände. München: Oldenbourg 1974-1981
- Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. München: Oldenbourg 1974 - lfd.
- Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begr. von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearb. von Karl Bosl [u.a.]. Band 2: I-R. München: A. Francke 1974
- Jean Maitron / Georges Haupt [Hg.]: Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier international. Band 1: Autriche. Paris: Éditions Ouvrières 1971
- Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
- Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954 - lfd.
- Gary P. Steenson: Karl Kautsky 1854-1938. Marxism in the classical years. Pittsburgh, Pa.: University of Pittsburgh Press 1978
- Massimo L. Salvadori: Sozialismus und Demokratie. Karl Kautsky 1880-1938. Stuttgart: Klett-Cotta 1982
- Ingrid Gilcher-Holtey: Das Mandat des Intellektuellen. Karl Kautsky und die Sozialdemokratie. Berlin: Siedler 1986, Zugl. Heidelberg, Univ., Diss., 1985
- Georges Haupt [Hg.]: Karl Kautsky und die Sozialdemokratie Südost-Europas. Korrespondenz 1883-1938. Frankfurt [u.a.]: Campus-Verl. 1986 (Quellen und Studien zur Sozialgeschichte, 5)
- Dick Geary: Karl Kautsky. Manchester: Manchester University Press 1987
- Karl Renner: Karl Kautsky. Skizze zur Geschichte der geistigen und politischen Entwicklung der deutschen Arbeiterklasse. Ihrem Lehrmeister Kautsky zum 75. Geburtstag gewidmet. Berlin: J. H. W. Dietz Nachf. 1929
- Erich Matthias: Kautsky und der Kautskyanismus. Die Funktion der Ideologie in der deutschen Sozialdemokratie vor dem ersten Weltkrieg. In: Marxismus-Studien. Hg. von Iring Fetscher. Tübingen: Mohr, 2,1957 (Schriften der Evangelischen Studiengemeinschaft, 5), S. 151-197
- Benedikt Kautsky [Hg.]: Friedrich Engels Briefwechsel mit Karl Kautsky. Wien: Danubia-Verl. / Wien: Braumüller, 2., durch d. Briefe Karl Kautskys vervollständ. Ausg. 1955 (Quellen und Untersuchungen zur Geschichte der deutschen und österreichischen Arbeiterbewegung, 1)
- Karl Kautsky: Ein Leben für den Sozialismus. Erinnerungen an Karl Kautsky. Hannover: Dietz 1954
- Benedikt Kautsky [Hg.]: Karl Kautsky: Erinnerungen und Erörterungen. 'S-Gravenhage: Mouton 1960 (Quellen und Untersuchungen zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, 3)
- Werner Blumenberg: Kautskys literarisches Werk. Eine biographische Übersicht. 'S-Gravenhage: Mouton 1960
- Walter Holzheuer: Karl Kautskys Werk als Weltanschauung. Beiträge zur Ideologie der Sozialdemokratie vor dem Ersten Weltkrieg. München: Beck 1972
- Herbert Steiner: Karl Kautsky und die Arbeiterbewegung Österreichs. In diesem Monat jährt sich zum fünfzigsten Male der Todestag Karl Kautskys. In: Zukunft 10 (1988), S. 29-30
- Sven Papcke: Zu Unrecht vergessen. Karl Kautsky, die "Vaterfigur" der Zweiten Internationale. In: Die Zeit, 7.10.1983
- Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Währing. Vom Ganserlberg zum Schafberg. Wien: Mohl 1989, S. 113 ff.
- Kurt Stimmer [Hg.]: Die Arbeiter von Wien. Ein sozialdemokratischer Stadtführer. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1988, S. 324