Landesgericht für Strafsachen I
Geschichte
Das Landesgericht für Strafsachen wurde am 1. Oktober 1920 errichtet (St 402) und war für die Wiener Bezirke 1-12, 16, 17 und 20 zuständig. Es verblieb weiterhin im sogenannten „Grauen Haus“. Das Gericht war mietweise im Speisehaus der Mittella AG untergebracht worden. Im Juni 1921 erfolgte eine kleine Sprengeländerung. Für das Jahr 1924 gibt es Berichte über den Personal- und Häftlingsstand. Diese zeigen einen Anstieg der Häftlingszahlen. Bereits 1923 herrschte Platzmangel, besonders im Amtsgebäude, welches als das „Graue Haus“ bekannt war. Es wurde daher überlegt Mannschaftszimmer in der sogenannten Viriotkaserne zu verlegen. Jedoch hätte sich das als schwierig erwiesen, da die Speiseräume der Mittella entfernt hätten werden müssen. Dies war jedoch praktisch nicht durchführbar. Im Jahr 1938 gab es noch Überlegungen über eine Vereinigung der beiden Landesgerichte für Strafsachen. Es liegen außerdem Berichte vor die erklären, dass das Gefangenenhaus für das Landesgericht für Strafsachen I fast immer über den Normalbelag hinaus belegt sei. Zusätzlich kamen auch Volksgerichtshofhäftlinge hinzu, welche in Einzelzellen untergebracht werden sollten. Mit dem 1. Mai 1939 wurde das Landesgericht für Strafsachen I schließlich mit dem Landesgericht für Strafsachen II, dem Handelsgericht, dem Jugendgerichtshof und dem Landesgericht für Zivilrechtssachen zum sogenannten Landgericht Wien vereinigt. Es erfolgte jedoch keine Übersiedelung.
Ende April 1945 wurde das Landesgericht für Strafsachen, anstelle der beiden früheren Landesgerichte für Strafsachen I und II errichtet und hatte seinen Sitz im „Grauen Haus“. Daneben befanden sich auch in de Amtsgebäude am Hernalser Gürtel, in der Rossauer Kaserne und in der Angeligasse Abteilungen des Landesgerichts für Strafsachen. Es liegen Berichte über Kriegsschäden am „Grauen Haus“ vor. Die Grundbücher wurden vorübergehend bei den Bezirksgerichten Schrems und Retz eingelagert und dann im Sommer 1949 wieder nach Wien übersiedelt und im „Grauen Haus“ untergebracht. Für die Lagerung wurden fünf Verhandlungssäle benötigt. Am 1 Oktober 1945 wurde der Sprengel wieder auf das gesamte Burgenland ausgeweitet (St 175). Zwischen Juli 1945 und 28. Februar 1949 war das Landesgericht für Strafsachen zudem zuständig für den Sprengel des KG Korneuburg.
Am 1. Jänner 1957 kam es zu Sprengeländerungen, bei denen die Stadtgrenzen angepasst wurden (B 246/56). Ein Jahr danach, am 1. Jänner 1958 wurde die Nordgrenze angepasst (B 91/93). Dabei wurden die Gemeinden Gerasdorf und Seyring aus dem Bezirk Mistelbach ausgeschieden. Sie wurden wieder dem Bezirk Wien-Umgebung zugewiesen. Das Gericht in Klosterneuburg war für diese Gemeinden wieder zuständig. Durch die Errichtung des Landesgerichts Eisenstadt, fiel die Zuständigkeit mit 1. Jänner 1959 für das Burgenland weg (B 269/58). Am 1. Jänner 1997 wurde der Zuständigkeitsbereich auf das Stadtgebiet weiter beschränkt (B 91/93). Im Jahre 1976 wurden Pläne zur Generalsanierung des Gebäudekomplexes des „Grauen Hauses“ gemacht. Die Sanierungsarbeiten erfolgten in mehreren Phasen zwischen den Jahren 1980 und 1996. Mitte 1992 musste das Gericht vorübergehend seine Räumlichkeiten verlassen. Am 1. Juli 2003 erfolgte die Übernahme der Agenden des aufgelösten Jugendgerichtshofes (B I 30/03).
Zuständigkeiten
- 1. Oktober 1920: Aktivierung; Zuständigkeit für Bezirke 1-12, 16, 17, 20
- Juni 1921: kleine Sprengeländerung
- 1. Mai 1939: Zusammenlegung der Gerichte Handelsgericht, Landesgericht für Zivilrechtssachen, Jugendgerichtshof und Landesgericht für Strafsachen I und II, neue Benennung Landgericht Wien
- Ende April 1945: (Wieder-) Errichtung Landesgericht für Strafsachen
- 1. Oktober 1945: Zuständigkeit auf das gesamte Burgenland ausgeweitet
- Juli 1945 bis 28. Februar 1949: Ausweitung der Zuständigkeit auf den Sprengel des KG Korneuburg
- 1. Jänner 1957: Anpassung der Sprengel an die Stadtgrenze
- 1. Jänner 1958: Anpassung der Sprengel an die Nordgrenze
- 1. Jänner 1959: Zuständigkeit für Burgenland an das Landesgericht Eisenstadt abgegeben
- 1. Jänner 1997: Weitere Beschränkung auf das Stadtgebiet
- 1. Juli 2003: Übernahme der Agenden des Jugendgerichtshofes
Gebäude
siehe: Landesgerichtsgebäude I: 8., Landesgerichtsstraße 9A - 11.
Literatur
- Brigitte Rigele: Staatliche Gerichte (Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchiv, Reihe A: Archivinventar, Serie 2, Heft 3)
- Alfred Waldstätten: Staatliche Gerichte in Wien seit Maria Theresia. Beiträge zu ihrer Geschichte. Ein Handbuch. Innsbruck/Wien: StudienVerlag 2011 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 54)