Marlen Haushofer

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Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Haushofer, Marlen
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Frauendorfer, Marie Helene
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht weiblich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  5841
GNDGemeindsame Normdatei 118811134
Wikidata Q112929
GeburtsdatumDatum der Geburt 11. April 1920
GeburtsortOrt der Geburt Frauenstein bei Steyr 4018233-2
SterbedatumSterbedatum 21. März 1970
SterbeortSterbeort Wien 4066009-6
BerufBeruf Schriftstellerin
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur, Oberösterreichisches Literaturarchiv
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki 
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde
Grabstelle

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Theodor-Körner-Preis für Literatur (Verleihung: 1956)
  • Kinderbuchpreis der Stadt Wien (Übernahme: 1965)
  • Kinderbuchpreis der Stadt Wien (Übernahme: 1967)

Marlen Haushofer, * 11. April 1920 Frauenstein bei Steyr, Oberösterreich, † 21. März 1970 Wien, Schriftstellerin.

Biografie

Marlen Haushofer, die mit Taufnamen Marie Helene Frauendorfer hieß, kam am 11. April 1920 im oberösterreichischen Frauenstein zur Welt, wo ihr Vater als Revierförster tätig war. Nach der Volksschule in Frauenstein besuchte sie ab 1930 die Internatsschule der Ursulinen in Linz. Sie maturierte, verzögert durch eine schwere Lungenerkrankung, 1939 am Linzer Gymnasium der Kreuzschwestern, das nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich als öffentliche Schule weitergeführt worden war. Von April bis September 1939 wurde Haushofer zum sechsmonatigen Reichsarbeitsdienst im ostpreussischen Christburg verpflichtet, der durch den deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 vorzeitig endete.

Anfang 1940 begann Haushofer an der Universität Wien mehrere geisteswissenschaftliche Fächer zu studieren, die – an vorderster Front die Germanistik mit Josef Nadler – besonders ideologisierend unterrichtet wurden. Voraussetzung für das Studium war, dass Haushofer dem NSD, dem Studentenbund der NSDAP, beitrat (vgl. Strigl 2000, S. 122 f). In ihrer Freizeit las sie verfemte Autoren wie Thomas Mann oder Franz Werfel und besuchte immer wieder katholische Predigten – private Akte des Widerstands gegen ein Regime, das ihr widerstrebte.

Am 30. Juli 1941 brachte Haushofer – ohne Wissen ihrer Eltern – in Bayern Sohn Christian zur Welt, von dessen Vater sie sich einige Monate zuvor getrennt hatte. Zum Zeitpunkt der Geburt hatte sie bereits ihren späteren Mann Manfred Haushofer kennengelernt, einen Sanitätsunteroffizier der Luftwaffe und angehenden Mediziner, den sie im November 1941 heiratete. Der gemeinsame Sohn Manfred wurde am 27. März 1943 geboren und blieb vorerst bei den Großeltern. Das Ehepaar ging nach Graz, wo Manfred Haushofer das Medizinstudium abschloss und eine Ausbildung zum Zahnarzt absolvierte; auch Marlen Haushofer ging dort ihren Universitätsstudien nach, brach sie 1945 allerdings endgültig ab. Schließlich ließen sich die Haushofers mit den beiden Söhnen nahe bzw. in Steyr nieder, wo Manfred Haushofer die Leitung des Zahnambulatoriums der Krankenkasse übernahm und später eine eigene Ordination führte. Das Ehepaar lebte trotz heimlicher Scheidung (1950) und nach erneuter Heirat (1958) bis zum frühen Tod Marlen Haushofers, bei der 1969 Knochenkrebs diagnostiziert wurde, in Steyr zusammen.

Marlen Haushofer hatte sich ab 1946 ernsthaft dem literarischen Schreiben gewidmet. In diesem Jahr ist mit der Erzählung "Die blutigen Tränen" auch ihre erste Publikation zu verzeichnen, die im "Linzer Volksblatt" gedruckt wurde. Sie knüpfte Kontakte zu Mentoren der jungen österreichischen Literatur in Wien, zuerst zu Hermann Hakel, der einige ihrer Kurzgeschichten an die "Arbeiter-Zeitung" vermittelte, dann zu Hans Weigel, der Haushofers erste Buchveröffentlichung ermöglichte: Die Erzählung "Das fünfte Jahr", die ein bäuerliches Milieu aus der Perspektive eines kleinen Mädchens schildert, erschien als Band 2 der von Weigel verantworteten Reihe "Junge österreichische Autoren" des Wiener Jungbrunnen Verlags. Für dieses Werk erhielt sie den Staatlichen Förderungspreis für Literatur, der für Haushofer zur persönlichen Legitimation ihrer schriftstellerischen Tätigkeit wurde. Haushofer führte fortan ein Doppelleben: In Steyr als Mutter, Hausfrau und Sprechstundenhilfe ihres Mannes, die sich die Stunden fürs Schreiben freikämpfen musste; in Wien als schüchterne, aber ernstgenommene Erzählerin der jungen Literaturszene um Hans Weigel. Dieser spornte sie nicht nur zur disziplinierten literarischen Produktion an, sondern vermittelte auch ärztliche Hilfe in Wien aufgrund ihrer Depressionen (Viktor Frankl) und später aufgrund ihrer Krebserkrankung.

