Kohlmarkt

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Ansicht des Kohlmarkts, 1786
Daten zum Objekt
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48° 12' 30.81" N, 16° 22' 2.31" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Kohlmarkt (1.). Auf der Trasse des Kohlmarkts verlief in der Antike während der Römerzeit die Zubringerstraße von der "porta decumana" des Kastells Vindobona (im Mittelalter Peurertor an der Kreuzung Tuchlauben-Naglergasse-Graben; Peilertor) zur Limesstraße (im Mittelalter Hochstraße, Trasse Herrengasse-Augustinerstraße), in die sie am heutigen Michaelerplatz mündete.

Kohlmarkt (1954)

Im 12. Jahrhundert verlief entlang der Hinterseiten der heute gerade numerierten Häuser des Kohlmarkts (einschließlich Graben 19 und 20) die "lange Mauer" (als topographische Angabe "An der langen Mauer" zwischen 1319 und 1417 nachweisbar), die vermutlich eine hochmittelalterliche Vorstadt im Bereich der Wallnerstraße abschirmte. Nach der Errichtung der neuen babenbergischen Ringmauer (um 1200) wurde die einstige Zubringerstraße verbaut und über die Kreuzung beim heutigen Michaelerplatz hinaus bis zu einem neu angelegten Stadttor (heute in den Leopoldinischen Trakt der Hofburg verbaut) verlängert; dieses Tor scheint 1275 als "Witmarkttor" (später verballhornt in Widmertor, ab dem 16. Jahrhundert Burgtor) auf, wogegen der heutige Kohlmarkt 1255 und 1304 die Bezeichnung "Witmarkt" (wit, wid = Holz) trug; zuvor hatte dieser Name für einen Teil der Tuchlauben (Umgebung des Dreiecksplatzes vor Nummer acht) gegolten.

1314 und 1352 scheint erstmals die Bezeichnung "Kohl(en)markt" (lateinisch forum carbonum) auf. Da die Straße 1356 bereits "alter Kohlmarkt" hieß, muss der Handel mit (Holz-)Kohle inzwischen in den Oberen Werd verlegt worden sein. Ein Teilstück gegen den Graben zu hieß bis ins 16. Jahrhundert in Erinnerung an das römerzeitliche beziehungsweise hochmittelalterliche Stadttor "Beim Peurertor (Peilertor)", das Teilstück gegen den heutigen Michaelerplatz "Bei St. Michael", das Teilstück vom heutigen Michaelerplatz zum Widmertor (im Laufe des 15./16. Jahrhunderts größtenteils in den Burgkomplex einbezogen) "Bei der Burg".

Die Bezeichnung Kohlmarkt (seit dem 16. Jahrhundert) erinnert an die einstige Funktion. Im Lauf der Zeit entwickelte sich der Kohlmarkt, der die Verbindung von St. Stephan über den Graben zur Hofburg herstellt, zu einer der vornehmsten Straßen Wiens (Prozessionen, Erbhuldigungszüge). 1848 vorrübergehend "Versöhnungsstraße". Im Zuge der Ausweitung der Fußgeherzone am Graben wurde 1989 auch der Kohlmarkt in diese einbezogen und danach entsprechend gestaltet.

