Rotes Haus
Rotes Haus (9., Garnisongasse 5-11, Rotenhausgasse 6-10, Frankgasse 6-10).
Hier befanden sich einst vier Häuser samt Gärten, deren Besitzer ab Mitte des 17. Jahrhunderts bekannt sind. Reichshofrat Michel Achaz von Kirchner erwarb sie ab 1702 und verkaufte den gesamten Komplex 1712 an den Palatin des Königreichs Ungarn, Paul I. Fürst Esterházy. 1761/12 ließ Paul II. Fürst Esterházy im großen Hof eine gedeckte Reitschule erbauen, die meist durchziehenden Kunstreitertruppen für ihre Darbietungen überlassen wurde. Die ab 1759 nachweisbare Bezeichnung[1] Rotes Haus bezog sich vermutlich auf eine auffallende Fassadenfärbelung. Um 1791/1794 wurde die Innenausstattung erneuert. Nikolaus II. Fürst Esterházy ließ 1802 den Komplex neu erbauen und 1810 erweitern. Er wies nun durchgehend zwei Stockwerke auf, umfasste vier Höfe, 20 Stiegenhäuser und mehr als 150 Wohnungen. Auch die von Nikolaus I. Fürst Esterházy begründete Esterházysche Bibliothek (36.000 Bände) war hier untergebracht. Unter den vielen Mietparteien findet man von Mai bis November 1804 Ludwig van Beethoven.
1825 schied das Rote Haus aus dem Esterházyschen Familienfideikommiss aus. Im Zuge der 1860 eingeleiteten Sanierung des überschuldeten fürstlichen Vermögens wurde das Rote Haus am 20. Dezember 1861 um 60.000 Österreichische Gulden an Leopold Popper verkauft. Das darin schon 1860 eingerichtete Kaffeehaus „Maison rouge" spielte in den 70er und 80er Jahren im Wiener Nachtleben eine skandalöse Rolle. Am 3. März 1876 kaufte die Union-Baugesellschaft zunächst eine, dann auch die zweite Hälfte des Komplexes. 1888 wurde der rechte Flügel abgebrochen, um für die Lastenstraße Raum zu gewinnen. 1889 wurde auch der restliche Teil demoliert (Gedenktafel im Stiegenhaus [ebenerdig rechts] des Hauses 9., Garnisongasse 7 zur Erinnerung an das 1892 von Emil von Förster für Arnold Fröhlich errichtete Gebäude [Mitteilung Friedrich Höpler]). Siehe auch Rotenhausgasse.
Archäologie
Bei Ausgrabungen im Jahr 2020 traten Mauerreste des Roten Hauses in der Frankgasse zutage.[2]
Literatur
- Hans Mück: Quellen zur Geschichte des Bezirks Alsergrund. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1978 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 3), S. 59 f.
- Hans Mück: Das sogenannte „Rote Haus". In: Wiener Geschichtsblätter 32. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1977, S. 238 f.
- R. Perger: Das Palais Esterházy in der Wallnerstraße zu Wien. In: Richard Perger: Das Palais Esterházy in der Wallnerstraße zu Wien. Wien: Deuticke 1994 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 27), S. 6, S. 42, S. 47, S. 88
- Karl August Schimmer: Vollständige Beschreibung von Wien. 1848, S. 257