Vinzenzverein
Der "Verein vom heiligen Vinzenz von Paul" geht auf eine Gründung von Friedrich Ozanam im Mai 1833 in Paris zurück und hat sich rasch in vielen Ländern ausgebreitet. In Österreich wurde der erste Vinzenzverein am 11. März 1849 in Innsbruck gegründet, in Wien in der Pfarre St. Stephan am 30. November 1854. Der Verein gliedert sich in Konferenzen, die jeweils einer katholischen Pfarrgemeinde zugeordnet sind und als Bezeichnung zumeist das Patrozinium der jeweiligen Pfarre im Namen tragen. Bis 1927 gab es in Wien 78 Konferenzen, also in fast jeder der damaligen Pfarrgemeinden.
Der Zweck des Vereines war eine umfassende Armenpflege für alle Notleidenden ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses. Wesentliches Element dabei war der wöchentliche persönliche Besuch der Armen durch die tätigen Mitglieder der Konferenz, bei dem nach Kennenlernen der Notlage vorwiegend in Form von Sachspenden unterstützt wurde. Die tätigen Mitglieder (alle männlich) versammelten sich wöchentlich, um über die Familien zu beraten. Darüber hinaus gehörten zu den Konferenzen auch beitragende Mitglieder und Wohltäter, die den Verein mit Geldspenden und Naturalien unterstützten.
Das Dach über den Konferenzen bildete ein Verwaltungsrat in Wien für Niederösterreich, über dem dann noch ein Oberverwaltungsrat für Österreich angesiedelt war, wobei die Vorstandsmitglieder beider Gremien weitgehend identisch waren.
Präsident des Vereins war über viele Jahre Erbprinz Johann Nepomuk von Schwarzenberg (1893-1921), einer der drei Vizepräsidenten war Maximilian Freiherr von Vittinghoff-Schell, er war nach Schwarzenberg (1921-1926) auch Präsident, nach ihm Johann Zischkin. Als Protektor des Vereins wird in den Jahresberichten der jeweilige Wiener Kardinal genannt. Zu den Wohltätern zählte unter anderem Karl von Vogelsang.
Der Vinzenzverein gründete im Laufe der Zeit auch sogenannte Nebenwerke. 1902 werden als solche genannt: das "Werk des heiligen Johannes Franziskus Regis" (Zweck: Rehabilitierung christlicher Ehen und Legitimierung von Kindern, dieses Werk betrieb auch ein Knabenasyl), das "Komitee zur Verbreitung guter Bücher und Schriften" sowie die vom Verein gegründeten Knabenbeschäftigungsanstalten. Im selben Jahr wurde auch das "Komitee für Gefangenenfürsorge" gegründet, 1912 ein "Hilfskomitee zur Hintanhaltung von Delogierungen" und 1920 an der Wiener Universität eine "Akademische Vinzenzkonferenz zum hl. Stanislaus".
Welche Bedeutung der Vinzenzverein vor allem in Wien hatte, zeigt die Zahl der Konferenzen aus dem Jahr 1925: von österreichweit 159 Konferenzen gab es 78 allein in Wien.
Der Vinzenzverein gehört zu den Gründungsvereinen der "Centralstelle der katholischen Vereine für freiwillige Armenpflege", aus der der Katholische Wohltätigkeitsverband für Niederösterreich und danach die Caritas hervorgingen.
Literatur
- Silvia Ursula Ertl: Geschichte der Caritas der Erzdiözese Wien. Die verbandliche Organisierung 1897-1921. Linz: Wagner Verlag 2022
- Johann Zischkin: Der Verein vom hl. Vinzenz von Paul in Oesterreich. Sein Entstehen und sein Wirken. Wien: Austria 1927