Sofie Lazarsfeld

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Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Lazarsfeld, Sofie
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Lazarsfeld, Sophie; Munk, Sofie
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht weiblich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  34180
GNDGemeindsame Normdatei 124177808
Wikidata Q89135
GeburtsdatumDatum der Geburt 26. Mai 1882
GeburtsortOrt der Geburt Troppau (Opava, Tschechische Republik)
SterbedatumSterbedatum 24. September 1976
SterbeortSterbeort New York
BerufBeruf Psychologin, Schriftstellerin, Frauenrechtsaktivistin
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen) Sozialdemokratische Arbeiterpartei
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Frauenbewegung
RessourceUrsprüngliche Ressource  Gedenktage
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Letzte Änderung am 6.08.2024 durch WIEN1.lanm09fri
BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde
Grabstelle
  • 1., Seilergasse 16 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Sofie Lazarsfeld, * 26. Mai 1882 Troppau (Opava, Tschechische Republik), † 24. September 1976 New York, Psychologin, Schriftstellerin.

Biografie

Die als Sofie Munk geborene Sofie Lazarsfeld war eine der aktivsten Individualpsychologinnen in den 1920er und 1930er Jahren in Wien. Ihr Vater starb, als sie vier Jahre alt war. Munk übersiedelte Ende der 1890er Jahre nach Wien, wo sie den Wiener Rechtsanwalt Robert Lazarsfeld (1871–1940) heiratete. Aus der Ehe stammen zwei Kinder: Paul Felix Lazarsfeld (1901–1976) und Elisabeth Henriette Lazarsfeld, verheiratete Zerner (1903–1983).

Die Wohnung der Familie Lazarsfeld war ein bekannter Treffpunkt österreichischer Sozialisten. Bereits 1915 hatte Sofie Lazarsfeld Helene Bauer kennengelernt, die sie politisch stark beeinflusste und mit der sie eine enge Freundschaft verband. Helenes Mann Otto Bauer lernte sie erst nach dessen Rückkehr aus der russischen Kriegsgefangenschaft 1917 kennen. Zur selben Zeit entstand auch die Freundschaft zum sozialdemokratischen Politiker und Ökonomen Rudolf Hilferding und dessen Frau, der Ärztin und Individualpsychologin Margarethe Hilferding, die Sofie Lazarsfeld mit dem Kreis der Wiener Individualpsychologen bekannt machte, insbesondere mit Alfred Adler, der bald zu ihrem Freundeskreis zählte zählte. Sofie Lazarsfeld selbst hatte nie eine Hochschule besucht, sondern sich ihre Bildung autodidaktisch angeeignet.

Als Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei war Lazarsfeld Referentin der sozialdemokratischen Kunststelle. 1924 begann sie ihre publizistische Karriere und beschäftigte sich vorwiegend mit Kindererziehung, Fragen von Ehe und Partnerschaft sowie mit der Individualpsychologie. Angelehnt an ältere reformpädagogische Forderungen entwickelte sie einen Pädagogikstil, der die Perspektive des Kindes und das Erkennen dessen individueller Fähigkeiten und Talente voranstellt. Diesen Erziehungsstil forderte sie sowohl von Eltern wie Erziehern und Lehrern ein. 1925 hielt sie auf dem Internationalen Kongress für Individualpsychologie einen Vortrag über “Mut zur Unvollkommenheit“. Dieser von Sofie Lazarsfeld geprägte Begriff wurde in der Individualpsychologie zum geflügelten Wort.

Im selben Jahr gründete sie in ihrer Wohnung in Wien-Innere Stadt, Seilergasse 16, eine individualpsychologische "Erziehungs- und Eheberatungsstelle", die sie bis zu ihrer Schließung durch die Nationalsozialisten leitete. 1932 organisierte sie die erste individualpsychologische Sommerschule, zu der Gäste aus 53 Ländern anreisten. Ihre aufgeschlossene Haltung in Bezug auf sexuelle Themen war unter den individualpsychologischen Kollegen nicht unumstritten. 1936 wurde ihr Buch "Wie die Frau den Mann erlebt", in dem sie die dem Konzept einer "natürlichen Rollenverteilung" widerspricht, kurzfristig beschlagnahmt. In der Beziehung von Mann und Frau sah sie das von Adler postulierte Gemeinschaftsgefühl als Grundlage für die Gleichberechtigung an. Dazu zählte sie nicht nur gleichberechtigte Berufstätigkeit, sondern auch die gemeinsame Erledigung der Aufgaben im Haushalt und bei der Kindererziehung.

1934 zeigte sich noch einmal das enge Verhältnis zum Ehepaar Bauer: Während Otto Bauer bereits in die Tschechoslowakei geflohen war, flüchtete Helene Bauer am 12. Februar zum Ehepaar Lazarsfeld, um dort vorübergehend unterzutauchen. Später konnte sie ins Ausland gelangen. Ansonsten blieben Robert und Sofie Lazarsfeld während des Dollfuß-Schuschnigg-Regimes weitgehend unbeschadet, hielten sich aber auch von illegaler Parteiarbeit fern. 1938 flüchteten Robert und Sofie Lazarsfeld gemeinsam mit Tochter, Schwiegersohn und Enkelkind nach Paris – dort nahm Sofie Lazarsfeld Kontakt zur Auslandsvertretung der Sozialdemokraten auf – und nach der Besetzung Frankreichs weiter nach Montauban (Tarn-et-Garonne).

Nach dem Tod ihres Mannes emigrierte Sofie Lazarsfeld 1941 weiter in die Vereinigten Staaten von Amerika, deren Staatsbürgerschaft sie später annahm. Sie ließ sich in New York nieder, wo ihr Sohn Paul, der bereits 1935 ausgewandert war, lebte und nahm schon bald ihre Tätigkeit als individualpsychologische Beraterin wieder auf. Sie hielt Kurse und Vorträge im Rahmen der Individual Psychology Association in New York, deren Vizepräsidentin sie eine Zeit lang war.

2011 wurde in Wien-Simmering die Sofie-Lazarsfeld-Straße nach der Psychologin und Schriftstellerin benannt.

Quellen

Literatur

  • Martina Siems: Sofie Lazarsfeld. Die Wiederentdeckung einer individualpsychologischen Pionierin. Göttingen: V & R unipress 2015
  • Clara Kenner: Der zerrissene Himmel. Emigration und Exil der Wiener Individualpsychologie. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2007
  • Doris Ingrisch/Ilse Korotin/Charlotte Zwiauer [Hg.]: Die Revolutionierung des Alltags. Zur intellektuellen Kultur von Frauen im Wien der Zwischenkriegszeit. Frankfurt [u.a.]: P. Lang 2004

Weblinks