Mariahilf (Bezirkswappen)
Der Heraldiker Hugo Gerard Ströhl entwarf die Wiener Bezirkswappen 1903/1904 im Auftrag der Stadt Wien als Schmuck der Versorgungsheimkirche. Die Felder des Bezirkswappens von Mariahilf gehen auf Siegelbilder der Grundgerichtssiegel der ehemaligen Vorstädte zurück, die 1850 im Zuge der Stadterweiterung zu diesem Bezirk zusammengeschlossen worden waren.
Inhaltliche Beschreibung
Wappen viergeteilt und mit Herzschild belegt. Die fünf Felder vereinigen die Wappen der ehemaligen Vorstädte Laimgrube, Windmühle, Magdalenengrund, Gumpendorf und Mariahilf.
Laimgrube
Vor goldenem Hintergrund ist auf grünem Boden die Figur des Heiligen Theobald im braunen Mönchsgewand abgebildet. Links steht ein Altar mit Kruzifix, rechts eine rot gedeckte Kirche. Der Heilige Theobald war Patron der Theobaldkirche, die sich in dieser Vorstadt befand. Mitte des 15. Jahrhunderts wurde eine dort bestehende Kapelle dem Heiligen Theobald geweiht. 1529 in der Ersten Türkenbelagerung zerstört, wurde 1621 erneut dort eine Kapelle diesem Heiligen geweiht.
Windmühle
Vor silbernem Hintergrund ist auf grünem Boden der Heilige Theobald im Bischofsornat dargestellt. Links von ihm steht eine rot gedeckte Kirche. Beide beziehen sich auf die nahe gelegene Theobaldkirche.
Magdalenengrund
Redendes Wappen. Vor silbernem Hintergrund kniet die Heilige Maria Magdalena im blauen Mantel unter dem Gekreuzigten zu ihrer Linken. Diese Vorstadt stand unter der Grundherrschaft der Maria-Magdalena-Kapelle bei St. Stephan.
Gumpendorf
Vor schwarzem Hintergrund und einer goldenen eingebogenen Spitze sind drei Lilien in verwechselten Farben abgebildet. Es handelt sich um das Wappen der Familie Muschinger, welche seit 1540 die Grundherrschaft in Gumpendorf innehatte. Laut Wappenbrief der Familie vom 19. Juli 1533 war das Wappenbild "in Schwarz eine goldene, von zwei goldenen Lilien beseitete Spitze, in der sich eine schwarze Lilie befindet". Im Siegel von Gumpendorf war die eingebogene Spitze nicht vorhanden[1].
Mariahilf
Vor blauem Hintergrund auf wogendem Gewässer ist ein braunes Schiff mit silbernem Segel abgebildet. Am Heck befindet sich die Doppeladler-Fahne, an Deck die Figur des Don Juan d'Austria in goldener Rüstung mit einem goldenen Schwert in seiner Rechten. Er soll seinen Sieg über die Türken in der Seeschlacht bei Lepanto (7. Oktober 1571) der Hilfe der heiligen Maria verdankt haben. Das Schiff ist eine Anspielung auf den früheren Namen der Vorstadt, nämlich Im Schiff, sowie Maria als Patronin der Mariahilfer Kirche.
Wappenkundliche Blasonierung
Quadriert. 1: in Gold der Heilige Theobald in brauner Mönchskutte auf grünem Boden mit Heiligenschein, rechts ein silberner Altar mit Kruzifix, links eine silberne, rot bedachte Kirche; 2: in Silber der Heilige Theobald im Bischofsornat nach rechts schreitend auf grünem Boden, rechts eine silberne, rot bedachte Kirche; 3: in Silber der Gekreuzigte in Naturfarben auf grünem Grund, links kniend Maria Magdalena in braunem Gewand und blauem Mantel; 4: über einer goldenen eingebogenen Spitze, darin eine schwarze Lilie, zwei Lilien in verwechselten Farben; belegt mit einem Herzschild, darin in Blau auf silbernen Wellen ein braunes Schiff mit silbernem Segel und rotem Wimpel, am Heck mit einer Fahne, darin in Gold ein schwarzer Doppeladler (Altes Reich), darauf ein linksgewendeter Ritter in goldener Rüstung mit rotem Gewand und rotem Helmbusch, in der Rechten ein Schwert, die Linke erhoben (Don Juan d'Austria).
