Prozess gegen Hugo Bettauer und Rudolf Olden
Im Oktober 1924 wurde gegen Hugo Bettauer und seinen Mitangeklagten Rudolf Olden wegen "Herabwürdigung von Familie und Ehe" sowie der "Gutheißung von ungesetzlichen und unsittlichen Handlungen" sowie "öffentliches Ärgernis verursachende Verletzung der Sittlichkeit oder Schamhaftigkeit" verhandelt. Nach dem ersten Prozesstag wurde die Anklage gegen Rudolf Olden vollständig zurückgezogen. Am zweiten Prozesstag wurde Hugo Bettauer von allen Anklagepunkten freigesprochen. Öffentlicher Ankläger war Dr. Franz Schwarz, der erst ein halbes Jahr zuvor zum ersten Pressestaatsanwalt am Landesgericht Wien ernannt wurde.
Zuvor verfasste Hugo Bettauer im April 1924 noch eine Verteidigungsschrift hinsichtlich seiner Anklage. Darin machte er mehrere Personen der Presse und öffentlichen Verwaltung für die Hetze gegen seine Person verantwortlich:
- Robert Stricker (1879-1944), Chefredakteur der Wiener Morgenzeitung und bekennender Zionist, der später im Ältestenrat von Theresienstadt tätig war und in Auschwitz starb.
- Emmerich (Imre) Teuber (1877-1943), Altschotte, Pfadfinderführer, 1939 vom Münchner Volksgerichtshof freigesprochen, verstarb er an den Folgen seiner Haft.
- Polizeipräsident Johann Schober (1874-1932), später Außenminister und Bundeskanzler für die Großdeutsche Volkspartei (GDVP).
- Ernst Martin Benedikt (1864-1939), Herausgeber der Neue Freie Presse.
- Franz Schwarz, ab März 1924 erste Pressestaatsanwalt am Landesgericht Wien.
- Jakob Lippowitz (1865-1934), Chefredakteur des Neuen Wiener Journals.
- Friedrich Funder (1872-1959), Chefredakteur der Reichspost und Funktionär der Burschenschaft Carolina Graz; 1938 kam er über Dachau nach Flossenbürg, wo er 1939 auf Intervention des Vatikans freigelassen wurde; die Zweite Republik bedachte ihn mit mehreren Orden und Auszeichnungen.
- Der Katholische Volksbund (1938 aufgelöst). Der Bund katholischer Frauenvereine (1938 aufgelöst).
- Prälat Ignaz Seipel (1876-1932), Bundeskanzler und Parteiobmann der Christlichsozialen Partei.
- Alfred Rudolph Zimmermann (1869-1937), Niederländer, von März 1923 – Juli 1926 beaufsichtigte er als Generalkommissär des Völkerbundes (Genfer Protokolle / Anschlussverbot) die Staatsfinanzen Österreichs.
- Friedrich Gustav Piffl (1864-1932), ab 1913 Fürsterzbischof von Wien, Mönch, Moraltheologe und eifrigster Burschenschafter.
- Und schließlich noch die gesamte Großdeutsche Volkspartei (GDVP).