Schulausspeisungen im Nachkriegs-Wien

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Schüleressen anlässlich einer Spende der CARE-Mission und aus der Mennonitenspende, 1949
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Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Alliierte Besatzung, 1945 bis heute, 1945 bis 1955
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Unterernährung

Nach Zusammenbruch der Kriegsversorgungswirtschaft litten erhebliche Teile der Wiener Bevölkerung an Hunger. Vor allem Kinder im schulpflichtigen Alter traf die Unterversorgung schwer. Ein erheblicher Teil der Wiener Schulkinder konnte daher nach dem Krieg und in den ersten Nachkriegsjahren als teilweise schwer unterernährt gelten. Nach Reihenuntersuchungen über den Ernährungszustand Wiener Schulkinder galten im Jahr 1946 32% als hochgradig und weitere 38% als mäßig unterernährt. Bis 1948 ging hochgradige Unterernährung etwas zurück (27%), hingegen veränderte sich der Prozentsatz der mäßig Unterernährten vorerst kaum. Die Unterernährung war dabei bei Knaben wesentlich ausgeprägter als bei Mädchen. 1946 galten lediglich 24,5% der Knaben, aber 34,5% der Mädchen als normal ernährt. Dieser deutliche geschlechtsspezifische Unterschied nahm in der Folge nur langsam ab. Bis Ende 1947 blieb der Anteil der schwer Unterernährten Schulkinder mit rund 33 Prozent praktisch gleich. Erst 1948 sank er auf 27, 1949 schließlich deutlich auf 11 Prozent.[1]

Ausspeisungen

Wie bereits nach dem Ersten Weltkrieg wurden Kindergarten- und Schülerausspeisungen durchgeführt, für die zunächst vor allem die Besatzungsmächte und skandinavische Länder (Dänemark, Schweden) materiell aufkamen. Im Rahmen der am 17. September 1945 beginnenden Schulausspeisungen erhielten anfänglich etwa 75.000 Kinder an 100 Schulen sechsmal die Woche eine warme Mahlzeit, bis November hatte sich die Zahl der Bezugsberechtigten auf mehr als 110.000 erhöht. In den ersten sechs Wochen wurden mehr als 500.000 Portionen ausgegeben.

Ende 1945 wurden etwa drei Viertel der Mahlzeiten in zehn Großküchen zubereitet und mit von den Alliierten bereitgestellten Lastkraftwägen an die Schulen verteilt. Der Rest wurde in „Selbstkochstellen“ zubereitet – in diesem Fall erhielten die beteiligten Institutionen (Schulen, Klöster, Kindergärten) Lebensmittel von den Wiener Öffentlichen Küchen. Das Marktamt kontrollierte die Großküchen laufend, um sicherzustellen, dass einerseits die von den Alliierten bereitgestellten Lebensmittel auch wirklich den Kindern zugutekamen, andererseits auch der Nährwert der angebotenen Speisen den Vorgaben entsprach. Der Speiseplan war nahrhaft, aber nicht sehr abwechslungsreich; meist wurden Hülsenfrüchte oder Kartoffeln zu dicken Suppen verkocht, dazu gab es ein Stück Gebäck, einmal wöchentlich außerdem eine Mehlspeise. Eine Mahlzeit lieferte etwa 400 Kalorien. Die Schüler*innen mussten ihr eigenes Besteck und Geschirr mitbringen. Die Lehrer sollten zur Deckung der Unkosten pro Woche 1,5 Reichsmark von den Eltern einheben.

Nach einer Unterbrechung wurde das Programm am 9. Jänner 1946 mit Hilfe der Alliierten wiederaufgenommen. 1946 wurden bereits 34,4 Millionen Portionen an Wiener Schulen verteilt, 1947 waren es sogar 38,2 Millionen.[2]. Inzwischen belieferten 18 Großküchen 244 Schulausspeisestellen, die größte Küche in der Tolbuchinstraße bereitete täglich Mahlzeiten für über 20.000 Kinder zu. Die Lebensmittel kamen ab 1946 nicht mehr von den Alliierten, sondern vom Roten Kreuz, der UNRRA, der Schweizer Hilfe, und anderen Wohltätigkeitsorganisationen. Auch in den Ferien blieben die Ausspeisestellen geöffnet, selbst während der Kälteferien im außerordentlich strengen Winter 1946/47. 1946 bis 1948 steuerte Dänemark zwei Millionen Kilogramm Lebensmittel für die Schulausspeisungen bei, die von den WÖK verkocht wurden.

1949 übernahm der Verein für Volksernährung die Schülerausspeisung, doch erst 1950 wurde die Zusammenarbeit des Vereins mit der Stadt Wien auch schriftlich geregelt. Die Lebensmittel stellte nun UNICEF bereit, die Stadt Wien schoss über eine Million Schilling zu. 40% der über 13,5 Millionen im Jahr 1949 bereitgestellten Portionen wurden unentgeltlich ausgegeben, die Kosten dafür wurden durch den Kinderhilfsappell der Vereinten Nationen abgedeckt. Ab 1950 erfolgte die Bereitstellung der Speisen ausschließlich aus Nahrungsmitteln heimischer Produktion. Ende 1950 nahmen noch 37.000 Kinder in 400 Ausspeisestellen teil, ein großer Teil davon unentgeltlich. Die Kosten in Höhe von 5,5 Millionen Schilling teilten sich Gemeinde, Stadt und Sozialministerium, die Elternbeiträge beliefen sich auf fast 1,6 Millionen.

Quellen

Literatur

  • Magistrat der Bundeshauptstadt Wien (Hg.): Die Verwaltung der Bundeshauptstadt Wien vom 1. Jänner 1948 bis 31. Dezember 1949. Wien 1951
  • Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien 1946/47, 1948. Wien 1949-1950
  • Karl Vocelka: Trümmerjahre. Wien 1945-1949, Wien/München: Jugend & Volk o.J.
  • Andreas Weigl: Vom Versorgungsfall zur Zielgruppe. Konsumverhalten Wiener Kinder und Jugendlicher zwischen Kinderausspeisung und Markenfetischismus. In: Rolf Walter (Hg.), Geschichte des Konsums. Erträge der 20. Arbeitstagung der Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 23.-26. April 2003 in Greifswald. Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beihefte 175, Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 221-244.
  • Andreas Weigl: Zwischen Ausspeisung und Fast Food. Zum Wandel der Ernährungsgewohnheiten Wiener Schulkinder nach 1945, in: Historische Sozialkunde. Geschichte – Fachdidatik – Politische Bildung 34/2(2004) 13-21.

Einzelnachweise

  1. Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien 1948, Wien 1950, S. 80; Magistrat der Bundeshauptstadt Wien (Hg.): Die Verwaltung der Bundeshauptstadt Wien vom 1. Jänner 1948 bis 31. Dezember 1949. Wien 1951, S. 278 f.
  2. Statistisches Jahrbuch Wien der Stadt 1946/47, Wien 1949, S. 127.