Gasbeleuchtung am Kohlmarkt mit Großem Michaelerhaus und Michaelerkirche, 1851

Gebäude

  • Nummer 1 (Graben 18): Wohn- und Geschäftshaus, erbaut 1896 von Josef Hackhofer; die bronzene Husarenreiterstatue auf dem Dach wird in Verbindung zu dem 1869 hier eingerichteten Geschäft "Zum Husaren" gebracht. Hier starb der Klaviererzeuger Ludwig Bösendorfer.
  • Nummer 2: ehemaliges Warenhaus Pollak (Modefabrik Gustav Pollak und Bruder), erbaut 1909 in secessionistischen Stilformen nach Plänen von Friedrich Schön (Baumeister Oskar Laske und Viktor Fiala).
  • Nummer 3
  • Nummer 4: Wohnhaus, erbaut im 18. Jahrhundert, aufgestockt 1777/1778 von Liborius Thaddäus Gerl und verändert 1807 durch Franz Wipplinger beziehungsweise 1842 durch Josef Klee. Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden dem Gebäude neuerlich zwei (leicht zurückgesetzte) Stockwerke aufgesetzt.
  • Nummer 6 (Wallnerstraße 2): Hier befanden sich Milanis Kaffeehaus und ab 1806 die Buchhandlung von Joseph Geistinger (die dieser 1828 an Carl Gerold verkaufen musste). Später befand sich hier die Kuglersche Delikatessenhandlung; danach Thonet; heute Dior. Um 1780 befand sich im ersten Stock ein Wachsfigurenkabinett.
  • Nummer 7: Wohnhaus "Zu den zwei steinernen Säulen" beziehungsweise "Zum Holzgewölb", erbaut 1840-1847 von Leopold Mayer; typisches spätklassizistisches Miethaus (13 Fensterachsen) mit breiter Einfahrt. Alt-Wiener Firma Huber & Lerner.
  • Nummer 9: Artariahaus (Artaria, Verlag), erbaut 1901/1902 nach Plänen von Max Fabiani ("Zum englischen Gruß"); Gedenktafel für Frédéric Chopin (bei diesem Stichwort Druckfehler hinsichtlich der Aufenthaltsdauer; Chopin wohnte von November 1830 bis Juli 1831 im vierten Stock des Vorgängerhauses).
  • Nummer 10: Im Kohlmarktkino wurden am Anfang des 20. Jahrhunderts bewegte Bilder nach dem System Lumière vorgeführt (Film, Anton Kolm).
  • Nummer 11 (Michaelerplatz 4): Großes Michaelerhaus; Gedenktafeln für Joseph Haydn (der hier ab 1750 mehrere Jahre bei seinem Lehrer Porpora wohnte, und Pietro Metastasio, der hier bis zu seinem Tod (1782) wohnte.
  • Nummer 14: Hofkonditorei Demel.
  • Nummer 16: Firmensitz der Manz'schen Verlags- und Universitätsbuchhandlung mit Portal und Ladenausstattung von Adolf Loos
  • Nummer 18 (Michaelerplatz 3, Herrengasse 2): Looshaus; hier stand das Dreilauferhaus, in dem Artaria und Demel ursprünglich untergebracht waren.

Pfarrzugehörigkeit bis 1938

Bis 1938 lag die Standesführung in Österreich in den Händen der konfessionellen Behörden. Die Geburts-, Ehe-, und Sterbematriken von katholischen Bewohnerinnen und Bewohnern wurden von der zuständigen Pfarre geführt.

Quellen

Literatur

  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.-12. Bezirk. Salzburg: Residenz-Verlag 1990, S. 67 ff
  • Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 93 f.
  • Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk, Ed. Wien, Dachs-Verlag 1993, S. 105 f.
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 95
  • Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matrikenführer und Familienforscher. Wien: Verlag des Österreichischen Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde, 1929
  • Gustav Gugitz: Das Wiener Kaffeehaus. Ein Stück Kultur- und Lokalgeschichte. Wien: Dt. Verlag für Jugend und Volk 1940, Register
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 465
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 6, 2. Teil. Wien ²1957 (Manuskript im WStLA), S. 409 f.
  • Hugo Hassinger: Kunsthistorischer Atlas der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien und Verzeichnis der erhaltenswerten historischen, Kunst- und Naturdenkmale des Wiener Stadtbildes. Wien: Schroll 1916 (Österreichische Kunsttopographie, 15), S. 66
  • Hubert Kaut: Der Kohlmarkt. In: Wien aktuell. Band 1, 1968, S. 32 ff.
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 535 ff.
  • Hans Markl: Die Gedenktafeln Wiens. Wien: ABZ-Verlag 1949, S. 26 f.
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 46 (falsche Jahresangaben bei Chopins Aufenthaltsdauer!)
  • Robert Mucnjak: Führer durch Alt-Wien. Innere Stadt. Wien: Der Museumsverein Innere Stadt 1980 (Schriftenreihe des Bezirksmuseums, 3), S. 60 ff.
  • Hans Pemmer: Der Kohlmarkt im alten Wien. In: Stadt Wien. 1966, S. 37-40
  • Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
  • Richard Perger: Die Vorstadt an der langen Mauer. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien. Band 30, 1975, S. 126 ff. (Anhang: Häusergeschichte)
  • Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 86
  • Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 62 (Nr. 4, 7,11, 18)
  • Lehne: Warenhäuser (FB 20), S. 184 ff., (Nr. 2)
  • Siegfried Weyr: Wien. Magie der Inneren Stadt. Wien [u.a.]: Zsolnay 1968, S. 341 ff
  • Burkhardt Rukschcio / Roland Schachel: Adolf Loos. Leben und Werk. Salzburg: Residenz Verlag 1987, S. 496