1955 erschien mit "Eine Handvoll Leben" Haushofers erster Roman. Es folgten im Jahrestakt der Erzählband "Die Vergißmeinnichtquelle", der Roman "Die Tapetentür" und "Wir töten Stella", eine meisterhafte Novelle, die die existentiellen Abgründe einer nach außen hin tadellosen Ehe aufdeckt. Schließlich legte Haushofer 1963 mit dem Buch "Die Wand" ihr Hauptwerk vor, das seit der Wiederentdeckung Anfang der 1980er Jahre als einer der wichtigsten deutschsprachigen Romane nach dem Zweiten Weltkrieg gilt. Unter all den Texten, die von sich selbst entfremdeten Frauen in einer männlich dominierten und zerstörten Alltagswelt erzählen, ist "Die Wand" "die wohl radikalste Phantasie" weiblicher Selbstbestimmung in Haushofers Werk (Strigl 2000, S. 259): Der Roman endet bezeichnenderweise damit, dass die weibliche Hauptfigur den einzig übrig gebliebenen Mann kaltblütig ermordet. Neben weiteren Romanen und Erzählungen, wie "Die Mansarde" von 1969, verfasste Haushofer insgesamt fünf Kinder- und Jugendbücher. Für "Brav sein ist schwer" und "Müssen Tiere draußen bleiben?" erhielt sie 1965 und 1967 den Kinderbuchpreis der Stadt Wien.

Quellen

  • Wienbibliothek im Rathaus, Tagblattarchiv: 3 Mappen Haushofer, Marlen [Sign.: TP 018600]

Werke

  • Marlen Haushofer: Das fünfte Jahr. Erzählung. Wien: Jungbrunnenverlag [1951] (Junge österreichische Autoren, 2)
  • Marlen Haushofer: Eine Handvoll Leben. Roman. Wien: Zsolnay 1955
  • Marlen Haushofer: Die Vergißmeinnichtquelle. Zwanzig Erzählungen. Wien: Bergland Verlag 1956 (Neue Dichtung aus Österreich, 20)
  • Marlen Haushofer: Die Tapetentür. Roman. Wien: Zsolnay 1957
  • Marlen Haushofer: Wir töten Stella. Novelle. Wien: Bergland Verlag 1958 (Neue Dichtung aus Österreich, 43)
  • Marlen Haushofer: Die Wand. Roman. Gütersloh: Mohn 1963
  • Marlen Haushofer: Bartls Abenteuer. Wien, Hannover, Bern: Forum 1964
  • Marlen Haushofer: Brav sein ist schwer. Kinderbuch. Wien: Jugend und Volk 1965
  • Marlen Haushofer: Himmel, der nirgendwo endet. Roman. Gütersloh: Mohn 1966
  • Marlen Haushofer: Lebenslänglich. Eingeleitet und ausgewählt von Oskar Jan Tauschinski. Graz, Wien, Köln: Stiasny 1966 (Stiasny-Bücherei, 165)
  • Marlen Haushofer: Müssen Tiere draußen bleiben? Jugendbuch. Wien: Jugend und Volk 1967
  • Marlen Haushofer: Schreckliche Treue. Erzählungen. Düsseldorf: Claassen 1968
  • Marlen Haushofer: Wohin mit dem Dackel? Jugendbuch. Wien: Jugend und Volk 1968
  • Marlen Haushofer: Die Mansarde. Roman. Hamburg, Düsseldorf: Claassen 1969
  • Marlen Haushofer: Schlimm sein ist auch kein Vergnügen. Kinderbuch. Wien: Jugend und Volk 1970


  • Marlen Haushofer: Das Waldmädchen. Drei Märchen. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1972
  • Marlen Haushofer: Begegnung mit dem Fremden. Gesammelte Erzählungen. Bd. 1. Düsseldorf: Claassen 1985
  • Marlen Haushofer: Die Überlebenden. Unveröffentlichte Texte aus dem Nachlaß. Aufsätze zum Werk. Hg. von Christine Schmidjell. Linz: Landesverlag 1991 (Schriften zur Literatur und Sprache in Oberösterreich, 2)
  • Die Frau hinter der Wand. Aus dem Nachlaß der Marlen Haushofer. Hg. von Liliane Studer. München: Claassen 2000

Verfilmungen

  • Die Wand. Regie: Julian Pölsler, Hauptrolle: Martina Gedeck, 2012
  • Wir töten Stella. Regie: Julian Pölsler, Hauptrolle: Martina Gedeck, 2016

Literatur

  • Tanja Gausterer: Eier im Glas, Einspänner, Kondensmilch. Neckische Schriftstellermotivation à la Hans Weigel. In: Marcel Atze und Volker Kaukoreit [Hg.]: „Gedanken reisen, Einfälle kommen an“. Die Welt der Notiz. Sichtungen, 16./17. Jg. Wien: Praesens 2017, S. 237-249
  • Andreas Brandtner und Volker Kaukoreit: Marlen Haushofer. Die Wand. Erläuterungen und Dokumente. Stuttgart: Reclam 2012 (Reclams Universal-Bibliothek, 16073)
  • Christa Gürtler [Hg.]: Marlen Haushofer 1920–1970. Ich möchte wissen, wo ich hingekommen bin! [Begleitpublikation zur Ausstellung im StifterHaus 12. April bis 16. November 2010] Linz: StifterHaus 2010 (Literatur im StifterHaus, 23)
  • Anke Bosse und Clemens Ruthner [Hg.]: „Eine geheime Schrift aus diesem Splitterwerk enträtseln...“ Marlen Haushofers Werk im Kontext. Tübingen, Basel: Francke 2000
  • Daniela Strigl: Marlen Haushofer. Die Biographie. München: Claassen 2000
  • Marlen Haushofer 1920–1970. Katalog einer Ausstellung, gemeinsam veranstaltet von: Marktgemeinde Molln, Oberösterreich, Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich in Linz, Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur in Wien. Zirkular. Sondernummer 22, Juni 1990


Marlen Haushofer im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.


Weblinks