Manz'sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung
48° 12' 30.46" N, 16° 22' 1.25" E zur Karte im Wien Kulturgut
Manz'sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung 1., Kohlmarkt 16 (früher 20), Fachverlag für Recht, Steuer und Wirtschaft mit Sitz in Wien. Friedrich Manz gründete das Verlagshaus 1849 als Manz’sche k.k. Hof-Verlags- und Universitätsbuchhandlung, die nach dem Tod des Firmengründers 1866 von dessen aus Regensburg nach Wien übersiedelten Bruder Georg Joseph Manz (1808-1894) weitergeführt wurde. 1870 übernahm sein Sohn Hermann die Verlagsgeschäfte, die 1883 von diesem an das Druck- und Verlagshaus Julius Klinkhardt in Leipzig weiterverkauft wurden. Julius Klinkhardt und dessen Prokurist Markus Stein übernahmen fortan die Geschäftsführung.
Die Manz’sche k. u. k. Hof-Verlags- und Universitäts-Buchhandlung (Julius Klinkhardt & Co.), die eine eigene Buchdruckerei hatte, trat vor allem als Zeitschriftenverleger und Herausgeber von Gesetzeswerken hervor. Zu den vielen juristischen Fachzeitschriften zählten die "Allgemeine Österreichische Gerichtszeitung", "Gazetta del Tribunali", "Juristische Vierteljahrsschrift", "Österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht" und viele weitere. Wie andere Verlage auch, von denen ein Gutteil der Produktion die Existenz der Monarchie, den Zusammenhang der beiden Reichshälften zur Voraussetzung hatte, war der juristische Fachverlag Manz vom Umbruch nach dem Ersten Weltkrieg unmittelbar betroffen. Das Erscheinen neuer Gesetze bedeutete beispielsweise den Verlust von Lagerbeständen. Die Firma gehörte aber zu denen, die rasch die Konsequenzen aus der veränderten Lage zogen. Man nützte die (relative) Billigkeit der Erzeugung in Österreich im Verhältnis zum Stande der Valutenkurse und schuf innerhalb kürzester Zeit die "Collection Manz", eine aus vier Serien bestehende Neuausgabe französischer Originalwerke. Auf die "Collection Manz" folgte eine weitere Sammlung, unter dem Namen "Editions Larousse", die Werke zeitgenössischer französischer Schriftsteller enthalten sollte. Aus Copyrightgründen war der Verkauf nach Frankreich, Belgien und den französischen Kolonien allerdings nicht gestattet.
Auf Veranlassung von Markus Stein wurde 1892/93 das Haus Kohlmarkt 16 nach Plänen des Architekten Franz Kupka errichtet. 1910 wurden Markus Stein und sein Sohn Richard alleinige Inhaber des Verlagshauses. In diese Zeit fällt auch die Übertragung eines Auftrages zur Neugestaltung der Verkaufs- und Direktionsräumlichkeiten an den Wiener Architekten Adolf Loos. Das Portal, ein eklatanter Gegensatz zur verhaltenen Architektur, die noch zwei Jahre zuvor beim Herrenausstatter Knize Anwendung gefunden hatte, gestaltete Loos nach psychologischen Erkenntnissen: Der Eingang ist um gut einen Meter hinter die Baulinie zurückversetzt, der gesamte Eingangsbereich wird von oben beleuchtet, durch breite Glasfronten wird das Ladeninnere nicht mehr von der Straße geheimnisvoll abgeschirmt sondern mit einem Blick überschaubar und offengelegt. Dies sollte eine "Sogwirkung auf das Unbewusste" des Passanten ausüben, zum Verweilen vor der Auslage und letztlich zum Betreten des Geschäftes anregen. Für das Portal verwendete Loos weißgeäderten schwarzen Marmor, die vergoldete Schrift gestaltete Loos, der sich im Laufe seiner Laufbahn mehrfach als Schriftdesigner betätigt hatte, selbst. Als leitende Holzart des Geschäftes wurde Mahagoni gewählt. Loos machte den kunstsinnigen Verleger Richard Stein mit seinem Schützling Oskar Kokoschka bekannt, welcher 1909 das Portrait "Spielende Kinder" schuf, das Richard Steins Kinder Lotte und Walter zeigte.
1935 übernahm mit Robert Stein (1899-1970) bereits die dritte Generation die Geschäftsführung. Er bewerkstelligte mit seinem Bruder Walter vor allem den Wiederaufbau des Verlags- und Druckereibetriebes nach dem Zweiten Weltkrieg. 1970 übernahm Franz Stein (1944–2005) nach dem Tod seines Vaters Robert die Geschäftsführung. Seither kam es zu einer Reihe von Neuerungen (Auslagerung des Schulbuchverlages, Einführung EDV-basierter Drucktechniken, Übersiedlung der Firmenleitung in die Johannesgasse 23, Übernahme der Firmentochter RDB Rechtsdatenbank GmbH und der Dataweb-Dienste von der Telekom Austria (Firmenbuch, Grundbuch, Zentrales Melderegister)). Der Verlagsgruppe Manz gehören mehrere Firmen (teilweise unter Beteiligung) an.
Quellen
Literatur
- Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918–1938. Band I: Geschichte des österreichischen Verlagswesens. Wien u.a.: Böhlau 1985
- Christopher Dietz, Burkhardt Rukschcio: 100 Jahre Loos-Portal der Buchhandlung MANZ. Wien: Manz 2012
- Burkhardt Rukschcio / Roland Schachel: Adolf Loos. Leben und Werk. Salzburg: Residenz Verlag 1987, S. 496