48° 11' 22.99" N, 16° 20' 12.02" E zur Karte im Wien Kulturgut
Die Raimund Lichtspiele, auch Raimund Kino (15., Sechshauser Straße 3) wurden 1920 im großen, nahezu quadratischen Saal des ehemaligen beliebten Vorortelokals "Stadtgutsäle" gegründet und hatten 1922 einen Fassungsraum für 700 Personen (ehemalige Stadtgutsäle). 1926 hatte das Kino Platz für 733 Personen und 1934 für 745 Personen. Am 8. Juli 1971 erfolgte die Schließung des Kinos.
Anfangsjahre: 1920-1938
Besitzer waren von 1920 bis 1929 Ludwig Kozeny (* 1880 Wien) sowie Julius Öhring, der daneben auch Mitbesitzer des Hindenburgkinos war. 1929 kaufte der 1900 in Czernowitz geborene Kurt Wolanski das Kino und ließ in der Folge auch in seinem Kino eine Tonfilmanlage einbauen. Der erste Tonfilm im Raimund Kino wurde zu einem Großereignis im Bezirk. Eine riesige elf Meter lange und fünf Meter hohe Wand am Portal des Kinos für "Leuchtreklame" machte das damals größte Kino von Fünfhaus auch zu dessen populärsten. Ab 1930 wurden Tonfilme gespielt.
Die Kinolizenz hatte von 1920 bis 1934 die Ortsgruppe Rudolfsheim des Landesverbandes der Kriegsinvaliden. Im Zuge der Februarkämpfe musste diese aufgelöst werden, und die nunmehrige Konzession ging an den Österreichischen Kriegsopferverband.
Arisierung
1938 befand sich das Kino zu 25 Prozent in Besitz des illegalen NSDAP-Parteimitglieds Gustav Tögl. Tögl war 1911 in Karlstetten bei St. Pölten geboren worden und seit 1933 Mitglied der NSDAP; ab Oktober hatte er 1933 im Haydnpark Kino gearbeitet. Im Lebenslauf, den Tögl im Zuge der "Arisierung" des Kinos der Vermögensverkehrsstelle im Oktober 1938 vorlegte, hieß es unter anderem: "Ich bin Mitglied des Deutschen Turnerbundes gewesen bis zu meinem 16. Lebensjahr, später Mitglied des Deutschen Schulvereines Südmark. Seit 18. Juni 1933 Mitglied der NSDAP, Ostmarknummer 20.179, unter der ich noch heute in der Ortsgruppe Gersthof geführt werde. Habe mich seit meiner frühen Jugend im Sinne der nationalsozialistischen Bewegung betätigt, was ich seit je durch die Zugehörigkeit zu nationalen Vereinen dokumentierte. Meine Arbeit in der illegalen Zeit wurde in einem befürwortenden Schreiben der Ortsgruppe an die Betreuungsstelle dargelegt. Ich bin von der Betreuungsstelle erfasst und befürwortet. Derzeit bin ich bei der NSKK-1/KA Ostmark."
Weitere 25 Prozent hielten Robert Pfundler, Parteianwärter der NSDAP, Ida Kotzian, geborene Tögl, seit 1933 illegales Parteimitglied, sowie die ab 1946 als "politisch unbelastet" bezeichnete Anna Magreiter.
Öffentliche Verwaltung
Es wurde daher nach Kriegsende 1945 Dr. Alfred Migsch als öffentlicher Verwalter eingesetzt, was, so ein Akt des Magistrats vom 12. September 1946, "unter Berücksichtigung des Veranstaltungsbetriebsgesetzes für den 75%-igen Gesellschaftsanteil [der ehem. Nationalsozialisten] gesetzlich fundiert" war.
Im Februar 1948 zog sich Migschs Nachfolger, Friedrich Horn, aus der öffentlichen Verwaltung zurück, da "nach dem Verbotsgesetz 1947 die Voraussetzungen zu so einer Verfügung nicht mehr bestehen dürften".
Zu diesem Zeitpunkt war die Konzession bereits an den Kriegsopferverband übertragen worden, Verhandlungen zwischen diesem und den ehemaligen Besitzern liefen im Februar 1948 noch. Die Kiba bewarb sich zeitgleich "um einen Programmierungsvertrag".
Schließung
Das Kino wurde am 8. Juli 1971 geschlossen. Heute befindet sich am Standort eine Filiale der Lebensmittelhandelskette Spar.
Siehe auch: Kino
Fassungsraum
- 700 (1922)
- 733 (1926)
- 745 (1934)
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 104, A11: 14. Raimund-Lichtspiele
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A27 - ÖV Kino: K136 Raimund-Kino
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Reichsfilmkammer, Außenstelle Wien, A1 – Kinoakten: 93 Raimund-Lichtspiele
Literatur
- Werner Michael Schwarz: Kino und Kinos in Wien. Eine Entwicklungsgeschichte bis 1934. Wien: Turia & Kant 1992, S. 264
Weblinks
- Angela Heide: KinTheTop: Raimund Kino [Stand: 07.04.2020]