Verband der Hausgehilfinnen - "Einigkeit"
Anfänge
Schon 1893 fanden die ersten von Sozialdemokratinnen organisierten Versammlungen von Dienstbotinnen statt. Es gelang jedoch noch nicht, eine permanente Vereinsorganisation für diese Berufsgruppe aufzubauen.
Erst im Mai 1911 wurde der "Verband der Hausgehilfinnen, Erzieherinnen, Heim- und Hausarbeiterinnen Österreichs" gegründet, der den seit 1902 bestehenden Verein der Heim- und Hausarbeiterinnen in sich aufnahm. Der Verband agierte unter der Kurzbezeichnung "Einigkeit"; unter demselben Titel erschien auch das Verbandsorgan.
Zur ersten Obfrau wurde Gisela Laferl gewählt; eine engagierte Mitarbeiterin der ersten Stunde war Antonie Alt. In den 1920er Jahren fungierten Antonie Platzer und Anna Boschek als Obfrauen.
Ziele
Wichtigste Aufgaben des Verbandes waren Stellenvermittlung, Weiterbildung und Unterstützung in rechtlichen Angelegenheiten. Zu den Forderungen zählte auch ein neues Gesetz für Hausgehilfinnen mit Bestimmungen über Kranken-, Alters- und Unfallversicherung und über eine achtstündige Nachtruhe.
Probleme in der Ersten Republik
Die Integration der Dienstmädchen, denen aus sozialdemokratischer Sicht dieselben Rechte zustanden wie den Fabrikarbeiterinnen, in die Arbeiterinnen-Bewegung gestaltete sich schwierig. Gründe für die nicht so erfolgreiche Einbindung dieser Frauen in die Organisation waren unter anderem der häufige Wechsel der Dienststelle und des Wohnsitzes und wiederholte Arbeitslosigkeit.
Die rechtliche Stellung der Dienstbotinnen wurde mit der Einführung des Hausgehilfengesetzes 1920 nur teilweise verbessert. Arbeitszeit und Entlohnung waren damit zu Beginn der Ersten Republik zwar geregelt, aber die Hausgehilfinnen (ein Begriff, der die Bezeichnung Dienstmädchen zu ersetzen begann) hatten weiterhin keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung und Altersversorgung. Bedingt vor allem durch die Wirtschaftskrise in den 1920er Jahren erlitt der Beruf der Hausgehilfin überhaupt einen starken Rückgang.
Eine Hausgehilfin hatte, wenn sie arbeitslos wurde, keine Wohnmöglichkeit mehr. Dadurch gewannen mit der Zunahme der Arbeitslosigkeit unter den Hausgehilfinnen Wohnheime an Bedeutung, von denen es in Wien insgesamt sieben gab. Die Gemeinde Wien eröffnete 1927 und 1929 je ein Heim; beide wurden von der "Einigkeit" geführt. 1934 wurden sie geschlossen, und der Verband der Hausgehilfinnen wurde, wie auch andere sozialdemokratische Einrichtungen, aufgelöst.
Literatur
- Gabriele Czachay: Die soziale Situation der Hausgehilfinnen Wiens in der Zwischenkriegszeit. Dipl.-Arb. Univ. Wien. Wien 1985
- Walter Göhring: Anna Boschek. Erste Gewerkschafterin im Parlament. Biographie einer außergewöhnlichen Arbeiterin. In: Anna Boschek. Erste Gewerkschafterin im Parlament. Biographie einer außergewöhnlichen Arbeiterin. Hg. von Walter Göhring. Wien: Österreichischer Gewerkschaftsbund 1998, S. 63-180
- Michaela Maria Hintermayr: Diskurs über Suizide und Suizidversuche von Hausgehilfinnen in Wien zwischen 1925 und 1933/34. Dipl.-Arb. Univ. Wien. Wien 2010
- Adelheid Popp: Haussklavinnen. Ein Beitrag zur Lage der Dienstmädchen. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung Ignaz Brand 1912
- Beate Wirthensohn: Hausgehilfinnen und Hausfrauen. Aspekte einer konfliktreichen Beziehung Wien 1893-1934 im Spiegel bürgerlicher und sozialdemokratischer Frauenpresse. Dipl.-Arb. Univ. Wien. Wien 1987