Schulausspeisungen im Nachkriegs-Wien
Unterernährung
Nach Zusammenbruch der Kriegsversorgungswirtschaft litten erhebliche Teile der Wiener Bevölkerung an Hunger. Vor allem Kinder im schulpflichtigen Alter traf die Unterversorgung schwer. Ein erheblicher Teil der Wiener Schulkinder konnte daher nach dem Krieg und in den ersten Nachkriegsjahren als teilweise schwer unterernährt gelten. Nach Reihenuntersuchungen über den Ernährungszustand Wiener Schulkinder galten im Jahr 1946 32% als hochgradig und weitere 38% als mäßig unterernährt. Bis 1948 ging hochgradige Unterernährung etwas zurück (27%), hingegen veränderte sich der Prozentsatz der mäßig Unterernährten vorerst kaum. Die Unterernährung war dabei bei Knaben wesentlich ausgeprägter als bei Mädchen. 1946 galten lediglich 24,5% der Knaben, aber 34,5% der Mädchen als normal ernährt. Dieser deutliche geschlechtsspezifische Unterschied nahm in der Folge nur langsam ab. Bis Ende 1947 blieb der Anteil der schwer Unterernährten Schulkinder mit rund 33 Prozent praktisch gleich. Erst 1948 sank er auf 27, 1949 schließlich deutlich auf 11 Prozent.[1]
Ausspeisungen
Wie bereits nach dem Ersten Weltkrieg wurden Kindergarten- und Schülerausspeisungen durchgeführt, für die zunächst vor allem die Besatzungsmächte und skandinavische Länder (Dänemark, Schweden) materiell aufkamen. Nach Anlaufen der Hilfsaktionen wurden 1946 bereits 34,4 Millionen Portionen an Wiener Schulen verteilt, 1947 waren es sogar 38,2 Millionen.[2]. Ab 1950 erfolgte die Bereitstellung der Speisen ausschließlich aus Nahrungsmitteln heimischer Produktion. Die Ausspeisungen wurden erst Mitte des Jahres 1950 eingestellt.
Literatur:
- Magistrat der Bundeshauptstadt Wien (Hg.): Die Verwaltung der Bundeshauptstadt Wien vom 1. Jänner 1948 bis 31. Dezember 1949. Wien 1951
- Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien 1946/47, 1948. Wien 1949-1950
- Karl Vocelka: Trümmerjahre. Wien 1945-1949, Wien/München: Jugend & Volk o.J.
- Andreas Weigl: Vom Versorgungsfall zur Zielgruppe. Konsumverhalten Wiener Kinder und Jugendlicher zwischen Kinderausspeisung und Markenfetischismus. In: Rolf Walter (Hg.), Geschichte des Konsums. Erträge der 20. Arbeitstagung der Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 23.-26. April 2003 in Greifswald. Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beihefte 175, Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 221-244.
- Andreas Weigl: Zwischen Ausspeisung und Fast Food. Zum Wandel der Ernährungsgewohnheiten Wiener Schulkinder nach 1945, in: Historische Sozialkunde. Geschichte – Fachdidatik – Politische Bildung 34/2(2004) 13-21.