Vally Wieselthier
Vally Wieselthier, * 25. Mai 1895 Wien, † 1. September 1945 New York, USA, Keramikerin, Designerin.
Biografie
Vally (eigentlich: Valerie) Wieselthier wurde als Tochter des jüdischen Rechtsanwalts Wilhelm Wieselthier und seiner Frau Rosa, geborene Winkler, geboren. Gegen den Willen ihrer Familie pflegte sie ihre künstlerischen Ambitionen und besuchte 1912 bis 1914 die Kunstschule für Mädchen und Frauen. Von 1914 bis 1920 studierte sie an der Kunstgewerbeschule, wo unter anderem Kolo Moser (Malerei), Josef Hoffmann (Architektur), Michael Powolny (Keramik) und Rosalia Rothansl (Textilwerkstätte) zu ihren Lehrkräften zählten. Im Ersten Weltkrieg war sie zudem als Hilfskrankenschwester tätig.
Zwischen 1917 und 1922 wirkte sie, engagiert von Hoffmann, als freie Mitarbeiterin in der Wiener Werkstätte entwarf und fertigte sie Gebrauchskeramik, Kleinfiguren, Kopfplastiken, Gläser, Schmuck, Stoffmuster und Gebrauchsgrafiken. Wieselthier war auch als Hospitantin bei Michael Powolny tätig, wo die Künstlerin eine Möglichkeit freien künstlerischen Schaffens fand. 1922 bis 1927 betrieb sie eine eigene Keramikwerkstätte (Keramische Werkstätte Vally Wieselthier) und arbeitete mit der 1923 wiederbelebten Porzellanmanufaktur Augarten, aber auch anderen Firmen wie Goldscheider, Lobmeyr oder Gmundner Keramik zusammen. Ihre Keramiken galten als typische Beispiele des Art Déco-Stils, wobei manche Entwürfe in ihrer Zeit als "schamlos" oder "frivol" galten. Dazu zählen etwa Werke wie "Praterstrizzi mit Dirne", "Bacchantin" oder "Varietétänzerin". Darüber hinaus arbeitete sie auch mit den Materialien Glas und Stoff, widmete sich der Graphik und entwarf Tapeten.
1927 wurde ihre Werkstätte an die Wiener Werkstätte verkauft und Wieselthier kehrte als künstlerische Leiterin der Keramikabteilung an die Wiener Werkstätte zurück, die in der Neustiftgasse 32 (Wien-Neubau) beheimatet war. Die Künstlerin nahm an zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland teil, etwa 1922 an der Deutschen Gewerbeschau oder 1924 an der Jubiläumsausstellung des Wiener Kunstgewerbevereins. 1925 fand Wieselthiers Werk auf der Pariser Exposition internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes internationale Anerkennung und wurde prämiert.
1928 nahm sie an der Ausstellung International Exhibition of Ceramic Art im Metropolitan Museum in New York teil und entdeckte den US-amerikanischen Markt für sich. Sie kehrte noch zwei Mal nach Wien zurück, doch 1932 verlagerte sie ihren Wirkungskreis endgültig nach New York und eröffnete in der Stadt ein eigenes Atelier. Außerdem schloss sie sich der Gesellschaft "Contempora" an, eine Art Pendant zur Wiener Werkstätte. Besonderen Anklang fanden ihre teils überlebensgroßen Figuren, für die eine expressive Bemalung typisch war. Fast weiße Körper oder Gesichter kontrastierten mit grellbunten Haaren oder Augenbrauen. Ihre plastischen Arbeiten zierten die Höfe New Yorker Wohnbauten oder Landhäuser von Kunstinteressierten.
Mit ihren Arbeiten erlangte sie in den USA eine erstaunliche Berühmtheit und nahm wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der amerikanischen Keramikproduktion. Dabei spielte auch ihre Tätigkeit als Designerin für die Sebring Pottery Company in Chicago eine Rolle. Ab 1940 arbeitete sie mit General Ceramics in New Jersey und anderen Firmen zusammen.
Gedenken
Quellen
- Wienbibliothek im Rathaus, Tagblattarchiv: Personenmappe Wieselthier, Vally
Literatur
- Christoph Thun-Hohenstein / Anne-Katrin Rossberg / Elisabeth Schmuttermeier [Hrsg.]: Die Frauen der Wiener Werkstätte. Basel: Birkhäuser 2020, S. 276
- Marianne Hörrmann: Vally Wieselthier. 1895-1945. Wien - Paris - New York. Keramik - Skulptur - Design der zwanziger und dreißiger Jahre. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 1999
- Andrea Winklbauer/Sabine Fellner [Hg.]: Die bessere Hälfte. Jüdische Künstlerinnen bis 1938. Wien: Metroverlag 2016
- Simone Herrmann: Die Diva der Wiener Werkstätte – eine Verbeugung vor Vally Wieselthier. In: ad-magazin, 06.03.2020 [Stand: 10.02.2021]
Vally Wieselthier im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.