Norbert Liebermann
Liebermann Norbert, * 28. November 1881 Drohóbycz, Galizien (Drogobytsch, Ukraine), † 7. Jänner 1959 Wien 19, Cottagegasse 54 (Zentralfriedhof, Urnenhain), Generaldirektor der Wiener Städtischen Wechselseitigen Versicherungsanstalt. Da sein Vater bereits vor seiner Geburt gestorben war, wuchs er in Armut auf. 1898 kam er nach Wien, 1901 trat er als Mathematiker und Fremdsprachenkorrespondent in die Lebensversichrungsgesellschaft „Atlas" ein. Er schloss sich auch dem am 1. Juni 1901 gegründeten Gewerkschaftsverein der Versicherungsangestellten an, wurde 1904 in den Ausschuss und bei der Konstituierung der neugegründeten Krankenkasse der Versicherungsangestellten 1906 in deren Vorstand gewählt sowie 1907 Administrator der Gewerkschafts-Zeitschrift „Organ der Versicherungsangestellten". Diese Tätigkeit erfuhr 1907-1911 eine Unterbrechung, weil er berufsbedingt nicht in Wien war (Leiter der Generalagentschaft des „Atlas" in Troppau; neuerlich Wahl in den Gewerkschaftsvorstand 1913). 1914-1918 war er Telegraphist an der Front. 1918 wurde er stellvertretender Direktor des „Atlas". Am 26. Juli 1922 wurde Liebermann von Finanzstadtrat Hugo Breitner als Direktor der „Gemeinde Wien – Städtische Versicherungsanstalt" mit der Aufgabe betraut, die ehemalige Kaiser-Franz-Joseph-Rentenversicherungsanstalt, deren Direktor ab 1902 Josef Frank gewesen war, zu reorganisieren und den veränderten Verhältnissen anzupassen. Es gelang Liebermann, aus diesem Institut in wenigen Jahren eine der größten Versicherungsanstalten, die „Wiener Städtische Wechselseitige Versicherungsanstalt", zu machen, wobei seine kollektvvertraglichen und sozialpolitischen Aktivitäten nicht übersehen werden dürfen. 1934 wurde Liebermann seines Postens enthoben und zwangspensioniert, am 9. November 1938 von der Gestapo verhaftet und ins KZ Dachau eingeliefert. Nach der Entlassung am 15. März 1939 gelang ihm die Flucht über Kuba in die USA. 1947 folgte er einer persönlichen Einladung Bürgermeister Theodor Körners und kehrte am 10. Mai nach Wien zurück, wo er wieder die Leitung der Städtischen Versicherung übernahm. Liebermann hat den Bau des Ringturms (1, Schottenring 30) veranlasst; die Erwerbung der Aktienmehrheit der „Donau"-Versicherung, um die er sich bemühte, war ihm nicht möglich. Neben seinen Geschäften fand er Zeit für die Förderung künstlerischer und kultureller Aktivitäten; so wurde auf seine Initiative hin die Hugo-Breitner-Gesellschaft zur Förderung künstlerischen Nachwuchses gegründet, deren zweiter Präsident er wurde. Im November 1956 wurde der „Liebermann-Ring" für verdiente Verkaufsmitarbeiter gestiftet; Liebermannhof, Norbert-Liebermann-Park, Norbert-Liebermann-Gedenkstein.
Literatur
- Wolfgang Rohrbach: Das Zeitalter des modernen Versicherungswesens. Wien: Holzhausen 1988 (Versicherungsgeschichte Österreichs, 3), 1074 ff.
- Mitteilungen. Wien: Wiener Städtische Wechselseitige Versicherungsanstalt 6/1947, S. 1; 1/1957, S. 1 (Liebermann-Ring); 2/1959, S. 4, 8, 14ff., 25f.; 4/1965, S. 3ff.; 1/1969, S. 16; 2/1992, S. 14f. (Park)
- Rathaus-Korrespondenz. Wien: Presse- und Informationsdienst, 07.01.1959
- Amtsblatt der Stadt Wien. Wien: Stadt Wien - Presse- und Informationsdienst, 20.05.1964, S. 7 f.