Wienflussprojekt von Franz Atzinger und Heinrich Grave
Wie bei anderen Projekten zur Wienflussregulierung war es auch bei jenem von Atzinger und Grave das Hauptziel die Durchflussmenge zu regulieren. Anders aber als bei Elim d'Avigor oder Theodor Geiger, welche den Fluss unter die Erde verbannen beziehungsweise überhaupt ableiten wollten, sah die Planung von Atzinger und Grave eine Erhöhung der Durchflussmenge vor. Zu diesem Zwecke sollte entweder ein zweiter Fluss in die Wien eingeleitet werden, was sie allerdings auf Grund der hohen Kosten und technischer Schwierigkeiten ausschlossen, oder aber Reservoirs errichtet werden. Um Sicherheitsbedenken auszuräumen sollten mehrere Reservoirs statt nur einer Talsperre angelegt werden. Diese sechs Auffangbecken wären überall dort errichtet worden wo größere Bäche in die Wien einmünden.
Der Fokus lag also weniger auf der Hochwasserproblematik, als auf dem Missstand des Niedrigwassers im Sommer, welches viele Industriebetriebe unterversorgt und durch unzureichende Abfuhr der Abwässer unschöne Gerüche entstehen ließ. Der Flusslauf sollte von Purkersdorf bis zur Mündung begradigt werden und die Ufer mit Steinen gepflastert werden. Dermaßen umgebaut wäre die Wien sogar als Schifffahrtskanal zu nutzen gewesen, auf dem Schrauben-Dampfschiffe Brenn- und Bauholz, Bruchsteine und Sand sowie Kohle transportieren werden hätten sollen. Während bei den meisten anderen Projekten der Fluss ein notwendiges Übel darstellte, stehen Atzinger und Grave dem Gewässer positiver gegenüber. Auch nehmen sie bei ihren Planungen keine Rücksicht auf eine etwaige Trassenführung der Stadtbahn im Flussbett. Von allen Vorschlägen zur Wienflussregulierung war dieses wohl das wissenschaftlich Fundierteste. Es war auf das Hochwasser von 1851 ausgelegt, von welchem sie nicht nur die Durchflussmengen sondern rückwirkend auch die Niederschlagsmengen im Wienerwald errechneten.
Literatur
- Franz Atzinger und Heinrich Grave: Geschichte und Verhältnisse des Wien-Flusses sowie Anträge für dessen Regulierung und Nutzbarmachung, mit Rücksichtnahme auf die jetzigen allgemeinen und lokalen Anforderungen. Wien: Alfred Hölder, 1874