Ottilie Collin
Ottilie Collin, * 19. Mai 1863 Wien, † 29. Februar 1960 Wien, Schauspielerin, Sängerin (Sopran).
Biografie
Ottilie Collin, die als Ottilia Amalia Müller geboren wurde, interessierte sich von Kindheit an fürs Theater. Ihre erste Ausbildung erhielt sie in Graz von Kapellmeister Moric Anger, am 10. September 1881 debütierte sie am Stadttheater Teplitz in Suppés "Die schöne Galathée". Zwei Jahre später trat sie ein Engagement am Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater in Berlin an. Dort feierte sie große Erfolge und machte unter anderem Adele Strauss und Johann Strauss auf sich aufmerksam.
Trotz eines laufenden Dreijahresvertrags in Berlin wurde Collin 1884 vom Theater an der Wien angeworben, wo sie bis 1891 als erste Operettensängerin tätig war. Collin sang zahlreiche Hauptrollen in neuen Operetten, darunter Mina in "Der Feldprediger" (Carl Millöcker, 1884), Saffi in "Der Zigeunerbaron" (Johann Strauss, 1885), Käthchen in "Die sieben Schwaben" (Millöcker, 1887), Tilly in "Simplicius" (Strauss, 1887), Yum-Yum in "Mikado" (Arthur Sullivan, 1888, deutsche Adaption von Abt) und die Kurfürstin in "Der Vogelhändler" (Carl Zeller, 1891). Besonders hervorzuheben ist ihre Rolle als Zigeunermädchen in "Der Zigeunerbaron", die sie zur Premiere am 24. Oktober 1885 sang.
Collin zählte zu den führenden Künstlerinnen ihrer Zeit und war ein charakterstarker Liebling des Wiener Publikums. 1891 legte sie eine krankheitsbedingte Pause ein. 1896 kehrte sie ans Friedrich-Wilhelmstädtische Theater nach Berlin zurück, 1898 wurde sie für zwei Jahre ans Carltheater engagiert.
1899 heiratete Ottilie Collin den Rittergutsbesitzer Max Heilmeyer, der Besitzungen in der Nähe von Labiau in Ostpreußen besaß, und sie zog sich von der Bühne zurück. Max Heilmeyer verstarb bereits vier Jahre später. Ab 1951 erhielt Collin von der Stadt Wien eine monatliche monetäre Zuwendung. Die Künstlerin verstarb am 29. Februar 1960 im 97. Lebensjahr Jahren in Wien und wurde auf dem Zentralfriedhof begraben.
Ihr Name ist mit der goldenen Ära der Operette der 1880er Jahre verbunden. Namhafte Primadonnen wie Caroline Finaly, Rosa Streitmann und Ottilie Collin traten in gefeierten Stücken wie "Der Bettelstudent", "Gasparone", "Der Zigeunerbaron", "Eine Nacht in Venedig", "Der Vogelhändler" oder "Boccaccio" auf, doch sind ihre Namen weitgehend in Vergessenheit geraten. Anders als männliche Stars, wie beispielsweise Alexander Girardi, rückten diese Soubretten häufig in den Hintergrund und erhielten für ihre Arbeit weniger Aufmerksamkeit und Anerkennung. Wie Marion Linhardt ausführt, wurde den männlichen Charakteren und Stoffen in den Operetten mehr Bedeutung zugemessen und Frauenrollen in den Hintergrund gedrängt, was bis zu einem gewissen Grad auch breitere gesellschaftliche Veränderungen widerspiegelte (vgl. Linhardt, S. 169 f.).
Rollen (Auswahl)
- Yum Yum in "Mikado"
- Sali in "Wienerstadt in Wort und Bild"
- Minna in Carl Millöckers "Der Feldprediger" (Theater an der Wien, 31. Oktober 1884)
- Saffi in Johann Strauss' "Der Zigeunerbaron" (Theater an der Wien, 24. Oktober 1885)
- Käthchen in Carl Millöckers "Die sieben Schwaben"
Quellen
- Matricula Online: Taufbuch der Pfarre Hernals, Signatur: 01-019, folio 114
- ANNO: An das Carltheater… In: Der Humorist, 20. 09.1898, S 3
- Wienbibliothek Digital: Amtsblatt der Stadt Wien, Nummer 11, 07.02.1951, S. 11
- ANNO Theater für heute, Samstag, 13. September. In: Neue Freie Presse, 13.09.1884, S. 20
- Theatermuseum Wien: Fotografien von Ottilie Collin
Literatur
- Marion Linhardt: Inszenierung der Frau – Frau in der Inszenierung: Operette in Wien zwischen 1865 und 1900. Publikationen des Instituts für Österreichische Musikdokumentation 19. Tutzing: Schneider 1997
- Ludwig Eisenberg: Ottilie Collin. In: Großes biographisches Lexikon der deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. Leipzig 1903, S. 160 [Stand: 12.02.2025]
- Wikipedia: Ottilie_Collin [Stand: 12.02.2025]
Ottilie Collin im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.