Entwicklung des Wappens
Hugo Gerard Ströhl konzipierte das Wappen 1903/1904 für die Versorgungsheimkirche. Diese 1904 publizierte Fassung entsprach bereits im Wesentlichen der heutigen.[2] Ströhl ließ den Entwurf auch in ein Wiener Gesamtwappen[3] einfließen, bei dem er sämtliche Bezirkswappen zu einem gemeinsamen Wappenschild vereinte. Verglichen mit dem Bezirkswappen liegt im Wappenfeld von Mariahilf im dritten Feld heraldisch rechts neben dem Gekreuzigten ein silberner Totenschädel.[4]. Ströhls Wappenentwurf für die Versorgungsheimkirche diente demjenigen von Oktober 1985 im Auftrag des Wiener Stadt- und Landesarchivs erstellten und 1992 umgesetzten Wappen als Vorlage. Dieser zeigt die Doppeladler-Fahne nach heraldisch rechts wehend, sodass sie teilweise die Figur Don Juans d'Austria bedeckt. Trägt die Fahne in der Fassung von 1904 noch einen schwarzen Doppeladler in goldenem Grund, dem ein von einem Bindenschild und den Wappen Kastiliens geteilten Schild auf die Brust gelegt ist, also das habsburgische Wappen,[5] ist dem kaiserlichen Doppeladler in den Entwürfen ab 1985 ein Kreuzschild auf die Brust gelegt. Die Kombination von kaiserlichem Adler und Kreuzschild ist in dieser Form und in diesem Zusammenhang irrig, da auch das Wiener Stadtwappen bis 1925 einen goldenen Doppeladler in Schwarz zeigte. Don Juan kann als kaiserlichem Befehlshaber nur die habsburgische Fahne beigegeben werden. Auf der Fassung von 1985/1992 beruht die aktuelle von 2015, in der lediglich die Metalle Gold und Silber durch Gelb und Weiß ersetzt wurden.
Quellen
- Wien Museum, Inv.Nr. 36963/6: Fassung von Hugo Ströhl (1904)
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Hauptarchiv-Akten – Reihe B: 1822: Entwürfe 1985-1988
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Adressen und grafische Blätter, A1/2: 610: Fassung 1992
Literatur
- Jakob Dont: Das Wiener Versorgungsheim. Eine Gedenkschrift zur Eröffnung. Wien: Verlag der Gemeinde Wien 1904
- Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910
- Hugo Gerard Ströhl: Wappen und Siegelbilder von Wien. o.O. o.J.
- Hugo Gerard Ströhl: Städtewappen von Österreich-Ungarn Wappenbuch. 2. Auflage. Wien: Anton Schroll & Co. 1904
- Manuel Swatek: Zeichen der Stadt. Beiträge zur Geschichte der Wiener Wappen und Symbole. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 76 (2020), S. 233-268
Weblinks
Wappen zum Download:
Die Bezirkswappen haben im rechtlichen Sinne nie Wappenstatus erlangt. Sie stellen Traditionsgut dar und können als solches verwendet werden.[6]
Einzelnachweise
- ↑ Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. 11
- ↑ Jakob Dont: Das Wiener Versorgungsheim. Eine Gedenkschrift zur Eröffnung. Wien: Verlag der Gemeinde Wien 1904, Taf. 1; Wiederabdruck in: ders. [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, Tafel 1b
- ↑ Hugo Gerard Ströhl: Städtewappen von Österreich-Ungarn Wappenbuch. 2. Auflage. Wien: Anton Schroll & Co. 1904, Tafel 2
- ↑ Hugo Gerard Ströhl: Städtewappen von Österreich-Ungarn Wappenbuch. 2. Auflage. Wien: Anton Schroll & Co. 1904, Tafel 2
- ↑ Dieses Detail ist zwar nicht im Druck 1904/1910, aber auf dem Original im Museum deutlich sichtbar.
- ↑ Sie werden als Gebrauchsgrafik unter der Lizenz CC BY 4.0 zur Verfügung gestellt. Bei der Weiterverwendung muss der Rechteinhaber mit "Grafik: WStLA" genannt werden. Die Grafiken dürfen nicht für Anwendungen oder Veröffentlichungen verwendet werden, die kriminelle, illegale, rassistische, diskriminierende, verleumderische, pornographische, sexistische oder homophobe Aktivitäten unterstützen oder zu solchen Aktivitäten anstiften.