Ludwig Herberth
- Rat der Stadt Wien (17.05.1934 bis 16.03.1938)
- Präsident der Wiener Kaufmannschaft (1945)
- Amtsführender Stadtrat für Wirtschaftsangelegenheiten (17.04.1945 bis 04.08.1945)
- Beirat der Landesleitung der Vaterländischen Front
- Vorstandsmitglied des Hauptverbandes Zuckergroßhandel und Lebensmittelgroßhandelsverband
Ludwig Herberth, * 16. Mai 1890 Wien, † 9. Oktober 1953 Wien, Unternehmer, Standesvertreter, Politiker.
Biografie
Ludwig Herberth war der Sohn von Johann Herberth, einem Fleischhauermeister und Kampfgefährten Karl Luegers. Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Wien und war als Großhandelskaufmann (Kolonialwaren, Gewürze, Kaffee) tätig. Im Ersten Weltkrieg geriet er in Kriegsgefangenschaft, aus der er erst 1921 wieder heimkehrte. Während des Ständestaates war er in verschiedensten Funktionen tätig; unter anderem war er Vorstandsmitglied des Handelsbundes, Mitglied des Präsidiums der Wiener Handelskammer und als Vertreter des Handels Rat der Stadt Wien.
Obwohl mit einer Jüdin verheiratet, galt der Unternehmer als Kontaktmann zur NSDAP, der er im Dezember 1932 beitrat und auch in der Zeit der Illegalität 1934 bis 1938 angehörte. 1937 gehörte er zu den Proponenten des Deutsch-sozialen Volksbunds, der Nationalen in der Vaterländischen Front Raum bieten sollte. Laut seinem "Gauakt" half er zahlreichen illegalen Nationalsozialisten bei der Suche nach Beschäftigung, andererseits in der NS-Zeit Verfolgten wie Karl Seitz, Theodor Körner oder Familienangehörigen von Richard Schmitz. 1939 wurde er aus der NSDAP trotz "großer Verdienste" ausgeschlossen, weil seine Ehefrau als "rassisch untragbar" galt. In weiterer Folge bemühte sich Herberth erfolgreich, seinen Schwiegervater durch das Reichssippenamt in Berlin zum "Arier" erklären zu lassen, was seine Familie vor Deportation schützte.
Unmittelbar nach der Befreiung Wiens 1945 gehörte er als Vertreter der ÖVP dem Stadtsenat als Amtsführender Stadtrat für Wirtschaftsangelegenheiten an, schied aber bereits im August 1945 aus dieser Funktion aus, nachdem Gerüchte über seine frühere Mitgliedschaft bei der NSDAP auftauchten. In weiterer Folge war er als Präsident der Wiener Kaufmannschaft als Standesvertreter tätig. Ein Verfahren vor dem Volksgericht Wien wurde 1947 eingestellt.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Gauakten, A1: 108.691
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A42: 14. Bezirk, 3715
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Volksgericht Wien, A1: Vg 3e Vr 1923/1945
- Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Datenbank Volksgerichtsakten (Forschungsstelle Nachkriegsjustiz): Akt 16.579
- Österreichisches Staatsarchiv - Archiv der Republik, Bundesministerium für Inneres, Gauakten: 30.934
- Österreichisches Staatsarchiv - Archiv der Republik, Christlichsoziale Partei, Organisation Wien, Parteileitung, Korrespondenz: Zl. 103/34
- Österreichisches Staatsarchiv - Kriegsarchiv, Militärische Grundevidenz Personal: Grundbuchblatt 24
- Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, BDC
- Magistratsabteilung 61, E-Mail, 05.09.2003
Literatur
- Maren Seliger: Scheinparlamentarismus im Führerstaat "Gemeindevertretung" im Austrofaschismus und Nationalsozialismus. Funktionen und politische Profile Wiener Räte und Ratsherren 1934–1945 im Vergleich. Wien: Lit-Verlag 2010, S. 777
- Stefan Eminger / Karl Haas: Wirtschaftstreibende und Nationalsozialismus in Österreich. Die Nazifizierung von Handel, Gewerbe und Industrie in den 1930er Jahren. In: Zeitgeschichte 29 (Juli/August 2002), S. 154 f.
- Das Neue Wien und seine Bürgerschaft. Eine Darstellung des ständischen Aufbaues der Stadt Wien. Almanach für die bundesunmittelbare Stadt Wien. Wien: Beck 1935, S. 99
- Gerald D. Feldman/Peter Hayes: Austrian banks in the period of National Socialism. New York, NY: Cambridge University Press 2015, S. 408