Lohn- und Preisabkommen
Lohn- und Preisabkommen, nach dem Zweiten Weltkrieg mehrmals nach Sozialpartnerverhandlungen (Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer) von der Regierung beschlossen, um die Währungs- und Inflationsprobleme zu bekämpfen und der Bevölkerung einen vertretbaren Lebensstandard zu gewährleisten. Es wurden jeweils Prozentsätze bestimmt, um die alle Löhne und Preise steigen durften.
Folgende Lohn- und Preisabkommen wurden beschlossen:
- Erstes: 1. August 1947
- Zweites: 16. September 1948
- Drittes: 1. Juni 1949
- Viertes: 1. Oktober 1950
- Fünftes: 16. Juli 1951
Die Lohn- und Preisabkommen wurden durch die Tätigkeit der „Paritätischen Kommission" abgelöst.
Debatte um den Oktoberstreik und Putschversuch
Gegen den Beschluss des Vierten Lohn- und Preisabkommen gab es 1950 massiven Widerspruch, es wurden Streiks organisiert, der ÖGB stimmte den Streiks aber nicht zu da er zuvor dem Abkommen zugestimmt hatte. Mehrheitlich wird in der Geschichtsschreibung dieser Streik so beschrieben (Czeike):
"Als Reaktion auf die Vorbereitung dieses Abkommens begann am 26. September 1950 ein kommunistischer Streik, der am 30. September seinen Höhepunkt erreichte und in einen Putschversuch überging (Versuch der Installierung einer Volksdemokratie nach östlichem Muster), jedoch am 6. Oktober 1950 infolge der entschiedenen Gegenmaßnahmen der Gewerkschaft (insbesondere der Bau- und Holzarbeitergewerkschaft unter Franz Olah) und der Regierung abgebrochen werden musste."
Differenzierter stellt den Vorgang das Demokratiezentrum Wien dar:
"In Reaktion auf das Vierte Lohn- und Preisabkommen, das massive Preiserhöhungen, aber weitaus geringere Lohnerhöhungen vorsah, kam es vom 26. September bis zum 6. Oktober 1950 zu einer groß angelegten Streikbewegung in Österreich. Da bei diesen Streiks die KPÖ und die USIA-Betreibe eine führende Rolle spielten, wurden sie damals als "kommunistischer Putschversuch" gesehen bzw. als solcher in der politischen Argumentation bezeichnet. Neuere Forschungen haben jedoch ergeben, dass nicht von einer ernsthaften Putschabsicht der Kommunisten die Rede sein kann."
2015 wurde zur Klärung seitens des ÖGB ein HistorikerInnenteam beauftragt "den aktuellen Forschungsstand zur Streikbewegung des Jahres 1950 zusammenzufassen und darüber hinaus zur Putschlegende und zu den Ausschlüssen neue Recherchen anzustellen." Die Ergebnisse der Recherche wurden durch eine Publikation im ÖGB-Verlag allgemein zugänglich gemacht. Zudem wurden die 78 GewerkschaftsfunktionärInnen, die der ÖGB 1950 ob des Putschversuch-Vorwurfs ausgeschlossen hat, darunter einen Mitgründer des ÖGBs, rehabilitiert. Der entsprechende Beschluss des ÖGB-Bundesvorstandes vom 29.10.2015 lautet:
"Da die Behauptung, es habe sich bei den Oktoberstreiks 1950 um einen kommunistischen Putschversuch gehandelt, nach heutigen historischen Erkenntnissen widerlegt ist, sind alle gewerkschaftlichen Bildungsunterlagen, soweit das noch nicht erfolgt ist, dementsprechend anzupassen. Darüber hinaus wird festgehalten, dass die damals in Folge der Streiks ausgeschlossenen Gewerkschaftsmitglieder, allen voran das ÖGB-Gründungsmitglied Gottlieb Fiala, nach heutigem Wissensstand nicht auszuschließen gewesen wären."
Literatur
- Peter Autengruber / Manfred Mugrauer: Oktoberstreik. Die Realität hinter den Legenden über die Streikbewegung im Herbst 1950. Sanktionen gegen Beteiligte und ihre Rücknahme. Wien: ÖGB-Verlag, 2015.